Neugebauer, Kaul und Steinforth:Drei Zehnkämpfer für Tokio
In Tokio starten drei deutsche Zehnkämpfer, die für Aufsehen sorgen könnten. Neugebauer, Kaul und Steinforth bringen Power, Erfahrung und Ehrgeiz mit ins Stadion.
Die deutschen Zehnkämpfer Till Steinforth (links), Niklas Kaul (Mitte) und Leo Neugebauer können in Tokio die Favoriten ärgern.
Quelle: Imago/ EibnerWenn in der Nacht zu Samstag (ab 0:10 Uhr im ZDF-Livestream) in Tokio der Startschuss zum WM-Zehnkampf fällt, dann dürften viele deutsche Leichtathletik-Fans trotz der unchristlichen Uhrzeit gebannt vor dem Bildschirm sitzen. Mit Leo Neugebauer, Niklas Kaul und Till Steinforth stehen gleich drei Athleten im DLV-Aufgebot, die für Glanz sorgen könnten - jeder auf seine eigene Weise.
Die besten Medaillenchancen hat unbestritten Neugebauer, der Silbermedaillengewinner der Olympischen Spiele in Paris. Mit seinen 25 Jahren gilt er als Ausnahmeathlet, der - glaubt man seinem Trainer Jim Garnham - noch längst nicht sein Leistungszenit erreicht hat. "Er könnte besser sein als jeder, der jemals Zehnkampf gemacht hat", schwärmte der Coach kürzlich im Münchner Merkur.
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21.03.2025 | 0:42 minNeugebauer kann Favoriten unter Druck setzen
Zuletzt haperte es im Wettkampf noch gelegentlich an der Umsetzung, wie bei seinem bislang einzigen Zehnkampf 2025, wo er in Götzis 8.555 Punkte erzielte - über 400 Punkte unter seinem deutschen Rekord. Das soll in der japanischen Hauptstadt viel besser werden:
Vielleicht können wir die Welt schocken, wenn sie Leo in Tokio mit dem Speer sehen.
Jim Garnham, Trainer von Leo Neugebauer
Spätestens dann wird sich zeigen, ob der weiterhin in Texas lebende Neugebauer an seinen Schwächen (zu denen auch die 110-Meter-Hürden und der 1500-Meter-Lauf gehören) gearbeitet hat. Dies wird er auch benötigen, um die Goldfavoriten Sander Skotheim (NOR), Kyle Garland (USA) und Titelverteidiger Pierce LePage (CAN) in Bedrängnis zu bringen.
Kaul kehrt an den Ort des Leidens zurück
Während Neugebauer im vergangenen Jahr seinen Durchbruch schaffte, kennt Kaul die großen Bühnen schon lange. Der WM-Sieger von 2019 tritt in Tokio mit dem klaren Ziel an, seine Saisonbestleistung von 8.575 Punkten zu übertreffen. Kaul ist ein Kämpfer, der seine Stärken in den zweiten Wettkampftagen ausspielt und oft aus scheinbar aussichtsloser Position zurückkommt. Legendär sind seine Speerwürfe, die auch mal über 75 Meter weit gehen.
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17.09.2025 | 4:04 minKaul kehrt an jenen Ort zurück, an dem er sein bislang größtes sportliches Drama erlebte. Als er bei den Olympischen Spielen 2021 verletzt den Wettkampf abbrechen musste, zeigten ihn die TV-Bilder auf einem Rollstuhl, die Hände vor das Gesicht geschlagen. "Das spielt im Kopf eigentlich keine Rolle mehr", sagt Kaul vier Jahre später. "Ich freue mich auf den Wettkampf. Ich freue mich aufs Stadion, weil das wirklich eines der schönsten Stadien ist, in denen man so einen Wettkampf machen kann."
Der Mainzer startet als Außenseiter, doch wenn sein Rückstand am ersten Tag nicht übermäßig groß ist, wird auch er ein Wörtchen um die Medaillen mitreden können. Dass Olympiasieger Markus Rooth und Weltrekordhalter Kevin Mayer verletzungsbedingt fehlen, erhöht seine Chancen auf Edelmetall.
Hammerwerfer Merlin Hummel hat mit persönlicher Bestweite von 82,77 Metern WM-Silber geholt. Besser war nur Olympiasieger und Titelverteidiger Ethan Katzberg aus Kanada.
16.09.2025 | 0:52 minVerblüfft Shootingstar Steinforth auch in Tokio?
Noch jünger, aber nicht minder ehrgeizig, präsentiert sich Till Steinforth. Der 23-Jährige hat innerhalb eines Jahres einen kometenhaften Aufstieg hingelegt. Als Nachrücker schaffte er es ins Olympia-Team und belegte in Paris Rang 15. Seither hat Steinforth weiter Fahrt aufgenommen: Bronze bei der Hallen-EM in Apeldoorn mit deutschem Rekord im Siebenkampf (6.388 Punkte), danach Bronze bei der Hallen-WM in Nanjing. "Die letzten zwei Wochen waren fast perfekt", bilanzierte er damals.
Drei deutsche Zehnkämpfer, drei Geschichten, drei Stärken - und die Aussicht auf einen besonderen Wettkampf. Neugebauer mit seiner Power, Kaul mit seiner Erfahrung, Steinforth mit seiner Unbekümmertheit: In Tokio könnten sie nicht nur Medaillen sammeln, sondern auch eine neue Ära im deutschen Mehrkampf einläuten.
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