UN-Konferenz: Globales Abkommen gegen Plastikmüll gescheitert

UN-Konferenz in Genf:Globales Abkommen gegen Plastikmüll gescheitert

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Mehr als zehn Tage wurde in Genf verhandelt. Jetzt ist klar: ohne Ergebnis. Die Teilnehmer der UN-Konferenz konnten sich nicht auf einen abschließenden Vertragstext einigen.

Inger Andersen vor einem Podest, vermutlich eine Rede haltend
Ein globales Plastikabkommen der Vereinten Nationen ist gescheitert. 180 Staaten konnten sich nicht auf ein Abkommen einigen, welches auf weltweit weniger Plastikmüll abzielt.15.08.2025 | 1:33 min
Die Einigung auf ein globales Abkommen gegen Plastikmüll ist vorerst gescheitert. Rund 180 Länder konnten sich nach drei Jahren Verhandlungen in der Abschlusswoche in Genf nicht auf einen Vertragstext einigen, wie mehrere Delegationen nach nächtlichen Konsultationen bei der abschließenden Plenarsitzung am frühen Freitagmorgen sagten. Wie es weitergeht, blieb zunächst unklar.
Elisa Miebach schaut in die Kamera
Die Verhandlungen über ein Abkommen zur Eindämmung von Plastikmüll der Vereinten Nationen ist gescheitert. ZDF-Reporterin Elisa Miebach spricht über die Hintergründe und Folgen für die Zukunft.15.08.2025 | 3:31 min
Schon am Mittwoch war klar, dass die Positionen der Länder so weit auseinanderliegen wie eh und je. Ein Vertragsentwurf, aus dem praktisch alle bindenden Verpflichtungen gestrichen waren, wurde von Dutzenden Ländern zurückgewiesen. Auch ein neuer Entwurf vom Freitagmorgen fand keine einhellige Zustimmung, wie der Konferenzvorsitzende sagte.

Kein Abkommen ist in diesem Fall besser als eines, das den Status quo auf UN-Ebene zementiert, anstatt eine echte Lösung für die Plastik-Krise zu sein.

Florian Tize, Umweltstiftung WWF

Ein allgemeiner Blick auf den Versammlungssaal zu Beginn der Verhandlungen über das Kunststoffabkommen in den Büros der Vereinten Nationen in Genf am 5. August 2025.
In Genf wird über ein Abkommen gegen Plastikmüllverschmutzung verhandelt. Die Vertreter von 184 Staaten haben jedoch teils sehr unterschiedliche Auffassungen für Lösungsansätze.14.08.2025 | 2:34 min

Die unversöhnlichen Positionen

Auf der einen Seite stehen mehr als 100 Länder mit besonders ehrgeizigen Zielen (High Ambition Coalition), die eine Beschränkung der Produktion auf ein nachhaltiges Niveau fordern. Dazu gehören Deutschland, die EU und Dutzende Länder in Südamerika, Afrika und Asien.
Sie wollen auch Einwegplastik wie Becher oder Besteck aus dem Verkehr ziehen, Plastikprodukte zur Mehrfachverwendung und eine Kreislaufwirtschaft fördern, bei der die Rohstoffe eines Produkts aufbereitet und erneut verwendet werden.

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Symbolbild für die Story zum Thema wie Müll recycelt wird. Auf dem Bild sind zwei Personen zu sehen, die an einer gelben Tonne stehen.

Vertragssuche läuft seit rund drei Jahren

Auf der anderen Seite stehen vor allem die Länder, die den Rohstoff für das Plastik haben: Öl. Darunter sind Saudi-Arabien, der Iran und Russland. Sie nennen sich Gruppe der Gleichgesinnten (Like-Minded Group). Diese Länder möchten sich weitgehend auf ein besseres Abfallmanagement beschränken.

"Im Plenum machen die meisten Staaten ihrer Enttäuschung Luft, dass es hier nicht zu einer Einigung kam. Der letzte Textvorschlag des Verhandlungsleiters ist für viele Staaten inakzeptabel, weil er nicht ehrgeizig genug ist, gerade was die Begrenzung der Plastikproduktion betrifft. Einige Staaten hatten ein ambitioniertes Ergebnis wiederholt blockiert. Es ist nun unklar, wie es weitergeht. Werden die Verhandlungen komplett scheitern oder wird es eine nächste Konferenzrunde geben?"

Elisa Miebach ist Reporterin der ZDF-Umweltredaktion und berichtet von der UN-Konferenz in Genf.

Der Auftrag, den die UN-Länder sich selbst 2022 gegeben hatten, war eigentlich klar: Im Mandat heißt es, der rechtsverbindliche Vertrag soll den ganzen Lebenszyklus des Plastiks umfassen, von der Produktion über das Design bis zur Entsorgung.
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Deutschland ist enttäuscht und will weiter verhandeln

Am Morgen hat sich dann das Bundesumweltministerium gemeldet und weitere Verhandlungen gefordert. Der deutsche Verhandlungsführer und Staatssekretär im Umweltministerium, Jochen Flasbarth, erklärte:

Augenscheinlich braucht es mehr Zeit, um zum Ziel zu gelangen. Daher lohnt es sich, weiter zu verhandeln

Jochen Flasbarth, Bundesumweltministerium

Die Verhandlungen in Genf hätten "nicht das Abkommen gebracht, das wir brauchen, um Plastikverschmutzung weltweit einzudämmen". Flasbarth fügte hinzu: "Das ist enttäuschend."
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Hunderte Tonnen Plastikmüll pro Jahr

Es gibt zahlreiche Zahlen zur Verschmutzung. Die folgenden stammen aus dem deutschen Umweltministerium: Die Kunststoffproduktion habe sich von den 1970er Jahren bis 2020 auf 367 Millionen Tonnen im Jahr versiebenfacht und könnte ohne Maßnahmen bis 2050 fast 600 Millionen Tonnen im Jahr erreichen.

Plastik vermüllt Meere und Umwelt und vergiftet Ökosysteme, tötet Fische und andere Lebewesen und gefährdet die menschliche Gesundheit. Kleinste Partikel werden vermehrt in Organen und auch im Gehirn gefunden. Die Nano- und Mikroplastikpartikel beeinträchtigen nach Studien unter anderem das Immunsystem, können sich in Arterien absetzen und fördern Entzündungen.

Quelle: dpa

Einen großen Teil machen demnach Einwegprodukte aus, darunter Verpackungen. Insgesamt seien bislang 8,3 Milliarden Tonnen Kunststoff produziert und davon 6,3 Milliarden Tonnen zu Abfall geworden, der großenteils auf Deponien landete. In Flüssen und Ozeanen haben sich nach Schätzungen weltweit 152 Millionen Tonnen Plastikabfälle angesammelt.

Grafikvideo
:Mikroplastik: Entstehung und Verteilung im Körper

Aus großen Plastikteilen werden mit der Zeit winzige Partikel, zum Beispiel durch Wasserreibung und UV-Licht. Wie sich Mikroplastik gesundheitlich auswirkt, wird erst erforscht.
von Delia Thomas
Grafiken erklären Entstehung und Verteilung des Mikroplastiks
Grafiken
Quelle: dpa

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