Texas: Streit um Wahlkreise - Machtmissbrauch durch Trump?

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Machtmissbrauch durch Trump?:In Texas eskaliert ein Streit um Wahlkreise

Katharina Schuster
von Katharina Schuster, Washington D.C.
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Texas wird zum Testfall: In dem US-Bundesstaat streiten Demokraten und Republikaner erbittert über den Neuzuschnitt von Wahlkreisen. Der Konflikt könnte landesweite Folgen haben.

Menschen in Texas protestieren die Neuaufteilung der Wahlbezirke.
In einigen US-Bundesstaaten gibt es einen Kampf zwischen Republikanern und Demokraten. Es geht um die Pläne für Neuzuschnitte der Wahlkreise vor den Zwischenwahlen im Herbst 2026.05.08.2025 | 0:30 min
Stillstand als Strategie: Auch diese Woche blieb das Repräsentantenhaus im US-Bundesstaat Texas handlungsunfähig, weil die Demokraten nicht auftauchten. Die republikanische Mehrheit wollte über eine umstrittene Neugliederung der Wahlkreise abstimmen. Doch mehr als 50 Demokraten hatten den Bundesstaat bereits verlassen, um das Verfahren zu blockieren - aus Protest gegen das, was sie als Machtmissbrauch durch Präsident Donald Trump sehen.
Eine der Abgeordneten ist Jasmine Crockett. Die 44-Jährige erklärte in einem Interview mit der Nachrichtenplattform MSNBC:

Das ist größer als Texas.

Jasmine Crockett, Demokratische Partei

Trump versuche, landesweit eine Strategie zu etablieren, an der Macht zu bleiben. ZDFheute mit einem Überblick über den Streit.
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Streit um Wahlkreise in Texas: Worum geht es?

Im Zentrum des Streits steht ein politisch brisantes Thema: die Neuziehung von Wahlkreisgrenzen. Trump fordert, dass Texas die Zuschnitte noch vor den Zwischenwahlen 2026 überarbeitet. Sein Ziel: bis zu fünf zusätzliche Sitze im Repräsentantenhaus für die Republikaner zu gewinnen. Das machte der Präsident zuletzt gegenüber Journalisten deutlich.
Bei den sogenannten Midterms werden alle Sitze im Repräsentantenhaus, eine Kammer des Kongresses, neu vergeben. Derzeit kontrollieren die Republikaner nicht nur das Weiße Haus, sondern auch beide Kammern, das Repräsentantenhaus und den Senat, im Kongress. In diesen Gremien werden Gesetze beschlossen und zentrale politische Ämter vergeben.
Während jeder Bundesstaat zwei Senatoren stellt, richtet sich die Zahl der Abgeordneten im Repräsentantenhaus nach der Bevölkerungsgröße. Texas hat 38 Sitze, die nach Mehrheitswahlrecht vergeben werden. 25 davon halten derzeit die Republikaner.
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Wie will Donald Trump mehr Sitze gewinnen?

Um diese Mehrheit abzusichern oder auszubauen, drängt Trump auf eine umstrittene Praxis: das Gerrymandering. Durch die gezielte Ziehung von Wahlkreisgrenzen lässt sich beeinflussen, welche Wählermehrheiten in einem Bezirk entstehen, etwa ob mehr konservative, tendenziell republikanische Wähler oder progressive, meist demokratische Stimmen überwiegen.
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Quelle: ZDF

Zwar nutzen beide Parteien diese Strategie, doch zuletzt sorgten republikanisch regierte Bundesstaaten mit besonders aggressiven Zuschnitten für Kritik.

Wie reagieren die Demokraten im Rest der USA?

Gerrymandering ist also keine neue Erfindung und auch politische Fluchtmanöver sind nicht neu: Immer wieder haben US-Politiker Abstimmungen durch Abwesenheit blockiert, etwa 1840 in Illinois, 2011 in Indiana, 2019 in Oregon sowie 2003 und 2021 in Texas.
Neu ist, wie schnell sich Aktion und Reaktion hochschaukeln - deutlich schneller, als viele Beobachter es erwartet hätten. Die "New York Times" zitiert den texanischen Exil-Demokraten Ron Reynolds: "Sie wenden außerordentlich autoritäre Taktiken an, die wir 2021 nicht hatten." Das wolle das demokratische Amerika nicht mehr hinnehmen.
Demokraten wie der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom und New Yorks Gouverneurin Kathy Hochul erwägten schon, ebenfalls ihre Wahlkreise zugunsten der eigenen Partei zu überarbeiten. "Wir sind im Krieg", sagte Hochul gegenüber US-Medien.
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Newsom forderte Trump in einem Brief am Montag auf, sein Vorhaben aufzugeben, und sagte dem Präsidenten, er "spiele mit dem Feuer". Am Donnerstagabend (Ortszeit) folgte ein weiterer Schritt des kalifornischen Gouverneurs: Als direkte Reaktion auf die Vorgänge in Texas kündigte Newsom an, in Kalifornien eine neue Wahlkreiskarte vorzubereiten, mit der die Demokraten bei den Midterms 2026 bis zu fünf zusätzliche Sitze im US-Repräsentantenhaus gewinnen könnten.
Die neue Karte soll noch am Freitag vorgestellt und voraussichtlich kommende Woche vom kalifornischen Parlament verabschiedet werden. Eine Volksabstimmung über die Reform ist für den 4. November angesetzt.

Wir können nicht tatenlos zusehen, wie diese Demokratie verschwindet, Bezirk für Bezirk im ganzen Land, nicht nur in Texas.

Gavin Newsom, kalifornischer Gouverneur

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Markiert das Vorgehen einen Wendepunkt für die Demokraten?

Ob der politische Stillstand in Texas den Beginn eines Kurswechsels bei den Demokraten markiert, bleibt offen. Politikberater Nicolas Adams betont gegenüber ZDFheute, die Partei wolle den Konflikt nutzen, um sich strategisch für die Midterms 2026 aufzustellen. Doch bislang fehle es ihr an Geschlossenheit und einer klaren Botschaft.
Zugleich warnt Adams die Republikaner:

Was eine Partei macht, kann auch die andere.

Nicolas Adams, Politikberater

Wer Wahlkreise zu seinen Gunsten zuschneide, würde riskieren, dass der Gegner es ihm gleichtue. Newsom ist bereits den ersten Schritt gegangen.
Besonders auffällig ist das hohe Tempo, mit dem sich der Konflikt zuspitzt. Der Widerstand der Demokraten sei entschlossener als zuvor, so Adams. Ob daraus eine landesweite Gegenbewegung entsteht, wird sich in den kommenden Monaten zeigen.
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Was jetzt schon feststeht: Der Ton wird rauer. Die Demokraten kritisieren, dass der texanische Gouverneur Greg Abbott den Obersten Gerichtshof einschaltete, um den abwesenden Demokraten womöglich ihre Sitze zu entziehen.
In der Nacht auf Freitag (Ortszeit) kündigten die texanischen Demokraten fast zwei Wochen nach ihrem Weggang an, zurückzukehren, um einen möglichen Rechtsstreit vorzubereiten. Voraussetzung sei, dass die republikanische Sondersitzung endet und die neue kalifornische Wahlkreiskarte veröffentlicht wird - beides für Freitag erwartet.
Und so entwickelt sich das, was als texanisches Machtspiel begann, zum Testfall für die gesamte USA.
Katharina Schuster ist Reporterin im ZDF-Studio in Washington D.C.

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