Heusgen: Atomwaffen etwas, das "Frieden gebracht hat"

Interview

Chef der Sicherheitskonferenz:Heusgen: Atomwaffen haben "Frieden gebracht"

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Christoph Heusgen, Chef der Münchener Sicherheitskonferenz, zeigt sich offen für Diskussionen über europäische Atomwaffen - und nennt Bedingungen für ein Ende des Ukraine-Kriegs.

Die Münchner Sicherheitskonferenz ist Sonntagmittag zu Ende gegangen. Im voraufgezeichneten Interview mit Anne Gellinek blickt Christoph Heusgen, Chef der Konferenz und ehemaliger Berater Angela Merkels, auf die Verhandlungen zurück.
Das sagt er im ZDF heute journal über ...

... die Kriegsgefahr in Europa

"Die Gefahr ist sehr groß", sagte Christoph Heusgen und erklärte gleichzeitig mit Blick auf die Beratungen in München, dass er die Hoffnung habe, dass aufgrund der "Gespräche, die geführt worden sind, aufgrund der Atmosphäre, die wir hatten, dass wir vielleicht jetzt diese Gefahr schon ein bisschen herab mildern".

... den Auftritt Julia Nawalnajas

Auf der Sicherheitsheitskonferenz gab es zwar keine offiziellen Vertreter Russland. Das Land sei aber "indirekt" dabei gewesen durch die Witwe des Oppositionellen Alexej Nawalny. "Diese Frau hat eine unglaubliche Stärke gezeigt, indem sie hier aufgetreten ist, geredet hat", sagte Heusgen über Julia Nawalnaja.

Wir hatten anschließend einen gewissen Ruck durch diese Konferenz.

Christoph Heusgen

München, 16.02.2024: Nawalnys Frau auf Münchener Sicherheitskonferenz
Nawalny ist im russischen Straflager gestorben. Seine Witwe erfährt auf der Münchner Sicherheitskonferenz von seinem Tod und fordert die Bestrafung Putins.17.02.2024

... Europas Verteidigungsfähigkeit

Dieser "Ruck" sei auch durch die europäischen Länder gegangen, so Heusgen. "Wir müssen hier unsere europäische Verteidigung stärken", forderte er. Deutschland und Bundeskanzler Olaf Scholz hätten dabei ihre Führungsrolle gezeigt. Mit Blick auf die Verteidigungsausgaben gemessen am Bruttoinlandsprodukt sagte er: "Wir machen zwei Prozent und wir müssen jetzt sehen, dass wir in Europa unsere Hausaufgaben machen. Es ist kurz vor zwölf."

Ich habe schon klar gesehen, hier ist der Wille. Die Frage ist, geht es schnell genug.

Christoph Heusgen

Gleichzeitig machte er deutlich: "Wir müssen irgendwie zurückkommen zu Zeiten, die wir bis zur Wiedervereinigung hatten, wo drei bis vier Prozent des Volksvermögens für Verteidigung ausgegeben worden sind."
Er zeigte sich zuversichtlich, dass Europa nun militärisch selbstständiger werde. Zwei Dinge sprechen aus seiner Sicht dafür: "Auf der einen Seite, was in den USA passiert, auf der anderen Seite vor allen Dingen, was Wladimir Putin macht, der ja vor nichts zurückschreckt, wie wir jetzt wieder erlebt haben."

... europäische Atomwaffen

"Wofür stehen Atomwaffen? Atomwaffen stehen dafür, was Europa im Kalten Krieg den Frieden gebracht hat", sagte Heusgen.

Das ist ein Instrument der Abschreckung.

Christoph Heusgen

"Das Wichtigste ist doch unsere Sicherheit, dass wir die garantieren können. Und da, finde ich, sollte man über solche Elemente durchaus reden", erklärte er weiter.

... mögliche Verhandlungen im Ukraine-Krieg

Verhandlungen könne es laut Heusgen nur geben, wenn Verhandlungsbereitschaft bestünde. "Es scheitert ja zum jetzigen Zeitpunkt schon daran, dass Wladimir Putin die Existenz der Ukraine nicht anerkennt. Er kennt die Regierung nicht an. Also da sind wir noch weit von weg", sagte er.
Aber jeder Konflikt komme irgendwann zu einem Ende und "hoffentlich zu einem Ende, das dann auch irgendeine vertragliche Form findet".
Wichtig sei dabei aber, dass die Ukraine Garantien bekäme. "Bis hin zu einer Nato-Mitgliedschaft. Dass Wladimir Putin, wenn ihm die Laune danach ist, nicht schon wieder in dieses Land einfällt", so der Sicherheitsexperte.
Julija Nawalnaja auf der Münchener Sicherheitskonferenz
Die Münchner Sicherheitskonferenz blickte auf den Zustand der Welt und zeigte ein Amerika, das sich als Schutzmacht Europas und der Ukraine erneut zu verabschieden droht. 19.02.2024 | 1:30 min

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