Basketball: Hartenstein - aus Niedersachsen auf den NBA-Thron?

Als Dirk Nowitzki im Frühjahr 2011 als erster Deutscher NBA-Meister wurde und die Dallas Mavericks zum Titel führte, war Isaiah Hartenstein 13 Jahre alt - und im niedersächsischen Quakenbrück einer von vielen Nachwuchs-Spielern.

  

Viele Jahre, ergänzt er, sei es sogar "ein Ritual" für ihn gewesen, Silvester in der Halle zu verbringen. Während andere Teenager auf Partys feierten, durch die Stadt zogen oder das Feuerwerk verfolgten, griff Hartenstein um Mitternacht zum Basketball und trainierte.  

Diese Einstellung hat ihn weit gebracht. Mittlerweile ist er 2,13 Meter groß, 27 Jahre alt, Profi in der NBA bei den Oklahoma City Thunder (OKC) - und könnte nun der zweite Deutsche werden, der den Titel in der besten Basketball-Liga der Welt holt. In der Endspielserie trifft OKC auf die Indiana Pacers 

Vier Siege fehlen noch, um die beste Saison der Vereinsgeschichte zu krönen. Klingt verführerisch, entlockt dem stets etwas introvertiert wirkenden Niedersachsen aber trotzdem nicht mal ein kleines Lächeln. Man könne "nicht zu viel nach vorne blicken", betont Hartenstein, sondern müsse "jeden Tag arbeiten, jeden Tag sich darauf vorbereiten".  

Oklahoma ist gegen die Pacers favorisiert. Denn die Thunder haben nach der besten Vorrunde aller 30 Teams, auch in den bisherigen drei Playoff-Runden gezeigt, dass sie eines Titelanwärters würdig sind. Und OKC hat in Shai Gilgeous-Alexander einen grandiosen Anführer. 

Der Kanadier wurde zum wertvollsten Spieler (MVP) der Vorrunde gewählt. Ebenso auffällig: Chet Holmgren. Der 23-Jährige misst 2,16 Meter und mag auf den ersten Blick zu dünn für die NBA aussehen. Doch er kann sich durchsetzen und ist für seine Größe sehr wendig. Holmgren und Hartenstein kontrollieren den Luftraum für OKC unter den Körben.  

Der Deutsche mit der Rückennummer 55 ist der "energy guy" des Teams, also das Stromkabel. Er bringt unbändige Power rein, rangelt und wühlt. Trainer Mark Daigneault bezeichnet Hartenstein als "knallharten Spieler, hervorragenden Teamkollegen und Wettkampftypen". 

Hartenstein ist ein Sportlerkind. Weil Papa Florian am College im US-Bundesstaat Oregon Basketball spielte, kam der Sohn 1998 dort zur Welt. Als Hartenstein Senior einige Jahre später nach Deutschland zurückkehrte, um für Gießen in der Bundesliga zu spielen, war Hartenstein Junior drei Jahre alt.  

2009 wechselte der Vater zu den Artland Dragons nach Quakenbrück. Dort begann der damals elfjährige Isaiah mit dem Vereinsbasketball. Als Florian Hartenstein nach seiner Spieler-Karriere Trainer wurde, führte er 2014 die Young Dragons zur Deutschen Meisterschaft in der Jugend-Basketball-Bundesliga. Wertvollster Spieler (MVP) der Saison: Sohn Isaiah.  

Über Litauen kam er in die USA, doch die Anfänge in der NBA waren hart. Houston Rockets, Denver Nuggets, Cleveland Cavaliers, Los Angeles Clippers - vier Vereine in fünf Jahren, doch heimisch wurde Hartenstein nirgends. Er etablierte sich erst bei den New York Knicks, avancierte zum Liebling der Fans.  

Durch seine starken Leistungen stieg sein Wert. Da New York ihm nicht genug bieten konnte, unterschrieb Hartenstein im Sommer für drei Jahre und 87 Millionen Dollar in Oklahoma, bei einem small market Team. Die Thunder sind der einzige Profi-Verein der Stadt, doch die heimische Arena zählt zu den Lautesten der Liga.  

Kleiner Standort, großes Herz für Basketball. Hartenstein kennt dies schon aus Quakenbrück. Dort, wo seine Karriere einst begann.