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Wadephul zur Lage in Afghanistan:Vier Jahre Taliban - "Leben ohne Freiheit"
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Seit der erneuten Machtübernahme der Taliban 2021 in Afghanistan werden vor allem Rechte von Mädchen und Frauen eingeschränkt. Der Außenminister spricht von einer "schweren Zäsur".
Seit der Machtergreifung der Taliban leiden vor allem Frauen unter deren Herrschaft. (Symbolbild)
Quelle: AFP
Am vierten Jahrestag der Machtübernahme durch die Taliban in Afghanistan hat Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) eine Achtung der Menschenrechte, insbesondere der Frauenrechte, in dem Land gefordert. Der 15. August 2021 sei gerade für Frauen und Mädchen "eine schwere Zäsur" gewesen und "der Beginn eines Lebens ohne Freiheit, ohne Perspektive auf Bildung und Arbeit", erklärte Wadephul.
Seitdem seien die Frauenrechte und Rechte von Minderheiten immer mehr beschnitten worden. Der Minister betonte:
Eine Rückkehr in die internationale Gemeinschaft kann es nur geben, wenn die Taliban endlich internationale Verpflichtungen, insbesondere die Menschenrechte der Afghaninnen und Afghanen, achten.
Johann Wadephul, Außenminister
Afghanistan unter den Taliban: Lage der Menschen prekär
Wadephul wies auch auf die prekäre Lage der Menschen in dem Land hin. "Mehr als die Hälfte der Bevölkerung - rund 23 Millionen Menschen - hat nicht ausreichend Zugang zu Nahrung, Trinkwasser oder medizinischer Versorgung", sagte er. Deutschland leiste humanitäre Nothilfe in Afghanistan "wo immer es geht" - und zwar fernab der De-facto Regierung und ausschließlich über Organisationen wie die UNO.
Mit Blick auf die Situation der noch in Pakistan verbliebenen Menschen aus den Aufnahmeprogrammen der Bundesregierung äußerte Wadephul "große Sorge". "Vielen von ihnen droht die Abschiebung. Wir stehen mit der pakistanischen Regierung deshalb hochrangig in Kontakt, um den Schutz dieser Menschen zu gewährleisten und denjenigen, die in den letzten Tagen entweder abgeschoben oder verhaftet wurden, schnell zu helfen", erklärte Wadephul.
Etliche Afghanen warten auf Ausreise nach Deutschland
Die Bundesregierung hatte nach der Eroberung Afghanistans durch die radikal-islamischen Taliban im August 2021 Aufnahmeprogramme gestartet, um besonders stark gefährdeten Afghaninnen und Afghanen dauerhaft eine Aufnahme in Deutschland aus humanitären Gründen zu ermöglichen.
Pakistan hat bereits Afghaninnen und Afghanen mit einer deutschen Aufnahmezusage festgenommen und teilweise auch schon in ihr Heimatland abgeschoben. Der Initiative Kabul Luftbrücke zufolge, die sich für die Evakuierung bedrohter Afghaninnen und Afghanen einsetzt, befinden sich etwa 2.300 Menschen mit rechtlich bindenden Aufnahmezusagen in Pakistan. Darunter sind demnach rund 1.700 Frauen und Kinder. Sie alle warten auf die Ausreise nach Deutschland.
Amnesty kritisiert Abschiebungen nach Afghanistan
Laut Amnesty International ist seit der Machtübernahme durch die Taliban das Rechtssystem in Afghanistan völlig ausgehebelt. Willkürliche Urteile, fehlende Transparenz sowie öffentliche Folter und Hinrichtungen seien seitdem an der Tagesordnung, erklärte die Menschenrechtsorganisation. Dass Deutschland Menschen nach Afghanistan abschiebe und Aufnahmezusagen nicht einhalte, sei rechtswidrig.
Niemand ist in diesem System, das einzig auf Angst und Unterdrückung setzt, sicher.
Amnesty International
Daher dürfe Deutschland nicht nach Afghanistan abschieben. Seit der Machtübernahme der Taliban hat Deutschland bislang zwei Abschiebeflüge nach Afghanistan geschickt: im Sommer vergangenen Jahres und Mitte Juli dieses Jahres.
Die Unesco forderte derweil mit Blick auf die Lage von Frauen: "In einer Zeit, in der einige versuchen, ihre Beziehungen zu den Taliban zu normalisieren, rufe ich die internationale Gemeinschaft dazu auf, sich mehr denn je für die vollständige und bedingungslose Wiederherstellung des Rechts afghanischer Frauen auf Bildung einzusetzen", sagte Unesco-Generaldirektorin Audrey Azoulay.
Quelle: AFP
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