Gefängnis im Sumpf: Was wir über "Alligator Alcatraz" wissen
Gefängnis in Floridas Sümpfen:Was wir über "Alligator Alcatraz" wissen
von Jan Schneider
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Die neue Haftanstalt soll Migranten abschrecken - und Wähler anlocken. Donald Trump lässt in Floridas Wildnis ein Gefängnis errichten, das Symbol und Drohkulisse zugleich ist.
Eine Luftaufnahme von "Alligator Alcatraz", Trumps neuer Einwanderungshaftanstalt nahe Miami.
Quelle: AP
Inmitten der flirrenden Hitze der Everglades, umgeben von Pythons, Moskitoschwärmen und den namensgebenden Alligatoren, steht ein Ort, der wie eine Fieberfantasie aus einem dystopischen Thriller wirkt - und offenbar genau nach dem Geschmack von US-Präsident Donald Trump ist: das sogenannte "Alligator Alcatraz". Der inoffizielle Name für eine neue Abschiebehaftanstalt, die bis zu 5.000 Migranten aufnehmen soll.
Das Vorhaben wird vom Weißen Haus mit martialischen Bildern beschrieben, Gegner des Projekts warnen vor massiven Umweltschäden und Menschenrechtsverletzungen. Was ist über das neue Gefängnis in Floridas Sümpfen bekannt?
Ein Ort mit (alp)traumhafter Vergangenheit
Das Gelände hat eine bewegte Geschichte. Ursprünglich war es Teil eines gigantischen Infrastrukturprojekts, das in den 1960er-Jahren geplant wurde: Der "Everglades Jetport" sollte der größte Flughafen der Welt werden. Sechs Start- und Landebahnen, futuristische Monorails und bis zu 1.000 Passagiere pro Überschallflugzeug sollten hier den Luftverkehr revolutionieren.
Quelle: ZDF
Bereits 1968 wurde mit dem Bau einer ersten Piste begonnen, doch massive Proteste von Umweltaktivisten und Naturwissenschaftlern führten 1970 zum Stopp des Projekts. Statt eines Luftdrehkreuzes existiert heute nur der Trainings- und Übergangsflughafen "Dade-Collier Training and Transition Airport". Er wird umschlossen von einem fast 3.000 Quadratkilometer großen Naturschutzgebiet.
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Abschreckung mit Alligatoren
Und genau hier - wo sonst gelegentlich Autorennen auf den Start- und Landebahnen stattfinden - soll nun ein neues Gefängnis eröffnet werden: Floridas Justizminister James Uthmeier prägte den Begriff "Alligator Alcatraz" in Anlehnung an das legendäre Gefängnis vor San Francisco. Doch wo einst Nebel und Wellen den Ausbruch verhinderten, sollen es nun Reptilien richten.
Wer von hier flieht, den erwartet nicht viel außer Alligatoren und Pythons.
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James Uthmeier, Justizminister Florida
Auch die Sprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, nannte die Tiere ein "gutes Abschreckungsmittel". Nur eine Straße führe zu dem isolierten Gelände, "und der einzige Weg hinaus ist ein One-Way-Flug", betonte Leavitt.
Zelte und Container stehen in der Hitze
Die Anlage besteht sonst aus Containern und Militärzelten, errichtet in einem Rekordtempo von wenigen Wochen. Der US-Fernsehsender NBC verbreitete Aufnahmen von dem Flugfeld, auf dem Arbeiter mit dem Aufbau beschäftigt sind. Polizeikräfte rückten mit Lastwagen mit mobilen Toiletten und Industriegeneratoren an.
Der Betrieb soll nach Angaben des Ministeriums für Innere Sicherheit der Vereinigten Staaten etwa 450 Millionen Dollar jährlich kosten. Geld, das die Trump-Regierung dem Bundesstaat erstatten will und das Medienberichten zufolge zum Teil aus Mitteln der Katastrophenschutzbehörde FEMA finanziert werden soll.
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Trump kommt persönlich zur Eröffnung
Trump will an diesem Dienstag persönlich zur Eröffnung erscheinen. "Alligator Alcatraz" ist nicht nur ein Symbol seiner rigiden Einwanderungspolitik, sondern auch ein Wahlkampfschauplatz. Bereits im Wahlkampf hatte Trump auf eine einwanderungsfeindliche Rhetorik gesetzt und "das größte Abschiebeprogramm in der Geschichte der USA" angekündigt. Migranten werden von ihm und auch seinem Team pauschal als "illegale Mörder, Vergewaltiger und abscheuliche Kriminelle" bezeichnet - Belege liefert die Regierung kaum.
Stattdessen häufen sich Berichte, dass die Einwanderungsbehörde ICE Migranten von Straßen, Feldern oder aus Restaurants heraus verhaftet - oft ohne konkreten Tatverdacht. Wenn Herkunftsländer eine Rücknahme verweigern, droht eine Deportation in Drittländer wie El Salvador oder den Sudan.
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Ökologische und moralische Katastrophe
Demonstranten protestieren gegen den Bau des Einwanderungsgefängnisses in den Sümpfen von Florida.
Quelle: AFP
Doch es gibt auch Widerstand gegen Trumps Vorhaben: Die NGO "Friends of the Everglades" warnt vor massiven Umweltschäden in einem der sensibelsten Ökosysteme Nordamerikas. Der Bau gefährde nicht nur Flora und Fauna, sondern auch das kulturelle Erbe indigener Gruppen, die das Gebiet als heilig ansehen. Eine Koalition aus Umweltaktivisten und Ureinwohnern hat bereits Klage eingereicht - bisher erfolglos.
Auch ehemalige Regierungsvertreter schlagen Alarm. Alex Howard, einst Sprecher des US-Heimatschutzministeriums, sprach gegenüber dem Miami Herald von einer "grotesken Mischung aus Grausamkeit und politischem Theater". Menschen in "von Alligatoren bewachte Zelte" zu stecken, sei keine Antwort auf komplexe Migrationsfragen.