Sepsis: Warum die Früherkennung einer Blutvergiftung wichtig ist

Lebensbedrohliche Blutvergiftung:Notfall Sepsis - die unterschätzte Gefahr

Petra-Neubauer
von Petra Neubauer
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In Deutschland erleiden jedes Jahr mindestens 230.000 Menschen eine Sepsis, mehr als 85.000 sterben daran. Es gilt, die Erkrankung möglichst rechtzeitig zu erkennen.

ST Schweden Sepsis

In Deutschland sterben jährlich 85.000 Menschen an Sepsis. Am Welt-Sepsis-Tag zeigt ein Blick nach Schweden, wie gezielte Maßnahmen schwere Verläufe verhindern können.

13.09.2025 | 1:37 min

Alle sechs Minute stirbt in Deutschland ein Mensch an einer Sepsis. Sie ist eine der häufigsten Todesursachen bei uns. Was Fachmediziner der Sepsis Stiftung in Berlin besonders alarmiert, ist, dass die Sterblichkeitsrate in Deutschland deutlich über der in anderen Ländern wie etwa Australien, Norwegen, Finnland, der Schweiz oder Dänemark liegt.

Was eine Sepsis so gefährlich macht

Eine Sepsis, landläufig als Blutvergiftung bekannt, ist die schwerste Verlaufsform einer Infektion. Die Abwehrreaktion des Körpers richtet sich dabei gegen die eigenen Organe und das Gewebe. Die Folge: ein Multiorganversagen, das in aller Regel zum Tod des Patienten führt.

Viele Todesfälle wären jedoch vermeidbar, würde die Sepsis rechtzeitig erkannt und entsprechend behandelt werden. Doch gerade das macht die Sepsis tückisch. Es gibt zwar Anzeichen, die auf eine Sepsis hindeuten können, erklärt Professor Bernhard Zwißler vom LMU Klinikum München, und nennt als Beispiele Fieber, eine beschleunigte Herz- und Atemfrequenz oder Abgeschlagenheit. Allerdings: "Die Herausforderung ist, dass die klassischen Zeichen der sich entwickelnden Sepsis [...] auch vorkommen können bei anderen Erkrankungen, die nicht lebensbedrohlich sind."

Symptome einer Blutvergiftung
:Warum eine Sepsis früh erkannt werden muss

Eine Sepsis ist ein medizinischer Notfall und muss schnellstmöglich behandelt werden. Vergeht zu viel Zeit, kann das fatale Folgen haben. Doch Symptome sind oft nicht eindeutig.
von Manuela Christ und Susanne Seidl
Eine gelbe Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, auf der die Diagnose Sepsis vermerkt ist.

Verbände, Betroffene und Angehörige versuchen eindringlich, das Thema Sepsis ins öffentliche Bewusstsein zu bringen. Zum Welt-Sepsis-Tag in diesem Jahr sollen Särge und Kreuze vor dem Reichstagsgebäude in Berlin mahnen und an die hohe Zahl der Sepsis-Todesfälle in Deutschland erinnern.


Mehr Aufklärung gefordert

Es reicht also längst nicht, auf den berühmten roten Strich zu achten, der zum Herzen führt. Das kann ein Warnzeichen sein, ist aber erstmal "nur" die Entzündung der Lymphbahnen. Viel wichtiger wäre, das Bewusstsein in Bezug auf eine Sepsis zu stärken, fordert Professor Konrad Reinhart von der Sepsis Stiftung.

In Australien zum Beispiel wurde schon vor Jahren ein Qualitätssicherungssystem in Krankenhäusern und im ambulanten Bereich eingeführt. Das medizinische Personal werde dort jedes Jahr aufs Neue in Sachen Früherkennung geschult. Allein das habe die Sterblichkeitsrate in Australien deutlich gesenkt. In Deutschland gebe es ein solches System nur in weniger als zehn Prozent der Kliniken, kritisiert Reinhart. "Wir haben keine Aufklärung der Bevölkerung und des medizinischen Personals über die Frühzeichen einer Sepsis."

Es besteht Unkenntnis darüber, dass Sepsis genau wie Schlaganfall und Herzinfarkt als Notfall behandelt werden muss.

Prof. Dr. Konrad Reinhart, Sepsis Stiftung Berlin

Ein Notfall, bei dem jede Minute entscheidend sein kann. Denn eine Verzögerung von 24 Stunden könne die Überlebenswahrscheinlichkeit viermal verringern, so Reinhart.

Wie Sie sich vor einer Sepsis schützen können

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Erreger schneller erkennen

Intensivmediziner Bernhard Zwißler wünscht sich seit langem die Einführung von Alarmsystemen, die "digital, elektronisch oder möglicherweise auch über KI frühzeitig Patienten entdecken, die eine Sepsis entwickeln könnten." Hilfreich wäre zudem der Einsatz einer verbesserten Erregerdiagnostik. Die Suche nach dem Erreger, der Sepsis verursacht, gleicht oftmals einer Detektivarbeit. Die Ergebnisse sind nicht immer eindeutig.

"Gängige Methoden brauchen zwischen 48 und 72 Stunden. Es gibt aber neue Verfahren durch die Analyse von DNA-Partikeln im Blut, die sehr viel schneller einzelne Erreger erkennen", so Zwißler. Somit könne auch frühzeitig eine entsprechende Therapie mit dem passenden Antibiotikum eingeleitet werden. Noch sind die Kosten für solche speziellen Labortests allerdings deutlich höher als für das übliche Verfahren.

Bei dem neuen Verfahren, dem sogenannten Next-Generation-Sequencing (NGS), wird die Blutprobe in weniger als 24 Stunden auf etwa 1.000 Erreger getestet. Dabei wird die gesamte DNA in der Blutprobe erfasst. Anschließend nutzen spezialisierte Computer Algorithmen, um die menschliche DNA herauszurechnen. Übrig bleibt nur die DNA der Erreger. So kann genau bestimmt werden, welche Keime für die Blutvergiftung verantwortlich sind. Die Behandlung kann dann individuell optimiert werden.

Quelle: Medius Kliniken


Petra Neubauer ist Reporterin im ZDF-Landesstudio Bayern.

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