SV Elversberg vor Coup: "Was wollt ihr denn in der Bundesliga?"
SV Elversberg vor Coup:"Was wollt ihr denn in der Bundesliga?"
von Christoph Ruf
|
Die SV Elversberg klopft ans Tor zur Bundesliga. Dass man auf die nur bedingt vorbereitet ist, versteht sich von selbst.
Die SV Elversberg könnte bald in die Bundesliga aufsteigen. Dann müsste der kleinste Fussball-Erstligastandort aller Zeiten wohl auch mit deutlich mehr Besuchern rechnen.16.05.2025 | 2:46 min
Es kam in den vergangenen Tagen nicht selten vor, dass Esra Limbacher im politischen Berlin gehänselt wurde. "Was will dein Dorfverein denn in der Bundesliga?", hieß es in den Sitzungspausen, wenn die Kollegen die künftigen Erstligisten durchspielten.
Elversberg: Selbst der direkte Aufstieg ist drin
Die SV Elversberg hat nämlich beste Chancen, den Relegationsrang zu verteidigen. Ein Sieg auf Schalke am letzten Spieltag, und es geht in die Relegation. Selbst der direkte Aufstieg ist für die Überraschungsmannschaft dieser Zweitligasaison am Sonntag drin.
Und das wäre höchstverdient, wie Limbacher - der direkt gewählte Abgeordneter des Wahlkreises 299, in dem auch Spiesen-Elversberg liegt - findet. "So mancher Traditionsverein muss ja etwas falsch gemacht haben, wenn ein kleiner Klub mit viel weniger Geld und Fans plötzlich vor ihnen liegt", sagt Vereinsmitglied Esra Limbacher.
Der SPD-Politiker hat natürlich auch einen Verdacht für das, was Elversberg im Umkehrschluss richtig macht: "Im Gegensatz zu manchem Retortenklub wird hier nicht nur Geld reingepumpt, sondern konzeptionell und schlau gearbeitet."
Alle reden von Kontinuität - hier wird sie gelebt
Dass Sportvorstand Nils-Ole Book und Trainer Horst Steffen seit sieben Jahren zusammenarbeiteten, spreche Bände. Dass sich Klub-Boss Dominik Holzer ebenso wenig wie Vater Frank, der als Aufsichtsratschef fungiert, in den Vordergrund dränge, ebenfalls.
Die SVE (das "S" steht für "Sportvereinigung", nicht für "Sportverein") ist mit ihrem kleinen Zehn-Millionen-Etat die Überraschungsmannschaft dieser Zweitligasaison.
Wenig Kneipen, kaum Parkplätze, kein Bahnhof
Selbst wenn der FC Bayern oder Borussia Dortmund in einem frisch umgebauten und auf 15.000 Plätze vergrößerten Stadion vorstellig werden: Sie würden merken, dass die SVE am kleinsten Bundesligastandort beheimatet ist.
Elversberg, das - um korrekt zu sein - ein Teil der Gemeinde Spiesen-Elversberg ist, hat nur eine kleine Kneipenlandschaft, es gibt wenig Parkplätze. Und natürlich hat Elversberg auch keinen Bahnhof (Spiesen auch nicht).
Verkehrte Welt in der 2. Liga: Wenn die SV Elversberg auf Schalke 04 trifft, ist der kleine Klub aus der 12.800-Seelen-Gemeinde hoher Favorit. Und das kommt nicht von ungefähr.
von Christoph Ruf
mit Video
Doch wie in so vielen anderen Punkten auch machen sie hier am westlichen Rand des Saarlands das Beste aus ihren Standortnachteilen.
Das Shuttle-Bus-System von den Bahnhöfen St. Ingbert und Neunkirchen klappt prima und wird regelmäßig von Gäste-Fans gelobt, die vorher noch drei Kreuze beim Gedanken an eine Fahrt in die Provinz gemacht hatten.
Noch vor fünf Jahren kamen nur 700 Zuschauer
Und im ganzen Saarland gilt die Eintrittskarte auch als Fahrausweis. Davon profitieren auch die Heimfans, die in Scharen zu den Heimspielen kommen: In dieser Spielzeit waren fast alle Heimspiele ausverkauft.
Umso bemerkenswerter, als die SVE noch in der Regionalligasaison 2020/2021 auf gerade mal 701 Unentwegte im Schnitt kam. Ein Jahr später stieg man in die dritte Liga auf. Folgt nun, im zweiten Jahr der Zweitklassigkeit also gleich der nächste Aufstieg?
Zum Feiern braucht es keinen Rathausbalkon
Einer, der dieser Perspektive mit saarländischer Gelassenheit entgegensieht, ist Bernd Huf, der Oberbürgermeister von Spiesen-Elversberg.
Der antwortet im Gespräch mit der "Süddeutschen Zeitung" vollkommen gelassen auf die Frage, wo um Himmels willen man denn feiern wolle, wenn bald wirklich der Aufstieg feststünde. Einen Rathaus-Balkon gibt es nämlich nicht.
Pokal-Finale und Rückkehr in Liga zwei: Arminia Bielefeld hat nach dem Doppel-Abstieg einmal mehr den Turnaround geschafft. Kann der Klub das Image der ewigen Fahrstuhl-Mannschaft ablegen?15.05.2025 | 17:48 min
Huf erinnert ganz nonchalant an die letzte Aufstiegsfeier, die vor zwei Jahren nach dem Durchmarsch aus der Dritten Liga anstand. Man hatte damals als Balkon-Ersatz kurzerhand ein Baugerüst aufbauen lassen. Und die Party konnten steigen.
Das Gerüst wurde danach schnell wieder abgebaut: Damit, dass man vielleicht schon bald wieder einen Aufstieg feiern würde, konnte man damals aber auch wirklich nicht rechnen.
Der einstige Saarland-Ligist stieg 2022 in die dritte Liga auf - und ein Jahr später direkt in die Zweite Liga.
Im Aufstiegsjahr landete die Mannschaft auf einem starken elften Platz. Nun, ein Jahr später, klopft der vom Pharmakonzern "Ursapharm" unterstütze Klub ans Tor zur Bundesliga.
Auch die Infrastruktur ist mitgewachsen: Das kleine, 1983 eröffnete "Waldstadion an der Kaiserlinde" wird derzeit auf ein Fassungsvermögen von 15.000 Plätze gebracht, in dieser Saison fanden 10.000 Fans Platz.