Arbeitsmarkt: Immer mehr Polen kehren Deutschland den Rücken

Arbeitsmarkt:Immer mehr Polen kehren Deutschland den Rücken

Andreas Weise, Leiter ZDF-Studio Sachsen-Anhalt
von Andreas Weise
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Jahrzehntelang zog es Arbeitskräfte in eine Richtung - von Polen nach Deutschland. Doch seit dem vergangenen Jahr scheint sich der Trend umzukehren.

Warum Polen als Fachkräfte Deutschland wieder verlassen: Perspektive von unten: viele Beine und Koffer

Immer mehr Polen kehren Deutschland den Rücken. Bürokratie, stagnierende Wirtschaft und bessere Chancen in der Heimat führen zur Rückwanderung – mit Folgen für den deutschen Arbeitsmarkt.

25.08.2025 | 3:19 min

Seit fünf Monaten ist Klaudia Goliasz wieder in der Heimat. 2011, nachdem dann auch Deutschland seine Grenzen für Arbeitssuchende aus Polen vollständig geöffnet hatte, zog es die Finanzexpertin nach Frankfurt. Die europäische Bankenmetropole bot internationales Flair, gutes Gehalt, Entwicklungsmöglichkeiten.

Jetzt ist sie wieder zurück in ihrem Heimatland. Das hat sich in den letzten Jahren sehr gut entwickelt, ist mittlerweile unter den Top-20-Wirtschaftsnationen weltweit. Und attraktiv für Rückkehrer wie Klaudia Goliasz.

Polen hat sich auch viel in dieser Hinsicht entwickelt, dass man selbstbewusster ist und viel Fortschritt gemacht hat. Und es gibt jetzt gute Möglichkeiten in Polen zu arbeiten, auch im Bereich Finanzen.

Klaudia Goliasz, Finanzexpertin

Weniger Zuwanderung aus Polen

Sie ist eine von vielen, die es zurückzieht nach Polen. Sicher - in Deutschland wird im Schnitt immer noch mehr gezahlt, das Leben in Polen ist aber oft preiswerter.

Gab es vor zehn Jahren noch ein Plus bei der Zuwanderung aus Polen von über 63.000 Personen, so drehte sich der Trend im vergangenen Jahr erstmals um, gab es ein Minus von mehr als 11.000 Personen in Richtung Polen - vor allem in Branchen, die traditionell viele Polinnen und Polen nach Deutschland lockten. Izabela Grabowska, Sozialwissenschaftlerin an der Kozminski-Hochschule Warschau, erklärt:

Wir sehen Rückkehrer aus den Bereichen Fertigung, Logistik. Aber auch aus dem Dienstleistungs- und Bildungsbereich.

Izabela Grabowska, Kozminski-Hochschule Warschau

Arbeitslosigkeit in Polen gesunken

Zu Besuch bei einer Arbeitsvermittlungsagentur in Warschau. Noch habe man genug Interessenten, heißt es. Doch die Zeiten, als hohe Arbeitslosigkeit polnische Arbeitskräfte in Massen ins Ausland zog, sind vorerst vorbei. 3,5 Prozent - das ist sogar etwas niedriger als in Deutschland.

"Die Arbeitslosigkeitsquote in Polen ist eine der niedrigsten in den EU-Ländern", sagt Bartosz Tokarski, Arbeitsvermittler in Warschau. Der Arbeitsmarkt sei stabil, die Arbeitsbedingungen hätten sich in Polen verbessert. "Nicht alle Mitarbeiter müssen nach Deutschland pendeln, um bessere Bedingungen zu finden", meint Tokarski.

Umfrage: Hohe Rückkehrbereitschaft bei Arbeitskräften

Auch die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg treibt dieser Trend um. In Befragungen wurde vor allem bei polnischen Arbeitskräften eine hohe Rückkehrbereitschaft ausgemacht. Neben der guten wirtschaftlichen Lage in Polen schreckt auch manches in Deutschland immer mehr ab.

"Gerade die polnischen Arbeitskräfte nehmen häufig die politische Lage in Deutschland und die wirtschaftliche Lage als wichtige Gründe wahr, um zurückzukehren", sagt Yuliya Kosyakova von der Bundesagentur für Arbeit. Auch die steuerliche Last und die Bürokratie in Deutschland zählten zu den Gründen für eine Rückkehr nach Polen.

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Expertin: Zuwanderung besser fördern

Steuerlast, Bürokratie - der Arbeitsmarkt in Deutschland verliert offenbar an Attraktivität. Doch wie die Fachkräftelücken stopfen, die jetzt schon groß sind? Da aus den anderen, speziell östlichen EU-Ländern immer weniger zu erwarten ist, geht es darum, Arbeitskräfte aus Ländern außerhalb der Europäischen Union zu rekrutieren.

Wir brauchen jährlich 400.000 Personen, die kommen und bleiben, damit wir unserem Fachkräftemangel entgegenwirken können.

Yuliya Kosyakova, Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit.

Dies sei machbar, aber dafür müsse man Zuwanderung fördern, so Kosyakova. "Das heißt, es muss schneller passieren, transparenter und vereinfachter sein."

Das Beispiel Polen zeigt: Es muss in Deutschland einiges geschehen, um dringend benötigte Fachkräfte zu locken. Schließlich ist die Bundesrepublik derzeit die drittgrößte Wirtschaftsnation der Welt - und will es auch bleiben.

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