Unfallversicherung: Was gilt als Wegeunfall?

FAQ

Arbeitsweg und Homeoffice:Arbeitsunfälle: Wann zahlt die Versicherung?

von Vanessa Meilin Rolke
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Auf dem Weg zur Arbeit einen Umweg zu machen, ist für viele Arbeitnehmer üblich. Doch was viele nicht wissen: Passiert dabei ein Unfall, ist man nicht gesetzlich unfallversichert.

Was gilt als Arbeitsunfall?

Bei Arbeits- und Wegeunfällen zahlt die Unfallversicherung. Aber was ist, wenn man wie Mechthild Krollmann auf dem Weg zur Arbeit noch einen kleinen Umweg gemacht hat?

27.09.2024 | 2:03 min

Die Frage, ob die Unfallversicherung bei Unfällen auf dem Arbeitsweg zahlt, ist wichtig. Denn ihre Leistungen gehen deutlich über die Leistungen der Krankenversicherung hinaus. Wann, für wen und mit welchen Leistungen die gesetzliche Unfallversicherung einspringt.

Wo beginnt der gesetzlich versicherte Arbeitsweg und wo endet er?

Als Arbeitnehmer ist man auf seinem gesamten Arbeitsweg gesetzlich unfallversichert. Der Arbeitsweg beginnt nicht mit dem Verlassen der Wohnung, sondern erst mit dem Verlassen des Wohnhauses und endet dort auch wieder. Er muss direkt zurückgelegt werden. Dabei spielt die Wahl des Verkehrsmittels keine Rolle. Wenn ein Beschäftigter auf seinem Weg zwischen Wohnung und Arbeitsplatz einen Unfall erleidet, liegt ein sogenannter Arbeitswegunfall vor.

Umwege sind nicht mitversichert. Ausnahmen gibt es bisher nur für folgende Situationen: wenn Kinder vor der Arbeit in den Kindergarten gebracht und nach der Arbeit dort wieder abgeholt werden oder Umwege aufgrund von Stau oder Sperrungen. Auch wenn man Mitglieder einer Fahrgemeinschaft abholt oder wenn der Arbeitsplatz über einen längeren, aber verkehrsgünstigeren Weg zu erreichen ist, ist ausnahmsweise diese Zusatzstrecke vom Versicherungsschutz erfasst.

Arbeitsunfälle

Rechts-Expertin Sarah Tacke erklärt, was als Arbeitsweg gilt und worauf man bei Arbeitsunfällen achten muss. Wann die Unfallversicherung zahlt und wie die Regelungen im Homeoffice sind.

27.09.2024 | 4:40 min

Macht man hingegen einen Umweg über die Tankstelle oder den Bäcker, ist man bei einem Unfall nicht versichert. Erst wenn der Umweg beendet wurde und sich der Arbeitnehmer wieder auf dem direkten Weg zur Arbeit befindet, besteht Versicherungsschutz.

Wann die gesetzliche Unfallversicherung greift, wann nicht



Was ist, wenn ich nicht von meinem eigenen Zuhause zur Arbeit fahre?

Neben dem eigenen Zuhause kann man auch vom sogenannten "dritten Ort" seinen Arbeitsweg antreten. Ein "dritter Ort" liegt vor, wenn man sich mehr als zwei Stunden an diesem Ort aufgehalten hat und wenn die Arbeitsstelle von dort aus direkt aufgesucht oder dorthin verlassen wird. Irrelevant ist, wie weit der Ort vom Arbeitsplatz entfernt ist und wieso man den Ort besucht hat. Eine Übernachtung bei Freunden steht dem Versicherungsschutz damit nicht entgegen.

Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel verhandelte heute über einen Fall zum Wegeunfall. Hier fuhr die Klägerin am Sonntagmorgen von ihren Freunden aus zu ihrem Arbeitsplatz. Dabei machte sie noch einen Umweg zu sich nach Hause, um dort Unterlagen und Schlüssel für ihre Arbeit abzuholen. Wenige Kilometer vor ihrem Wohnort kam es zu einem Unfall: Ein Geisterfahrer fuhr frontal in ihr Auto. Seitdem ist sie linksseitig gelähmt. Die Berufsgenossenschaft lehnt den Unfall als Arbeitsunfall ab, denn der Umweg sei privater Natur. Die Klägerin sei nicht auf dem Weg zum Arbeitsplatz gewesen. Die Fahrt von einem dritten Ort zur Wohnung sei nicht versichert, auch wenn dort Arbeitsmaterialien abgeholt werden müssen.

Das BSG entschied heute: Bei dem Unfall handelte es sich nicht um einen Arbeitsunfall. Das Gericht stellte aber auch fest, dass sich die Klägerin durchaus auf einem versicherten Betriebsweg befunden haben könnte. Zur Klärung dieser Frage wurde das Verfahren wieder an das Landessozialgericht Dortmund zurückverwiesen, wo der Fall ursrprünglich verhandelt wurde.


Warum ist die Versicherung so wichtig?

Die Leistungen der Unfallversicherung gehen über die der Krankenversicherung hinaus. Denn sie zahlt nicht nur die Kosten für die Heilbehandlung, sondern auch Reha-Maßnahmen oder gesonderte Hilfsmittel. Dazu gehören Krücken oder Rollstühle, aber auch umgerüstete Autos oder die Umgestaltung der Wohnung.

Außerdem besteht bei längerer Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Verletztengeld als Ersatz für den Lohnausfall. Es beträgt 80 Prozent des Bruttolohns und wird ab der sechsten Woche der Arbeitsunfähigkeit gezahlt, da ein Arbeitnehmer in den ersten sechs Wochen noch Lohnfortzahlung von seinem Arbeitgeber bekommt. Fällt man länger als 26 Wochen aus und besteht eine verminderte Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 Prozent, zahlt die Berufsgenossenschaft eine Verletztenrente. Sollte der Arbeitnehmer beim Unfall versterben, wird an Hinterbliebene ein pauschales Sterbegeld und darüber hinaus eine Hinterbliebenenrente gezahlt.

  • Arbeitnehmer: auf dem Arbeitsweg und im Betrieb, außerdem bei offiziellen Veranstaltungen, Dienstreisen oder Fortbildungsmaßnahmen
  • Unternehmer und Selbstständige in der Landwirtschaft, Logopäden oder Hebammen
  • Kinder, Schüler und Studenten, auch auf Ausflügen, Sportveranstaltungen und Festen
  • Ehrenamtliche bei ihrem Ehrenamt, Ersthelfer bei einem Einsatz
  • Meldepflichtige Arbeitssuchende, wenn sie einer Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit nachkommen
  • Minijobber


Gibt es einen Arbeitsweg, wenn ich im Homeoffice bin?

Auch im Homeoffice gilt der gesetzliche Unfallschutz. Für einen Arbeitsunfall ist nur der Zusammenhang zwischen der ausgeführten Tätigkeit und den beruflichen Aufgaben relevant. Damit ist ein Unfall beim Überprüfen des WLAN-Routers oder beim Holen betrieblicher Dokumente aus dem Drucker ein Arbeitsunfall. Auch der erste Gang vom Bett zum Schreibtisch oder der Weg zur Toilette sind versichert. Und der Weg zur Kita für Eltern, die im Homeoffice arbeiten, ist versichert.

Nicht versichert ist dagegen eigenwirtschaftliches Handeln, wie das Annehmen eines privaten Pakets oder das Bedienen der Wasch- oder Spülmaschine. Da die Abgrenzung nicht einfach ist, entscheiden häufig Gerichte darüber.

Vanessa Meilin Rolke ist Rechtreferendarin in der Redaktion Recht und Justiz.

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