Aktienmärkte unter Trump:Börsen: Die "Wiederentdeckung" Europas
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Europas Börsen profitieren von Investoren, die ihr Kapital aus den USA in andere Regionen verlagern. Was hat Trumps Politik damit zu tun - und wie lange hält der Trend an?
Hat sich der Handelsstrom auf Dauer gedreht?
Quelle: dpa
Europas Börsen haben die US-Märkte in der ersten Hälfte 2025 erstmals seit vielen Jahren überholt. Ein wichtiger Grund dafür: US-Präsident Donald Trump. Internationale Investoren zogen nach Angaben von Investment-Managern und Ökonomen hohe Milliardenbeträge von den US-Märkten ab und verlagerten sie in andere Regionen wie Europa und Japan.
Angst vor Trump und die "Wiederentdeckung" Europas
Hauptgrund der Kapitalflucht aus den USA sind demnach Zolldrohungen und erratische Kurswechsel Trumps. Damit haben die internationalen Geldströme zumindest vorerst die Richtung gewechselt. Zuvor war über Jahre das große Geld aus aller Welt an die US-Finanzmärkte geströmt.
"Dies hat sich jetzt geändert", sagt Vincenzo Vedda, Global Chief Investment Officer bei DWS, dem Vermögensverwalter der Deutschen Bank. Aus einer "kräftigen Übergewichtung" der USA durch die Fondsmanager noch zum Jahresende 2024 sei eine "deutliche Untergewichtung" geworden.
Internationale Zahlungsbilanzen liegen noch nicht vor, aber publik sind die Zu- und Abflüsse bei ETF-Aktienfonds. BayernLB-Chefvolkswirt Jürgen Michels verweist auf Daten des US-Finanzinformationsdienstleisters Morningstar: Im ersten Quartal 2025 flossen demnach 26 Milliarden Euro in europäische Aktienfonds. Zuvor hatte es zwölf Quartale - also drei Jahre lang - Nettoabflüsse gegeben. Im April und Mai strömten netto dann weitere von 22 Milliarden Euro in europäische Fonds.
Einen auffällig starken Netto-Mittelabfluss aus allen US-Fonds gab es, nachdem Trump am 2. April seinen "Liberation Day" verkündet und die größten US-Zollerhöhungen seit den Tagen der Weltwirtschaftskrise 1930 angekündigt hatte.
Quelle: dpa
Einen auffällig starken Netto-Mittelabfluss aus allen US-Fonds gab es, nachdem Trump am 2. April seinen "Liberation Day" verkündet und die größten US-Zollerhöhungen seit den Tagen der Weltwirtschaftskrise 1930 angekündigt hatte.
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Vedda erkennt zwei Trends: Es gebe erstens eine "Wiederentdeckung Europas und seiner Aktien", in Asien wie auch den USA - aber auch durch die Europäer selbst. Zweitens verspürten etliche Anleger den Drang, "das US-Exposure zu reduzieren und stärker zu diversifizieren", so Vedda. Neben der politischen Entwicklung in den USA seien das USA-Übergewicht etlicher Investoren und Sorgen um eine weitere Dollar-Abschwächung Treiber der Entwicklung.
"Das gestiegene Interesse nach europäischen Aktien ist aber auch von mehr Zuversicht über die Perspektiven in Europa getragen", meint BayernLB-Chefvolkswirt Jürgen Michels. Dazu habe auch das Fiskalpaket der neuen Bundesregierung beigetragen.
Italien: Niedrigere Zinsen auf Staatsanleihen als USA
Auffällig sind nicht nur die Aktienmärkte: Die USA zahlen derzeit deutlich höhere Zinsen von etwa 4,4 Prozent für zehnjährige Staatsanleihen als Italien mit 3,5 Prozent. Traditionell sind eher die italienischen Anleihen höher verzinst - der Risikoaufschlag für die hohe Verschuldung des Landes.
Der jüngste Anstieg der US-Zinsen im Vergleich zu Italien deute daraufhin, dass die "Märkte zunehmend besorgt über die US-Staatsverschuldung sind", so die Einschätzung von Ludovic Subran, Chief Investment Officer bei der Allianz. Gleichzeitig habe sich die fiskalpolitische Situation in Italien deutlich verbessert.
Der Dollar bleibt dominierend - trotz steigender US-Staatsverschuldung
Denn die Verbindlichkeiten der Vereinigten Staaten haben sich im letzten Jahrzehnt nahezu verdoppelt: von 18,1 Billionen Dollar im Herbst 2015 auf 35,4 Billionen im Herbst 2024, wie Daten des US-Finanzministeriums zeigen.
Nichtsdestotrotz wird der US-Dollar mittelfristig weiterhin die dominierende Währung bleiben und US-Anlagen das Rückgrat der globalen Finanzwelt bleiben, nicht zuletzt aus Mangel an Alternativen.
Ludovic Subran, Chief Investment Officer bei der Allianz
Da Trump seine ursprünglichen Zolldrohungen bislang nur in abgeschwächter Form in die Tat umgesetzt hat, hat auch die Furcht der Finanzmärkte vor eskalierenden Handelskriegen der USA mit dem Rest der Welt wieder etwas nachgelassen.
Der Trend internationaler Investoren, die eigenen "Portfolien etwas weniger US-lastig auszurichten", könnte trotzdem anhalten, so die Einschätzung von DWS-Chefinvestor Vedda - wenn auch in geringerem Umfang.
Quelle: dpa
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