Strompreise: Wie bekommt Deutschland sie runter?

Debatte über Stromsteuer:Wie bekommt Deutschland die Strompreise runter?

Klaus Weber
von Klaus Weber
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Die Regierung will die Stromsteuer vorerst nicht für alle senken. Klar ist: Der Stromverbrauch wird zunehmen und Energie muss bezahlbar bleiben. Experten haben dazu viele Ideen.

Ein Strommast mit Stromleitung steht im Abendlicht auf einem Feld am 10.01.2025 in Neustadt, Wied.
Viele Experten sind sich einig: Um die Strompreise bezahlbar zu halten, reicht es nicht, nur die Stromsteuer zu senken.
Quelle: Imago

Vorerst soll es keine Senkung der Stromsteuer für alle Firmen sowie für private Haushalte geben - im schwarz-roten Koalitionsvertrag war die Entlastung für alle angekündigt worden - allerdings unter Finanzierungsvorbehalt. Die Entscheidung der Spitzen von Union und SPD von Mittwoch stößt auf massive Kritik, der Regierung wird "Wortbruch" vorgeworfen und in der Tat ist es kein gutes Signal.
Zum einen, weil viele Menschen das im Portemonnaie merken werden. Zum anderen, weil eine solche Entscheidung wieder einmal die politische Glaubwürdigkeit in Frage stellt und nicht zuletzt, weil sie Verbraucher und Unternehmen verunsichert.
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Wenn man diesem Streit etwas Positives abgewinnen will, dann ist es der Umstand, dass man nun wieder darüber nachdenkt, wie man zu günstigerem Strom in Deutschland kommt. Denn eines ist klar, die Elektrifizierung der Welt wird weitergehen, auch in Deutschland. Der Strombedarf wird also wachsen, deshalb muss er bezahlbar sein. Allerdings hat Deutschland den teuersten Strom aller G20-Staaten.

Senken der Stromsteuer "richtig, aber nicht genug"

"Die Stromsteuer zu senken ist richtig, aber nicht genug", glaubt deshalb Tom Krebs, Professor für Makroökonomik und Wirtschaftspolitik an der Universität Mannheim.

Es braucht zusätzlich eine Strompreisbremse für alle Unternehmen und Privathaushalte. Das würde die Unsicherheit reduzieren und Planungssicherheit für die Stromkunden schaffen.

Tom Krebs, Ökonom

Planungssicherheit ist eines von vielen Stichworten, die Bastian Gierull, Deutschland-Chef des britischen Unternehmens Octopus Energy, aufgreift, wenn er über die Stromkosten in Deutschland spricht. Denn in Großbritannien hat man schon lange eine Strompreisbremse in Gestalt einer Preisobergrenze. Dies sei eine "riesige finanzielle Erleichterung" für die Kunden gewesen, "zu definieren, was der maximale Bestandskundenstromtarif kosten darf, abhängig von den aktuellen Stromkosten in diesem Jahr oder Quartal".
In Großbritannien wird dies über eine zentrale regulatorische Institution festgelegt. "Das verhindert", sagt Gierull, "dass Unternehmen den Kunden zum Beispiel 75 Cent pro Kilowattstunde reinpressen".
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Stromkosten: Gesamtes System in den Blick nehmen

Gerade, was die Preise für Bestandskunden angeht, sieht Gierull weiteren regulatorischen Bedarf für die Bundesregierung. Es gebe im Markt viele "Lockangebote", bei denen dann über die Jahre "möglichst still und heimlich, mit minimaler Kommunikation und extra komplizierten Mails oder Abrechnungsmodellen den Leuten immer stärkere Preiserhöhungen aufgezwängt werden." Das könne man politisch angehen und mehr Transparenz schaffen.
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Auch Malte Küper, Energieexperte vom Institut der deutschen Wirtschaft, glaubt nicht, dass es mit der Absenkung der Stromsteuer allein getan ist. Die Kosten des gesamten Systems müssten in den Blick. Preissenkungen seien vor allem möglich "durch eine bessere Vernetzung von Stromerzeugung und Nachfrage: mehr Flexibilitätsanreize für Haushalte und Unternehmen, lokale Preissignale und einen netzdienlichen Ausbau und Betrieb von Speichern".

Mehr Digitalisierung könnte helfen

Beim Thema Flexibilität könnte auch die Digitalisierung helfen. Aber was niemanden wundern wird: Auch hier hinkt Deutschland hinterher. Beim flächendeckenden Einbau sogenannter Smart-Meter, also digitalen Messgeräten, die uns unter anderem alle 15 Minuten sagen, wie viel Strom wir verbrauchen, liegt Deutschland bei äußerst mageren zwei Prozent. Zum Vergleich: Italien, Frankreich oder Spanien sind bei fast 100 Prozent.
Hier setzt auch Bastian Gierull nochmal an. Man könnte die Netzentgelte dynamisieren: "In Phasen, in denen sehr wenig Last auf dem Netz ist, sind diese geringer und in Phasen mit sehr viel Last sind sie höher." Das sei ein Anreiz, den Stromverbrauch in andere Tagesabschnitte zu verlegen.

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