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Schiedssprüche werden anfechtbar:EuGH-Urteil schwächt Sportgerichtshof CAS
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Die Schiedssprüche des Internationalen Sportgerichtshofes CAS waren bindend - bis jetzt. Laut jüngstem EuGH-Urteil muss ein Einspruch vor einem staatlichen Gericht möglich sein.
Schon die Schlussanträge der zuständigen Generalanwältin Tamara Capeta am Europäischen Gerichtshof – EuGH – in Luxemburg Mitte Januar ließen aufhorchen. Denn sie forderten, dass Schiedssprüche des im schweizerischen Lausanne liegenden Sportschiedsgerichts CAS – des Court of Abitration for Sport - auch von nationalen Gerichten der Mitgliedstaaten überprüft werden können. Denn nur so wäre sichergestellt, dass die Regeln der FIFA auch als mit dem EU-Recht vereinbar angesehen werden können.
EuGH folgt Schlussanträgen der Staatsanwaltschaft
Ein gutes halbes Jahr später folgt der EuGH fast Punkt für Punkt diesen Schlussanträgen und hebelt damit die bisherige Institution CAS mit der Rechtskraft seiner Urteile aus – eine weitreichende sporthistorische Entscheidung. Denn künftig sollen die Mitgliedstaaten der EU-Länder die Möglichkeit haben, die Entscheidungen des CAS nachträglich zu überprüfen.
Für den Münchner Sportrechtsexperten, Mark-E. Orth, der auch den klagenden belgischen Verein vertrat, eine bahnbrechende Entscheidung:
Entscheidungen des CAS sind letztendlich nicht mehr rechtlich verbindlich. Sie können von einem staatlichen Gericht überprüft werden.
Mark-E. Orth, Sportrechtsexperte
Orth weiter: "Sie können auch den Sportverband von einem staatlichen Gericht verpflichten lassen, gewisse Tätigkeiten zu unterlassen. Sie können das auch schnell machen im Wege einstweiliger Maßnahmen. Das ist ein ganz wichtiger Schritt für Klubs und Athleten, die auch ihre Rechte in Anspruch nehmen wollen."
Wie kam es zu dem Urteil?
Ein belgischer Klub hatte den Stein ins Rollen gebracht. Der in der Saison 2024/25 in der zweithöchsten belgischen Liga spielende Royal Football Club Seraing schloss vor einem guten Jahrzehnt mit der maltesischen Gesellschaft Doyen Sports einen Vertrag über die Übertragung der wirtschaftlichen Rechte mehrerer seiner Fußballspieler. Der Weltfußballverband FIFA sah darin einen Verstoß gegen sein eigenes Regelwerk, verhängte eine Geldstrafe und ordnete auch noch eine Transfersperre an.
Diese Entscheidung ließ der belgische Fußballklub vom CAS überprüfen, doch der bestätigte die FIFA-Strafen. Die anschließende Überprüfung der CAS-Entscheidung vor dem Schweizer Bundesgericht brachte keine Änderung des CAS-Spruchs, der erneut bestätigt wurde. Doch damit war der Fall für den belgischen Klub noch nicht erledigt – der zog vor ein staatliches belgisches Gericht. Am Ende legte der belgische Kassationshof den Fall dem EuGH vor.
Die Entscheidung des EuGH
Die Entscheidung bedeutet eine Niederlage für das seit Jahrzehnten geübte und für die gesamte Sportwelt bewährte Sportrechtssystem mit einem abschließenden rechtsverbindlichen Urteil durch den CAS. Für den EuGH entscheidend: Nationale Vorschriften, die der Rechtskraft eine solche Tragweite verleihen, verstoßen gegen das Unionsrecht, so steht es in der Pressemitteilung des Gerichts.
Heißt übersetzt: Die Rechtskraft einer CAS-Entscheidung kann so uneingeschränkt wie bisher keinen Bestand haben, denn sie muss von den Mitgliedsstaaten der EU wirksam gerichtlich überprüft werden können. Sportrechtsexperte Orth betont:
Eine Überlegung, die der CAS jetzt anstellen kann, ist, seinen Sitz in die Europäische Union zu verlegen. Aber er muss sich klar machen, dass rechtsstaatliche Kontrolle Anwendung findet, die nur garantiert ist durch mitgliedsstaatliche Gerichte und letztendlich durch den Europäischen Gerichtshof.
Mark-E. Orth, Sportrechtsexperte
Entscheidend für ihn auch: "Die autonome Rechtssetzung der Sportverbände ist durchbrochen."
Kassationshof muss den Fall jetzt entscheiden
Abschließend wandert der Fall zurück an den belgischen Kassationshof, der schlussendlich entscheidet. Denn der EuGH wurde ja durch ihn eingeschaltet. Die Karten aber für den belgischen Verein – sie sind seit heute neu und eher auf Sieg gemischt. Und das bisherige System der nahezu unantastbaren Schiedssprüche des CAS – es muss neu gedacht werden.
Christoph Schneider ist Redakteur in der Fachredaktion Recht & Justiz des ZDF
Quelle: Reuters
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