Warum Israel Syrien angreift

Luftangriffe auf Nachbarland:Wie Israel Syriens Machtvakuum ausnutzt

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Israel bestätigt, Hunderte Luftangriffe auf Syrien geflogen zu haben. Wie Israel das "kurzfristige Machtvakuum" nutzt - und welche Ziele die israelische Führung verfolgt.

Ein zerstörter Grenzübergang im Norden des Libanon, der letzte Woche durch einen israelischen Angriff vom benachbarten Syrien abgeschnitten wurde.

Israel nutzt das Machtvakuum in Syrien, um das Land militärisch zu schwächen.

10.12.2024 | 2:10 min

Seit dem Sturz von Baschar al-Assad hat Israel die Intensität seiner Luftangriffe auf Syrien drastisch erhöht. Die israelische Armee hatte mitgeteilt, sie habe "einen Großteil der strategischen Waffenlager" im Nachbarland ins Visier genommen.

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu bestätigte am Abend: Er habe die "Bombardierung strategischer militärischer Einrichtungen des syrischen Militärs" genehmigt.

Terrorismusexperte Peter Neumann geht davon aus, dass Israel dadurch in den letzten 24 Stunden bis zu 80 Prozent der syrischen Militärinfrastruktur zerstört hat - darunter Raketenstellungen, Luftstützpunkte und mögliche Produktionsstätten chemischer Waffen.

Marietta Slomka im Gespräch mit Peter R. Neumann

Sehen Sie die ganze Einschätzung von Terrorismusexperte Peter Neumann im Video.

10.12.2024 | 6:48 min

Experte: Neue Machthaber für Israel "unbekannte Größe"

Damit wolle Israel sicherstellen, dass von seinem Nachbarland, das immer wieder von Israels Feinden Iran und der Hisbollah-Miliz unterstützt wurde, keine Bedrohung mehr ausgehe. Auch vor dem Hintergrund der Ungewissheit, welche künftige Führung in Syrien an die Macht komme.

"Assad war ein Verbündeter des Iran, er wurde von der Hisbollah unterstützt. Er war ein verbitterter Feind von Israel", erklärt Neumann im ZDF heute journal. Aus Israels Sicht sei es deswegen "natürlich gut, dass Assad weg ist".

Aber er war natürlich auch der Teufel, den sie gekannt haben. Jetzt haben wir eine unbekannte Größe. Man weiß nicht, wo die Fahrt hingeht.

Peter Neumann, Terrorismusexperte

TOPSHOT-SYRIA-CONFLICT

Die Übergangsregierung in Syrien nimmt Gestalt an. Doch Zweifel an echter Freiheit bleiben, während Israel und die Türkei ihre Machtinteressen mit Gewalt verfolgen. Über die aktuelle Lage in Syrien berichtet Anna Feist.

11.12.2024 | 2:33 min

Konfliktforscher: Israel nutzt Machtvakuum

Deswegen nutze "Israel das kurzfristige Machtvakuum", das in Syrien da ist, analysiert Stephan Stetter von der Bundeswehr-Universität in München im ZDF. "Israel hat jetzt Luftangriffe fliegen können, die wären früher viel schwieriger gewesen" - auch da man Russland hätte um Erlaubnis fragen müssen. Der Faktor falle jetzt weg.

Israel habe durch den Sturz Assads in der ganzen Region nun "ein wenig ein Momentum", da auch die Hisbollah und der Iran "massiv geschwächt wurden", so der Konfliktforscher.

Und das will Israel jetzt erst mal nutzen.

Stephan Stetter, Politologe

Im Prinzip sei die Motivation der israelischen Führung: "Egal, wer da in Syrien in Zukunft regiert - für Israel wird das keine Gefahr mehr sein", bilanziert Islamismusforscher Neumann.

Schaltgespräch Nazan Gökdemir mit dem Politikwissenschaftler Stetter

Nach dem Sturz von Assad sei einiges unklar, so Konfliktforscher Prof. Stetter. Hinzu kommen "destabilisierende Elemente" von außen: Beispielsweise Israel nutze "das Machtvakuum".

11.12.2024 | 4:57 min

Experte: Iran konnte Assad "offensichtlich" nicht unterstützen

Der Fall des syrischen Regimes schwäche "wahrscheinlich" auch den Iran. Damit sei ein weiteres wichtiges Teilziel Israels erreicht, erklärt der Islamismus-Experte. In der ausgeblieben Unterstützung Assads durch den Iran und die Hisbollah liege auch der Grund, warum der Machthaber schneller gestürzt sei, als viele erwartet hätten.

Zu dieser Unterstützung sei der Iran ganz offensichtlich nicht in der Lage gewesen. "Das bedeutet, dass der Iran möglicherweise schwächer ist, als viele denken." Viele im Iran hätten das auch registriert. Viele Iraner bemerkten wahrscheinlich jetzt, auf welch "tönernen Füßen dieses Regime steht".

Es ist vielleicht auch nur eine Frage der Zeit, bis der Funke dann auch auf den Iran überspringt, und die Iranerinnen und Iraner dann auch in ihrem eigenen Land versuchen, die Diktatur loszuwerden.

Peter Neumann, Terrorismusexperte

Ein Oppositionskämpfer in Militäruniform steht an einem Kontrollpunkt in Damaskus (Syrien) neben einer zerbrochenen Büste des verstorbenen syrischen Präsidenten Hafiz al-Assad, auf der ein Paar Schuhe liegt.

Syrien befindet sich im Umbruch.

Quelle: dpa

Israelische Armee: Mehr als 480 Ziele angegriffen

Die israelische Armee hatte nach eigenen Angaben seit Sonntag mehr als 480 militärische Ziele in Syrien angegriffen. Nach Worten von Verteidigungsminister Israel Katz soll das Militär in Südsyrien eine entmilitarisierte Zone schaffen.

Er habe die Armee angewiesen, eine "Verteidigungszone" ohne dauerhafte israelische Präsenz im Süden Syriens einzurichten. So solle verhindert werden, dass Terrorismus in Syrien Wurzeln schlage und sich organisiere.

ZDF-Korrespondentin Golineh Atai berichtet.

Viele Länder werden versuchen, Einfluss auf Syrien zu nehmen. Inwieweit wird Syrien selbst über die eigene Zukunft bestimmen können? ZDF-Korrespondentin Golineh Atai berichtet.

10.12.2024 | 1:27 min

Netanjahu warnt neues Regime in Syrien

Netanjahu hatte betont, Israel wolle sich nicht in die inneren Angelegenheiten Syriens einmischen. Aber er richtete eine scharfe Warnung an die Rebellen: "Wenn das neue Regime in Syrien dem Iran erlaubt, sich wieder zu etablieren, oder den Transport iranischer Waffen an die Hisbollah zulässt, werden wir energisch reagieren und einen hohen Preis fordern."

Die US-Regierung hat sich zurückhaltend über Israels Vorgehen in Syrien geäußert. "Wir erkennen selbstverständlich an, dass Israel in einer schwierigen Nachbarschaft lebt und - wie immer - das Recht hat, sich zu verteidigen", sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby. Man wolle aber nicht, "dass irgendein Akteur auf eine Weise handelt, die es dem syrischen Volk erschwert, eine legitime Regierung zu erlangen".

Alle Entwicklungen in Syrien im Liveticker:

Wie geht es weiter?
:EU kündigt "Luftbrücke" für Syrien an

In Syrien haben Rebellengruppen Machthaber Assad gestürzt. Nun will die EU die Bevölkerung über eine "Luftbrücke" mit Hilfsgütern unterstützen. Alle Entwicklungen im Liveblog.
A masked opposition fighter carries a flag of Hayat Tahrir al-Sham (HTS) in the courtyard of the Umayyad Mosque in the old walled city of Damascus, Syria, on Tuesday, Dec. 10, 2024. HTS is the largest rebel faction within the opposition that toppled Bashar Assad's regime last Sunday. (AP Photo/Hussein Malla)
Liveblog
Quelle: ZDF/chrz, dpa, AP, AFP

Aktuelle Nachrichten zu Syrien

  1. Nawar Najmeh, spokesperson for Syria's Higher Committee for People's Assembly Elections, speaks during a press conference

    Nach Assad-Sturz:Wahlergebnisse in Syrien

    0:23 min

  2. Syrien, Damaskus: Beamte zählen nach den Parlamentswahlen in Syrien die Stimmen in der Nationalbibliothek in Damaskus aus. Unter Ausschluss einzelner Regionen hat in Syrien die erste Parlamentswahl seit dem Sturz von Langzeitmachthaber al-Assad stattgefunden.

    Nachrichten | heute journal:Syrien: Erste Parlamentswahl seit Assad-Sturz

    von Golineh Atai
    2:36 min

  3. Syria's interim President Ahmed al-Sharaa visits a polling station where members of Syrian local committees have been casting their votes in the country's selection process to designate an interim parliament.

    Nachrichten | heute 19:00 Uhr:Syrien wählt neues Parlament

    von Golineh Atai
    1:35 min

  4. Mitglieder des Wahlkollegiums holen ihre Stimmzettel für eine Parlamentswahl in einem Wahllokal in Aleppo, Syrien, am 05.10.2025, ab.
    Interview

    Politik-Experte Naeem:Syrien: Warum viele die Wahlen kritisch sehen

    mit Video

  5. Mitglieder der Wahlkommission während der Wahl für die Parlamentswahlen in einem Wahllokal in Aleppo.

    Nachrichten | heute:Syrien wählt neues Parlament nach Assad-Sturz

    von Golineh Atai
    1:55 min

  6. ZDF-Korrespondentin Golineh Atai

    Einschätzungen aus Damaskus:"Schon ein kleines Wunder"

    12:56 min

  7. Syrien-Experte Naseef Naaem

    Parlamentswahl in Syrien:Experte: "Würde nicht von Wahl sprechen"

    14:15 min

  8. Ein Wahllokal in der syrischen Hauptstadt Damaskus

    Erste Wahl seit Sturz von Assad:Parlamentswahl in Syrien beginnt

    0:18 min

  9. Ein Polizeibeamter bringt einen Mann zu einem Abschiebeflug nach Pakistan.

    Geplante Einigung mit Damaskus:Dobrindt will Abschiebungen nach Syrien

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  10. Ein Flugzeug der Qatar Airways rollt über das Vorfeld vom Flughafen Leipzig/Halle

    Dobrindt: Fokus auf Straftäter:Innenminister will wieder nach Syrien abschieben

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  11. Parlamentswahlen in Syrien

    Nachrichten | heute journal:Nach Assad-Sturz: Syrien wählt Parlament

    von Susana Santina
    2:50 min

  12. Zeitstrahl über 54 Jahre grausame Herrschaft der Diktatoren al-Assad in Syrien

    Nachrichten | heute journal:Grafikstory: Das Assad-Regime in Syrien

    1:45 min

  13. Parlamentswahl in Syrien

    Nachrichten | ZDF-Morgenmagazin:Parlamentswahl in Syrien

    von Susana Santina
    2:39 min

  14. Ein Minenfeld wird geräumt. Die Mine wird durch Techniker zum Explodieren gebracht.

    Gefährliche Hinterlassenschaften:Syrien: Die Furcht vor Minen und Kriegsresten

    von Susana Santina
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  15. Asylanwärter füllt Antrag aus

    Bericht der EU-Asylbehörde EUAA:Asylanträge in Europa um 23 Prozent gesunken

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  16. Interviewveranstaltung mit Angela Merkel

    Nachrichten | heute 19:00 Uhr:Bilanz der Flüchtlingskrise nach 10 Jahren

    von Leon Fried
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