KI soll Korruption verhindern:Albanien setzt auf virtuelle Ministerin "Diella"
Der albanische Ministerpräsident Edi Rama will eine von KI geschaffene Ministerin ins Kabinett holen. Kritik am ungewöhnlichen Vorhaben kommt aus der Opposition.
Edi Rama war Künstler, Kulturminister und ist nun der am längsten amtierende Premierminister Albaniens.
Quelle: ImagoIn der künftigen Regierung Albaniens soll ein von Künstlicher Intelligenz geschaffenes Kabinettsmitglied vertreten sein. Dies teilte Ministerpräsident Edi Rama auf seiner Facebook-Seite mit. Die "Ministerin" namens Diella, was übersetzt "Sonne" bedeutet, solle sicherstellen, dass "öffentliche Ausschreibungen zu 100 Prozent korruptionsfrei" abliefen.
Diella werde zudem staatlich finanzierte Projekte leiten und der Regierung dabei helfen, schneller und total transparent zu arbeiten.
Diella schon seit dem Frühjahr aktiv
Bereits im Frühjahr war Diella als virtuelle Assistentin auf einem Serviceportal für öffentliche Dienstleistungen gestartet. Dort hilft die Avatarin in traditioneller albanischer Volkstracht Nutzerinnen und Nutzern, sich auf der Seite zurechtzufinden.
Nun soll eine neue Aufgabe auf Diella zukommen: Rama stellte sie in seinem Post als ein "Mitglied des Kabinetts vor, das physisch nicht präsent ist, aber virtuell von Künstlicher Intelligenz kreiert wurde".
Albanien hat große Schritte im Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität gemacht. Trotzdem bleiben Probleme.
18.12.2024 | 2:24 minOpposition: KI-Ministerin als "Clownerei" des Ministerpräsidenten
Rechtsexperten erklärten indes, dass noch einiges getan werden müsse, um Diellas offiziellen Status zu bestätigen.
Der Fraktionschef der oppositionellen konservativen Demokratischen Partei, Gazment Bardhi, bezeichnete Ramis Kabinettsentscheidung als verfassungswidrig. "Aus der Clownerei des Ministerpräsidenten können keine Rechtshandlungen des albanischen Staates gemacht werden", schrieb Bardhi auf Facebook.
IT-Experte rechnet mit Fehlern der KI-Ministerin
"Dass Diella Fehler bei den Ausschreibungen machen wird, ist sicher", sagt IT-Experte Besmir Semanaj.
Künstliche Intelligenz ist ein sehr wichtiges Instrument zur Minimierung von Korruption, wenn sie richtig eingesetzt wird - aber sie ist kein Mittel, um politische Entscheidungen zu treffen.
Besmir Semanaj, albanischer IT-Experte
Die Position eines Ministers bestehe darin, politische Entscheidungen zu treffen, so Semanaj. Diella jedoch sei eher eine Agentin, die jene unterstützen könne, die sich mit Verfahren und Ausschreibungen beschäftigen. "Es wäre besser gewesen, wenn Edi Rama sie nicht als Ministerin präsentiert hätte", erklärt der IT-Experte.
ZDF-Korrespondent: "Schritt in die richtige Richtung"
"Es ist auf jeden Fall mal ein PR-Coup und erweckt internationales Interesse - man könnte auch sagen: ein klassischer Edi Rama", ordnet ZDF-Korrespondent Michael Bewerunge ein. Ein Allheilmittel sei es wohl eher nicht, schaden könne es aber auch nicht.
Wie effektiv das am Ende tatsächlich gegen Korruption wirkt, da darf man schon ein großes Fragezeichen hinter setzen.
Michael Bewerunge, Leiter des ZDF-Studios in Wien
Denn jede KI sei nur so gut wie die Vorgaben, die man ihr macht, so Bewerunge.
Trotzdem: "Im von Korruption gebeutelten Albanien ist es ein innovativer Schritt in die richtige Richtung."
In Albanien haben die Sozialisten von Regierungschef Rama die Parlamentswahlen mit knapp 52 Prozent für sich entschieden. Der Regierungschef geht damit in seine vierte Amtszeit.
14.05.2025 | 0:24 minRamas Partei gewann Parlamentswahl im Mai
Bei der Parlamentswahl im Mai hatte sich die Sozialistische Partei von Rama erneut durchgesetzt, der Regierungschef sicherte sich seine vierte Amtszeit in Folge. Seine Sozialisten können alleine regieren, brauchen aber eine Zwei-Drittel-Mehrheit für Verfassungsänderungen. Über das neue Kabinett wird im Parlament abgestimmt. Zunächst war unklar, ob Rama auch ein Votum über das virtuelle Amt von Diella beantragt.
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