Das Social-Media-Verbot in Nepal sorgt weiterhin für Unruhen

Droht dem Land Chaos?:Nach schweren Unruhen: So ist die Lage in Nepal

von Thomas Gill
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Obwohl die Regierung das Social-Media Verbot zurückgenommen hat, gehen die Proteste im Himalaya-Staat weiter. Der Rücktritt des Premiers reicht den jungen Demonstrierenden nicht.

Proteste in Nepal

dpatopbilder - 10.09.2025, Nepal, Kathmandu: Nach Protesten sieht man verbrannte Fahrzeuge in einem Ausstellungsraum. Foto: Skanda Gautam/ZUMA Press Wire/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Quelle: dpa

Soldaten patrouillieren in den Straßen der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu. Passanten und Fahrzeuge werden angehalten und kontrolliert. Lautsprecher-Ansagen fordern die Bevölkerung auf, in den Wohnungen zu bleiben. Es herrscht eine strikte Ausgangssperre. An diesem Mittwochmorgen sind die Überreste der eskalierten Proteste noch überall sichtbar: verbrannte Autos, verkohlte Mopeds, geplünderte Supermärkte, in Brand gesteckte Wohnhäuser nepalesischer Regierungsmitglieder. Über dem Parlamentsgebäude hängen noch Rauchschwaden. Demonstranten hatten das Gebäude am Abend gestürmt und völlig verwüstet.

NEPAL-POLITICS-UNREST

Trotz des Rücktritts von Premierminister Oli reißen die Massenproteste in Nepal nicht ab. Tausende gingen erneut auf die Straßen, setzten das Parlamentsgebäude in Brand.

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Social-Media-Verbot zurückgenommen

Auslöser für die Wut der vor allem jungen Nepalesinnen und Nepalesen war das umstrittene Social-Media-Verbot. Anfang des Monats hatte die nepalesische Regierung angekündigt, 26 Apps und Webseiten, darunter Facebook, Instagram, X, Whatsapp und YouTube zu sperren. Begründung: die Plattform-Betreiber seien nicht ordnungsgemäß registriert und angemeldet gewesen. Zehntausende gingen danach Anfang der Woche auf die Straße. In Kathmandu, aber auch anderen Städten Nepals. Die meist jungen Demonstranten sahen in dem Gesetz den Versuch der Zensur, um die immer lauter werdende Kritik an der Regierung zum Schweigen zu bringen.

Tote und Verletzte bei Demonstrationen

Als Demonstranten am Montag versuchten, das Regierungsgebäude zu stürmen, reagierte die Polizei mit Wasserwerfern und Tränengas, aber auch scharfer Munition. Mittlerweile sind mehr als 20 Menschen getötet worden, mehrere hundert sollen verletzt worden sein.

Social Media Apps auf Smartphone

Social Media hat auch Freundschaften im realen Leben verändert. "Social Clubs" wollen das ändern, indem sie Menschen wieder zusammenbringen und neue Freundschaften ermöglichen.

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Als Konsequenz trat Nepals Regierungschef Khadga Prasad Sharma Oli zurück und auch die Social-Media-Dienste wurden wieder freigegeben. Doch die Dynamik der Proteste konnte das nicht stoppen, denn die Unzufriedenheit reicht sehr viel tiefer. Sie zielt auf die politische Klasse als Ganzes, die - so die Kritik - den Staat zunehmend als Selbstbedienungsladen ausgenutzt hätte. Nepals kommunistische Partei von Sharma Oli war seit Jahren an der Macht beteiligt, die Kritik über die desolate Wirtschaft und die hohe Jugendarbeitslosigkeit saßen die Politiker in Kathmandu einfach aus. Die Demonstranten fordern einen demokratischen Wandel, mehr wirtschaftliche Perspektive und ein Ende der Korruption und Vetternwirtschaft.

Korruption und Vetternwirtschaft

Die Ausgangssperre soll vorerst bis heute Nachmittag gelten, hat das Militär angekündigt und unterstrich gleichzeitig, den unbedingten Willen Ruhe und Ordnung wiederherzustellen. Vandalismus, Plünderungen, Brandstiftung oder Angriffe auf Personen oder Eigentum "im Namen der Proteste" würden als Verbrechen bestraft.

Nepal: Vor dem Parlamentsgebäude in Kathmandu kommt es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei.

Bei Protesten gegen die Blockade von sozialen Medien sind in Nepal mehr als ein Dutzend Menschen gestorben. Der Ministerpräsident kündigt seinen Rücktritt an.

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Der rasante Absturz ins Chaos hat viele schockiert. UN-Flüchtlingskommissar Volker Türk zeigte sich "entsetzt über die eskalierende Gewalt in Nepal." Demonstranten hätten das Recht, so Türk in Genf, ihre politische Frustration und ihre Beschwerden über Korruption und das Verbot von Social-Media-Plattformen friedlich zum Ausdruck zu bringen.

Die Welt hat Nepals Entwicklung von einem Konfliktland zu einer friedlichen Demokratie bewundert.

Volker Türk / UN-Flüchtlingskommissar

Der Frust der Generation Z

Sandesh Pathak hat die Proteste unterstützt: der junge Mann bringt die Hoffnungen der großen Mehrheit auf den Punkt: " Bislang hatten die politischen Parteien Einfluss."

Ich hoffe, sie haben ihre Lektion gelernt, dass das Land und die Bürger über allem stehen.

Sandesh Pathak

Der Ruf nach einer Übergangsregierung wird jetzt lauter. Die jungen Protestierenden der Gen-Z wollen Sushila Karki als neue Premierministerin. Sie war die erste Frau Nepals, die jemals zur Obersten Richterin ernannt wurde. Während ihrer Amtszeit hatte sich die Juristin für die Unabhängigkeit der Justiz eingesetzt. Sushila Karki gilt als mutig und integer.

Ein Mädchen sitzt auf der Couch und guckt in das Tablet ihrer Eltern.

Viele Kinder surfen stundenlang ungeschützt im Netz. Eine Petition fordert nun ein Verbot sozialer Medien für unter 16-Jährige. Der Bundestag will bald darüber beraten.

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