Hochkarätige Abgänge: Wo ist die Grenze des RB-Leipzig-Modells?
Abgänge von Šeško und Co.:Wo sind die Grenzen des RB-Leipzig-Modells?
von Ullrich Kroemer, Leipzig
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RB Leipzig meistert wieder einen Umbruch. Mit Šeško ist der nächste Topspieler an einen Klub mit dicker Schatulle verkauft worden. Wie lange kann diese Geschäftspraxis aufgehen?
RB Leipzigs zweitteuerster Abgang: Stürmer Benjamin Sesko geht zu Manchester United.
Quelle: IMAGO / Jan Huebner
Zwar hatte RB Leipzig gerade seinen wertvollsten Spieler verloren: 39 Tore hatte Benjamin Šeško in zwei Jahren wettbewerbsübergreifend für die Leipziger erzielt. Doch im Büro von Sportchef Marcel Schäfer in der Akademie am Cottaweg dürften am Samstag dennoch die die Korken geknallt haben.
Es mache den Klub "ein Stück weit stolz, den nächsten Spieler für die Premier League entwickelt zu haben", wurde Schäfer in einer Klubmitteilung zitiert.
Šeško Leipzigs zweitteuerster Transfer
Der 22 Jahre alte Šeško gilt noch immer als Rohdiamant - etwa seine gewaltige Kopfballstärke ist noch nicht ansatzweise ausgeschöpft. Dennoch spült sein Wechsel zu Manchester United stolze 76,5 Millionen Euro Ablösegebühr plus mögliche 8,5 Millionen Euro an Boni in die Kasse der Sachsen.
Es ist der zweitteuerste Transfer für den Red-Bull-Klub, lediglich der Verkauf von Abwehrspieler Josko Gvardiol zu Manchester City hatte noch mehr eingebracht (90 Millionen Euro). Mindestens ein Verkauf dieses Kalibers ist bei dem Klub aus Sachsen ohnehin in jeder Saison fest eingeplant, um das finanzielle Gefüge in Balance zu halten.
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Keine Champions-League-Einnahmen mehr
In dieser Transferperiode jedoch hatte Rasenballsport seine Topstars weit vor Vertragsende regelrecht ins Schaufenster gestellt. Grund: Die fehlenden Champions-League-Einnahmen sollen kompensiert werden.
Die Leipziger atmeten regelrecht auf, als der Deal geglückt war, denn es ist für Schäfer & Co. nicht nur eine Möglichkeit, sondern regelrecht Pflicht, dass Geld in diesen Größenordnungen in die Kasse kommt.
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Was macht Xavi Simons?
Auch Mittefeldstar Xavi Simons, der erst im Winter fix aus Paris verpflichtet worden war, soll den Klub nach Möglichkeit noch verlassen, etwa 70 Millionen Euro Ablöse stehen für ihn im Raum. Der FC Chelsea gilt als potenzieller Abnehmer.
Noch ist der Deal jedoch völlig unkonkret, sodass RB zunächst mit Xavi in die Saison gehen dürfte. Gelingt der Verkauf, könnte Liverpools Youngster Harvey Elliott als Ersatz kommen.
Abgänge als Geschäftsprinzip
Es gab einmal Zeiten im Fußball, da ärgerten sich Vereine, wenn ihnen die besten Jungstars von Bayern München und anderen weggekauft wurden. RB hingegen hat das Prinzip zum Geschäftsmodell erhoben, seine Juwelen nach zwei bis vier Jahren abzugeben wie Leasingfahrzeuge.
Doch das System funktioniert nur so lange, bis auch immer wieder neue potenzielle Stars nachgezogen werden. In der verkorksten vergangenen Saison etwa ging das schief. Xavi Simons war noch nicht so weit, in die Fußstapfen von Dani Olmo als Spiellenker zu treten.
Jürgen Klopp ist ein Freund der Spielstruktur, die Ole Werner pflegt. Auch deswegen ließ er ihn nach Leipzig holen. Nun wollen beide der RB-Mannschaft einen neuen Stil geben.
von Ullrich Kroemer
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Beim Kader-Bau sind nun Weitblick und Fingerspitzengefühl gefragt, um immer neue Schwächungen verkraften zu können und stetig neue Leistungsträger reifen zu lassen - wie Tomaten in einem Gewächshaus.
Kein Symptom des Absturzes
Der Verkauf des Tafelsilbers ist also kein Symptom des etwaigen Absturzes in die Mittelmäßigkeit, sondern vielmehr Geschäftsprinzip. Lediglich schlechtes Scouting und mangelhafte Kaderplanung könnten RB nachhaltig gefährden.
So muss der Klub schon jetzt jene Akteure als Šeško- und Xavi-Nachfolger finden, die in zwei, drei Jahren für hohe zweistellige Millionenbeträge wechseln werden. Als neuer Zielspieler im Strafraum wird unter anderem der wuchtige Däne Conrad Harder von Sporting Lissabon gehandelt.
Wird Leipzig Stars auch mal halten können?
Dass das Prinzip bis unter die besten 16 Teams in der Champions League tragen kann, hat RB jahrelang bewiesen. Um weiter nach oben vorzustoßen und eines Tages den Meistertitel zu gewinnen oder zu den Topklubs in der Champions League aufzuschließen, müsste Leipzig es sich jedoch zumindest phasenweise leisten können, Leistungsträger auch zu halten.
90 Millionen Euro: Josko Gvardiol (Manchester City)
Bis zu 85 Millionen Euro: Benjamin Šeško (Manchester United)
70 Millionen Euro: Dominik Szoboszlai (FC Liverpool)
60 Millionen Euro: Christopher Nkunku (FC Chelsea)