"Great Green Wall" in Afrika: Schutz vor Wüste auf Sand gebaut?

Schutz vor Dürre und Wüsten:Afrikas grüne Mauer - auf Sand gebaut?

von Michael Wiedemann
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Die "Great Green Wall" (GGW), eines der ambitioniertesten Umweltprojekte, soll quer durch Afrika der Wüstenbildung im Sahel entgegenwirken. Doch das Projekt droht zu scheitern.

Große Grüne Mauer in der Wüste Senegals
Die "Great Green Wall" soll in Afrika Schutz vor Wüstenbildung und Dürre in der Sahelzone bieten. An vielen Ort kommt das Projekt aber schleppend voran.
Quelle: dpa

8.000 Kilometer lang, 15 Kilometer breit soll die "Great Green Wall" sein. Und vom Senegal im Westen bis nach Dschibuti ganz im Osten Afrikas reichen. Die durchgehende große, grüne Mauer aus Bäumen soll südlich der Sahara verhindern, dass die Wüste sich immer mehr ausbreitet.
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Das war der Plan, der vor 18 Jahren von der Afrikanischen Union ins Leben gerufen wurde. Bis 2030 sollten 100 Millionen Hektar Land renaturiert, 250 Millionen Tonnen Kohlenstoff gebunden und 10 Millionen "grüne" Arbeitsplätze geschaffen werden.
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Die "Great Green Wall" steht vor Problemen

Der Traum, durch die "grüne Mauer" landwirtschaftlich nutzbare Flächen wiederherzustellen und die Lebensbedingungen von Millionen Menschen zu verbessern, weicht der heutigen, nüchternen Realität: Nicht einmal 20 Prozent des degradierten Landes wurden bislang rekultiviert.
Die Gründe sind vielfältig: Finanzierungsprobleme, mangelnde politische Unterstützung, schwache Verwaltungsstrukturen, schlechte Koordination zwischen den beteiligten Ländern und internationalen Partnern. Und zunehmend die Unsicherheit durch bewaffnete Konflikte und terroristische Gruppen in der Region.

Der Welttag für die Bekämpfung von Wüstenbildung und Dürre findet jährlich am 17. Juni statt. Er soll darauf aufmerksam machen, dass Wüstenbildung, Dürren und die Verschlechterung der Qualität von Boden (Bodendegradation) zu den drängendsten Umweltproblemen gehören. Bis zu 40 Prozent der weltweiten Landfläche gelten bereits als degradiert. Der Welttag wurde 1994 in Ergänzung zu einem Abkommen gegen das weitere Ausbreiten von Wüsten beschlossen.

Auf fast 40 Milliarden Euro schätzen die UN die Kosten für die "grüne Mauer". Zugesagt waren davon bis März 2022 rund 17 Milliarden Euro. Tatsächlich ausgezahlt bis 2023 aber lediglich etwa 2,5 Milliarden.
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Studie: Grüngürtel nur begrenzt nachhaltig

Doch nicht nur das ungelöste Problem der Kosten und die fehlenden zentralen Überwachungs- und Steuerungsstrukturen, die die Vielzahl an Einzelaktivitäten innerhalb des "Great Green Wall"-Projekts bündeln könnten, sorgen dafür, dass die Idee eines durchgehenden Vegetationsgürtels im Sahel in Frage gestellt ist.
Eine wissenschaftliche Studie von 2021, an der auch Prof. Andreas Fink vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) beteiligt war, verweist auf die eingeschränkte Nachhaltigkeit eines solchen "Grüngürtels". In der Studie wurde festgestellt, dass etwa 26 Prozent davon "ohne Bewässerung nicht für nachhaltige Anpflanzungen geeignet sind".

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Wissenschaftler fordert eingehende Studien

Allerdings sei in der Arbeit nicht die Überlebensfähigkeit bestimmter Pflanzen berücksichtigt worden. Es brauche deshalb "eingehende Studien zu der Frage, mit welchen Arten von in der Region vorkommenden Baum- und Strauchpflanzen die Vegetation auch Dürrejahre ohne Bewässerung überstehen würde".
Und es gelte den unerwünschten Effekt zu vermeiden, dass die Vegetation zu übermäßigem Entzug der Bodenfeuchte in der Wurzelzone führt, weil dies Grundwasserneubildung reduziere.
Fink verweist darüber hinaus auf eine weitere Studie, die am KIT-Institut für Meteorologie und Klimaforschung 2023 veröffentlicht wurde: Sie stellt den Nutzen des Projektes im Kampf gegen die Wüstenbildung grundsätzlich infrage. Das "Große Grüne Band" könne natürlichen und vom Menschen gemachten Klimatrends nicht entgegenwirken, so der KIT-Experte Andreas Fink.
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"Great Green Wall" als Entwicklungs- und Landmanagementprogramm?

Dennoch scheint dem Wissenschaftler das GGW-Projekt nicht völlig nutzlos: "Aus meiner Sicht könnte ein solches Projekt das Ziel verfolgen, mit indigenem Wissen und in Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung zu einem schonenderen Umgang mit der natürlichen Vegetation überzugehen."
Denn ein Problem der Region sei beispielsweise, dass die natürliche Vegetation durch das hohe Bevölkerungswachstum stark leide. Etwa dadurch, dass Bäume und Sträucher genutzt würden, um Feuerholz oder Holzkohle zu gewinnen.
Die Weitergabe des Wissens über eine nachhaltige Nutzung der natürlichen Vegetation wäre nicht nur sinnvoll, sondern könne laut Fink auch positive wirtschaftliche Effekte haben.

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