Legale Opioide zum Vapen? Wie Onlineshops Drogengesetze umgehen

Legale Opioide zum Vapen?:Wie Onlineshops die Drogengesetze umgehen

von Max Hübner und Julian Schmidt-Farrent
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Onlineshops verkauften im Netz Opioide - vor den Augen der Behörden. ZDF Frontal zeigt, wie Händler systematisch die deutsche Drogengesetzgebung umgehen.

Montage | rechts: Junger Mann mit Vape beim Dampfen und von Qualm eingehüllt, davor zwei chemische Formeln von synthetischen Opioiden ; links: Einkaufswagen-Symbol für Online-Shoppen

Der Klick zum Kick: Drogen wie Fentanyl & Nitazene, stärker als Heroin, werden immer gefragter. Synthetische Opioide machen extrem süchtig und werden online als Liquid zum Vapen verkauft.

03.09.2025 | 17:20 min

Simons* Suchtgedächtnis springt sofort an. Schweißperlen laufen von seiner Stirn, als er einen Onlineshop für "Forschungschemikalien" öffnet. Der Monitor flackert auf, Produktkategorien wie "Opioide" oder "Sedativa" leuchten Simon entgegen. Stoffe, die teils bis zu 500 Mal stärker sind als Heroin - wenige Klicks, und sie liegen im Warenkorb.

Kein Darknet, kein Telegram: Wie Amazon habe der Shop gewirkt, erinnert sich Simon. "Ab dem Punkt ist es wirklich übel geworden." Er ist 17 Jahre alt, als er in die Welt der sogenannten Forschungschemikalien abdriftet. Monatelang konsumierte er hochpotente Opioide. Kurz bestellt und zwei Tage später lag das Paket vor seiner Haustür.

Melanie sitzt auf dem Fußboden im Badezimmer. Vor ihr auf dem Boden liegen Medikamente.

Schmerzen werden gerne schnell bekämpft. Mit Medikamenten, die oft heftige Nebenwirkungen haben.

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Abwandlungen von Nitazenen in Onlineshops angeboten

Die Onlineshops boten auch Abwandlungen von Nitazenen an - gefährliche Opioide, die im Zusammenhang mit hunderten Todesfällen in Europa und den USA stehen. Doch wie kann es sein, dass diese hochpotenten Stoffe online zu kaufen waren?

"Die Voraussetzungen dafür, dass Strafverfolgung tätig wird, ist, ich brauche eine Straftat," erklärt BKA-Ermittler Holger Kriegeskorte im Interview mit ZDF Frontal. Doch das ist bei chemischen Verbindungen nicht immer der Fall.

Fentanyl

Das Betäubungsmittel Fentanyl ist bundesweit auf dem Vormarsch. In Hannover soll ein Modellprojekt dazu beitragen, die Ausbreitung zu verhindern und Süchtige besser zu schützen.

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Chemie-Experimente mit gefährlichen Opioiden

Der Trick: Die Produzenten ändern die Substanzen so ab, dass sie zunächst aus dem Geltungsbereich der Gesetze fallen. Die berauschende Wirkung bleibt aber erhalten. Es ist ein Katz-und-Maus-Spiel: Die Ermittlungsbehörden müssen schnell sein, immer wieder die neuen Stoffe auf ihr Gefahrenpotential einschätzen, um dagegen vorgehen zu können.

ZDF Frontal liegt exklusiv eine Analyse eines solchen Produkts vor: Ein deutscher Onlineshop verkaufte ein Opioid-Liquid mit Methiodone, einer Abwandlung des Heroin-Substituts Methadon, das Konsumierende missbräuchlich über E-Zigaretten rauchen. Die Analyse zeigte allerdings: Das Produkt sei nicht hitzestabil und somit nicht verdampfbar - beim Rauchen sei völlig unklar, welche Stoffe im Körper landen.

Wir können jetzt überhaupt nicht sagen, welche Zerfallsprodukte da entstehen.

Karsten Tögl-Lins von "Legal High Inhaltsstoffe"

Ständige Gefahr einer Überdosis

"Wenn man solche starken Substanzen dauerhaft konsumiert, kommt es früher oder später zu einer Überdosis. Das ist unvermeidlich", schildert uns Simon. Er kaufte seine Opioide als Flüssigkeit und rauchte sie in einer E-Zigarette.

Anfangs wollte er seine Angststörungen mit dem Konsum verdrängen. Doch die Toleranz stieg, er bestellte mehr. Mit seinem angespartem Kommunionsgeld finanzierte er die Sucht. Als er überdosiert, finden ihn seine Eltern mit verlangsamter Atmung auf dem Boden.

A woman holds an e-cigarette as she vapes on a street in Manchester

China gehört zum größten Produzenten für E-Vapes, doch die elektronischen Zigaretten sind dort verboten. In Deutschland wird der Umgang mit dem süßen Süchtigmacher diskutiert.

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Synthetische Opioide: Drogen aus China?

Doch wie kommen die Stoffe überhaupt nach Deutschland? Das BKA vermutet enge Verbindungen zwischen deutschen Onlineshops und Zulieferern in China. Die Zusammenarbeit mit der chinesischen Polizei gestalte sich allerdings schwierig. Wirkungsvoller sei ohnehin, dass China kürzlich eine Vielzahl synthetischer Opioide und Abwandlungen davon verboten habe.

Doch die Forschungschemikalien-Szene bleibt erfinderisch. Schon jetzt vermuten die Behörden, dass Onlineshops mit neuen Substanzen die Drogengesetzgebung umgehen. Die Methode ist Jahre alt, doch die Stoffe verändern sich.

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Forschungschemikalien: Wie umgehen mit der Szene?

Der Toxikologe Fabian Steinmetz kennt die Ursprünge der Szene. Vor zehn Jahren hätten die Shops mehr auf Psychedelika wie LSD gesetzt, seien selbst Teil einer experimentierfreudigen "Psychonauten"-Welt gewesen. "Das fällt mir jetzt bei Opioiden schwerer."

Steinmetz glaubt, dass auch die die deutsche Drogengesetzgebung daran Schuld trägt: Verbote würden dazu führen, dass die Händler immer erfinderischer werden - und stärkere Stoffe entwickeln.

Das BKA hofft dagegen auf ein Handeln des Gesetzgebers. Verdächtige Substanzen müssten früh vom Gesetzgeber erfasst werden, erst dann könne die Polizei aktiv werden und Geschäfte unterbinden. "Die Herausforderung besteht darin, dass wir schnell sein müssen," so BKA-Ermittler Holger Kriegeskorte.

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Der Entzug von den Opioiden sei die Hölle gewesen, erzählt Simon. Inzwischen ist er im Methadon-Programm und wartet er auf seinen Platz in der Reha-Klinik.

Erst danach könne er an eine Ausbildung oder ein Studium denken. "Ich möchte einfach nur davor warnen, sich auf sowas einzulassen."

*Name geändert

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