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Trump-Effekt in der Wirtschaft:Deutschland will weg von US-Tech-Unternehmen
von Simon Seitel
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Amerikanische Tech-Unternehmen dominieren den globalen Cloud-Markt. Doch unter Trump schwindet das Vertrauen in die Konzerne - und die Abhängigkeit wird zunehmend zum Problem.
Stolz ist Laura Dornheim auf ihr Rechenzentrum. Die Stadt München hat schon früh auf eigene IT-Infrastruktur gesetzt: Bereits seit zehn Jahren werden im kommunalen Rechenzentrum auf unzähligen Servern sensible Daten und Prozesse sicher verwaltet.
Trotz eigener Kapazitäten nutzt auch München zahlreiche Dienste amerikanischer Hyperscaler - Unternehmen, die Cloudlösungen anbieten. Doch das werde zunehmend kritisch gesehen, sagt Dornheim, die seit 2022 als Leiterin des städtischen IT-Referats für die Digitalisierung der Verwaltung zuständig ist.
Vertrauensverlust gegenüber den USA
Vor einem Jahr sei es noch undenkbar gewesen, dass man aus den USA keine Sicherheitsupdates mehr bekomme.
Heute ist das leider nicht mehr ganz so unrealistisch und darauf wollen wir vorbereitet sein.
Laura Dornheim, Leiterin des IT-Referats der Stadt München
Wegen der aggressiven Wirtschaftspolitik von US-Präsident Donald Trump ist die Angst in Europa, dass die USA ihre Tech-Konzerne als politisches Druckmittel verwenden, weit verbreitet.
Der Digitalverband Bitkom veröffentlichte kürzlich eine Studie, wonach 38 Prozent der deutschen Unternehmen ihr Vertrauen in die USA als "erheblich geschwächt" bewerten, weitere 60 Prozent sehen es "leicht geschwächt". Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst betont:
Deutsche Unternehmen sind besorgt über die hohe Abhängigkeit von digitalen Technologien, insbesondere aus den USA, aber auch aus China.
Ralf Wintergerst, Präsident des Digitalverbands Bitkom
"Über 90 Prozent sagen, sie könnten ohne diese Technologien ihr Geschäft nicht weiter betreiben."
Amazon, Microsoft und Google beherrschen Cloud-Markt
Seit Trumps Amtseintritt verzeichnen viele europäische Anbieter ein gestiegenes Interesse an Alternativen. IT-Referentin Dornheim beklagt jedoch, dass es in vielen Bereichen noch immer zu wenige gibt.
Das Problem sei, "dass wir momentan zu abhängig von einzelnen Playern sind. Bei der Hardware, bei der Software, natürlich auch ganz aktuell im Bereich der Künstlichen Intelligenz". Die Marktmacht liege oft bei einigen wenigen amerikanischen Unternehmen.
Bundesregierung will digitale Souveränität stärken
Den hohen politischen Stellenwert dieser Debatte verdeutlichte bereits der Koalitionsvertrag von Union und SPD. "Digitalpolitik ist Machtpolitik", heißt es darin.
Erstmals wurde ein eigenes Digitalministerium eingerichtet, mit dem Ziel, die digitale Souveränität des Landes zu stärken. Ein wichtiger Baustein in diesem Prozess soll der "Deutschland-Stack" sein, erklärt eine Sprecherin des Ministeriums.
Dabei handle es sich um eine nationale Technologieplattform, die bundesweit einheitliche und souveräne Technik und Software in die Verwaltung bringen soll.
Ralf Wintergerst begrüßt diesen Schritt, weil versucht werde, "standardisierte Schnittstellen in die zerklüftete Behördenlandschaft zu bringen, die über zwei Jahrzehnte nicht angefasst worden ist seitens der IT". Allerdings soll es bis 2028 dauern, bis der Deutschland-Stack fertig gestellt ist.
Expertin: Komplette Abkopplung von Big Tech keine Lösung
Das Münchener Rechenzentrum zeigt, dass es jetzt schon Wege gibt, Risiken und Abhängigkeiten zu reduzieren. Doch eine vollständige Abkopplung sei keine Lösung, betont Laura Dornheim.
Man muss natürlich ganz klar sagen, das Gegenteil von Abhängigkeit ist nicht totale Autarkie.
Laura Dornheim, Leiterin des IT-Referats der Stadt München
"Wir brauchen irgendwo einen Mittelweg. Wir müssen gucken, mit welchen Partnern gehen wir zusammen, wessen Produkte kaufen wir ein, mit wem schließen wir welche Verträge ab." Was für Dornheim dabei im Mittelpunkt steht: "Wir wollen selbstbestimmt die Digitalisierung gestalten in dieser Stadt. Ich finde, hoffentlich auch im ganzen Land."
Simon Seitel ist Reporter im ZDF-Landesstudio Bayern.
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