Palantir: Dobrindt prüft Einsatz von umstrittener Software

Umstrittene US-Analyse-Software:Palantir vor bundesweitem Einsatz?

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Innenminister Dobrindt erwägt die Nutzung einer Software der umstrittenen US-Firma Palantir. Kritik kommt nicht nur aus der Opposition. Einige Bundesländer setzen die Software ein.

Palantir
Der Einsatz der Polizei-Software von Palantir ist hoch umstritten.
Quelle: Imago

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) prüft den bundesweiten Einsatz der umstrittenen Analyse-Software des US-Unternehmens Palantir. Eine Sprecherin des Ministeriums bestätigte auf Anfrage des Magazins "Stern", dass dies "Gegenstand der noch andauernden Prüfung" sei. Ein Ergebnis gebe es noch nicht.
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums ergänzte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur, es würden "verschiedene Optionen" geprüft. Dabei gehe es sowohl um den Einsatz von auf dem Markt verfügbarer Software als auch "die Nutzung einzelner modularer Services".

Der Einsatz von durch private Unternehmen entwickelter Software ist Standard in deutschen Polizeibehörden.

Mitteilung des Bundesinnenministeriums

Die Polizei prüfe die vertraglich zugesicherten Eigenschaften der Software. Im europaweiten Vergabeverfahren habe bislang nur Palantir eine marktverfügbare Softwarelösung angeboten, die den Ansprüchen entsprochen habe.
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Mehrere Bundesländer nutzen die Software bereits

Am Dienstag war bekanntgeworden, dass die Polizei in Baden-Württemberg die Software bald nutzen soll. Auch Bayern, Nordrein-Westfalen und Hessen setzen auf die Systeme. Dabei handelt es sich jeweils um abgespeckte Versionen der Palantir-Software "Gotham". Einige rechtlich problematische Funktionen wurden daraus entfernt.
Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) verwies bei ZDFheute live am Abend auf die Erfolge der Polizeiarbeit, die durch Palantir ermöglicht worden seien: So habe unter anderem bereits ein Terroranschlag verhindert werden können und auch bei Ermittlungen gegen eine Reichbürgergruppe habe die Software "wesentlich zur Aufklärung beigetragen". So könne mehr Sicherheit in Hessen gewährleistet werden, erklärte Poseck.
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Hessischer Innenminister: Palantir ist einzigartig

Kritiker fürchten unter anderem eine Abhängigkeit deutscher Ermittlungsbehörden von einer US-Firma, die auch noch der amerikanischen Regierung nahesteht. Hintergrund: Das Unternehmen Palantir wurde 2003 unter anderem von Tech-Milliardär Peter Thiel begründet - der bekannt ist für seine libertären und rechtskonservativen Positionen und seine Nähe zu US-Präsident Donald Trump.
Poseck entgegnete, die Daten würden ausschließlich in Deutschland verwaltet.

Nur Palantir hat eine solche Software, mit der wir so erfolgreich sein können, mit der wir diesen Sicherheitsgewinn für unsere Bevölkerung tatsächlich erzielen können.

Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU)

Poseck betonte, er sei grundsätzlich offen für einen anderen Anbieter aus Europa oder besser noch aus Deutschland - "aber im Moment gibt es den nicht."
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Datenschützer gegen Einsatz von Palantir

Auch Datenschützer kritisieren die Software. Gegen die gesetzlichen Regeln, die in Bayern den Einsatz der verfahrensübergreifenden Recherche- und Analyseplattform (VeRA) von Palantir ermöglichen, hat der Verein Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) eine Verfassungsbeschwerde eingereicht.
IT-Sicherheitsexperte Prof. Dennis-Kenji Kipker erklärte bei ZDFheute live, es gebe solche automatisierten Datenanalyse-Tools deshalb nicht in der EU, weil es datenschutzrechtliche Bedenken gebe: Eine solche Massendatenerknüpfung sei mit hoher Wahrscheinlichkeit verfassungswidrig.
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Kritik von SPD, Grünen und Linkspartei

Auch die Opposition kritisierte Dobrindt scharf. Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz sagte dem "Stern": "Offenkundig sieht er sich als Lobbyist eines hochumstrittenen US-Unternehmens". Gerade in diesen Zeiten, in denen immer weniger Verlass sei auf die US-Regierung, verbiete sich eine Kooperation mit einem Unternehmen wie Palantir.
Kritik kommt auch vom Koalitionspartner. SPD-Bundestagsabgeordneter Johannes Schätzl sagte, er lehne den Einsatz von Palantir in deutschen Sicherheitsbehörden entschieden ab.

Palantir ist kein neutraler IT-Dienstleister, sondern ein Unternehmen mit tiefen Verbindungen zu US-Geheimdiensten und klaren geopolitischen Interessen.

Johannes Schätzl, SPD-Bundestagsabgeordneter

Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Clara Bünger, warnte: "Mit der Palantir-Software droht ein flächendeckender Angriff auf die Privatsphäre von Millionen Menschen in Deutschland. Daten, die ursprünglich für völlig unterschiedliche Zwecke erhoben wurden, sollen automatisiert zusammengeführt, ausgewertet und der Polizei zur Rasterfahndung bereitgestellt werden, ohne wirksame Kontrolle, ohne Transparenz und ohne Schutz vor Fehlentscheidungen."
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Polizeigewerkschaft für Palantir-Software

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) sprach sich hingegen für Palantir aus. "Die Zeiten, in denen Sicherheitspolitik ihre Ideologien und Datenschutzbedenken pflegen und steigern können, sind längst vorbei", betonte der Vorsitzende Rainer Wendt. Es sei bedauerlich, dass Europa keine eigenen Produkte entwickelt habe, aber die USA seien ein verlässlicher Partner.

Die Bedrohungen aller freiheitlichen Gesellschaften durch anhaltenden Terror, Cyberattacken, Organisierte Kriminalität und Angriffe auf unsere Demokratie und Freiheit sind allgegenwärtig.

Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft

Quelle: dpa

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