Heftiger Streit im EU-Parlament:Ukraine-Krieg: Europas Mitte in der Mangel
Das EU-Parlament erlebt eine aufwühlende Debatte. Es geht um Russland und die Ukraine. Kriegsangst und Hilfeschreie prägen die Reden. Am Ende ist klar: Europa ist gespalten.
Ukraine-Unterstützer der Mitte gegen Putin-Versteher von links und rechts: Aufwühlende Debatte im EU-Parlament.
Quelle: ReutersMorgens um 9 Uhr steht Europa bereits am Abgrund. Normalerweise plätschern Debatten im Straßburg- Parlament vor sich hin. Diesmal nicht. Diesmal geht es um alles, um Frieden, um Krieg, um die Ukraine, um Russland. Die Untergangszenarien wehen durch den Saal.
Als erster tritt Ungarns Europaminister Janos Boka ans Pult. Das Land hat immer noch die EU-Ratspräsidentschaft inne. Ungarn stemmt sich gegen die Ukraine-Hilfe. Viktor Orbans Mann in Brüssel spricht von der Internationalisierung des Konfliktes. Die große Sorge in der EU: Russland befeuert den Krieg in der Ukraine. Nordkoreanische Soldaten, jemenitische Söldner, iranische Drohen, chinesische Technik - alle im Einsatz für Moskau. Die Achse der Autokraten greift die freie Welt an.
Die G7-Außenminister treffen sich in angespannten Zeiten: Nach der Wahl Trumps ist Amerikas künftige Rolle in der Weltpolitik ungewiss. Die Ukraine drängt auf Unterstützung.
26.11.2024 | 2:46 min
Der Feind der Rechtspopulisten heißt nicht Putin
Auch im EU-Parlament ist dieser Angriff zu spüren. Und er hat seine Lautsprecher. Die Rechtspopulisten fühlen sich durch die letzten Wahlsiege in den Nationalparlamenten und bei der Europa-Wahl im Aufwind. Sie nutzen die Debatte, um Ängste zu schüren.
So tut es auch Jean-Paul Garraud, ein Franzose. Er vertritt die Partei der Rechtspopulistin Le Pen im Parlament. Den scheidenden US-Präsidenten Joe Biden beschreibt er als Kriegstreiber, weil dieser den Ukrainern erlaubt, mit amerikanischen Raketen Kampfstellungen auf russischem Gebiet anzugreifen. Biden dränge den Westen in einen nuklearen Krieg. Von Putin sagt er nichts. Das Feindbild ist klar.
Beim Nato-Ukraine-Rat in Brüssel sei deutlich geworden, wie groß die Sorge der Nato-Länder mit Blick auf den Krieg in der Ukraine ist, so ZDF-Korrespondent Ulf Röller.
26.11.2024 | 2:44 minWeltkriegsszenarien von rechts und von links
In Minutentakt gehen die Rechtspopulisten an das Mikrofon und geben sich als Putin-Versteher. Höhepunkt der Abgeordnete Petr Bystron von der AfD. Schon länger steht er im Verdacht, Geld aus Russland angenommen zu haben. Der Krieg sei vorbei, sagt er. Denn Donald Trump habe die Wahl gewonnen. "Es ist Schluss mit weiteren Waffenlieferungen." Dann spricht er die Unterstützer der Ukraine im Parlament direkt an:
Sie wollen uns in einen dritten Weltkrieg hineinziehen.
Petr Bystron, AfD
Vor Bystron hat die Abgeordnete Özlem Demirel von der Linken gesprochen. Sie klingt wie das Echo von der AfD, wenn sie das Bild des dritten Weltkrieges an die Wand malt. Auch sie spricht der demokratischen Mitte im Parlament die moralische Legitimität ab. "Ihnen geht es nicht um den Frieden", und zeigt mit dem Finger auf die Konservativen, die Sozialdemokraten und Grünen. Es gehe bei diesem Konflikt um den Kampf der Großmächte und um Einfluss.
In der Nacht kam es zu massiven gegenseitigen Drohnenangriffen von Russland und der Ukraine.
24.11.2024 | 1:28 minTrump-Wahl wirkt wie Doping auf die Extremisten
Europas Mitte wird von den stärker werdenden extremen Rändern im Parlament in die Mangel genommen. Die Trump-Wahl wirkt wie Doping auf die Extremisten. Den Zeitgeist wähnen sie auf ihrer Seite. Die USA erleben seit Jahren eine Polarisierung. In Europa kommt sie nun an. Der Ukraine-Krieg wird dafür zum Symbol-Thema. Er wirbelt alte Gewissheiten durcheinander.
Die Friedenspartei, die Grünen verteidigen am lautstärksten die Hilfe für die Ukraine. Der grüne Abgeordnete Sergey Lagodinsky appelliert an Trump, die Ukraine nicht zu vergessen - und brüllt in den Saal:
Wir stehen an der Seite der Ukraine, egal wie uns Rechts und Links beschimpfen.
Sergey Lagodinsky, Grüne Fraktion
Trump als Retter der Ukraine? Die Hoffnung stirbt zuletzt. 80 Wortmeldung hat es im Parlament gegeben. Und nicht alle, die reden wollten, kamen zu Wort. Nach gut zwei Stunden ist die Debatte zu Ende. Mit einer Erkenntnis. Europa ist gespalten. Da freut sich die Achse der Autokraten. Der Ukraine-Krieg schlägt Wunden in Europa.
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