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Erleichterung in Europa:Rumänien-Wahl: Proeuropäer Dan gewinnt
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Der Proeuropäer Nicusor Dan wird neuer rumänischer Staatspräsident. Von Paris bis Kiew sorgte das für Freude und Erleichterung, auch aus Brüssel kamen Glückwünsche.
Rumänien hat sich am Sonntag für Europa entschieden: Bei der Stichwahl um das Präsidentenamt lag der proeuropäische Kandidat Nicusor Dan nach Auszählung fast aller Stimmen uneinholbar vor dem ultrarechten George Simion.
Nach Auszählung von mehr als 90 Prozent der Stimmzettel kam der unabhängige Bukarester Bürgermeister Dan auf fast 54 Prozent der Stimmen.
Ultrarechter Simion war der Favorit
Der ultrarechte Simion, der als Favorit in die Stichwahl der wiederholten Präsidentenwahl gegangen war, erhielt rund 46 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung war bei der Stichwahl mit 65 Prozent höher als in der ersten Runde vor zwei Wochen, als sie 53 Prozent betrug.
Der rumänische Politologe Sergiu Miscoiu bezeichnete die hohe Beteiligung als "fast beispiellos und geprägt von einem Aufschwung der Demokratiebefürworter". Der Nachrichtenagentur AFP sagte er:
Noch nie ist eine Wahl so entscheidend gewesen, mit so offensichtlichen geopolitischen Auswirkungen.
Sergiu Miscoiu, rumänischer Politologe
Wahlausgang für Europa von großer Bedeutung
Von Paris bis Kiew zeigten sich europäische Politiker erleichtert. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schrieb bei X, die Rumänen hätten mit der Entscheidung für Dan "das Versprechen eines offenen, wohlhabenden Rumänien in einem starken Europa gewählt".
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron rief seinen künftigen neuen Kollegen in Bukarest an, wie er bei X mitteilte. Die Rumänen hätten "trotz zahlreicher Manipulationsversuche (...) den Weg der Demokratie" gewählt. Glückwünsche kamen auch vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sowie aus der ebenfalls von Russland bedrängten Republik Moldau.
Zunächst erklären sich beide Kandidaten zum Sieger
Obwohl bereits Nachwahlbefragungen einen deutlichen Vorsprung für Dan gezeigt hatten, erklärten sich unmittelbar nach der Wahl beide Kandidaten zum Sieger. Im Hauptquartier des Pro-Europäers Dan in einem Park in Bukarest verkündete der 50-Jährige "den Sieg einer Gemeinschaft von Rumänen, die sich nach einem tiefgreifenden Wandel sehnen". Vor seinen Anhängern, die "Europa" und "Einheit" skandierten, sagte er:
Lasst uns diesen Abend genießen und ab morgen Rumänien wieder aufbauen.
Nicusor Dan, designierter rumänischer Präsident
Gleichzeitig erklärte sich Simion vor dem Parlament zum "neuen Präsidenten Rumäniens" und prangerte Wahlbetrug an. "Wir sind die klaren Sieger dieser Wahl und erklären im Namen des rumänischen Volkes unseren Sieg", sagte der Anhänger von US-Präsident Donald Trump vor einer jubelnden Menge.
In der Nacht zu Montag räumte der 38-Jährige jedoch seine Niederlage ein. "Ich möchte meinem Gegner, Nicusor Dan, gratulieren", sagte Simion in einem auf Facebook veröffentlichten Video.
Er hat die Wahl gewonnen, und das war der Wille des rumänischen Volkes.
George Simion, Wahlverlierer in Rumänien
Simion hatte in der ersten Runde der wiederholten Präsidentenwahl fast 41 Prozent der Stimmen geholt, Dan rund 21 Prozent.
Rumänien seit Monaten in politischer Krise
Im November hatte der zuvor weitgehend unbekannte Rechtsradikale Calin Georgescu überraschend die erste Runde der Präsidentenwahl gewonnen. Das Verfassungsgericht erklärte den Urnengang jedoch wegen des Verdachts der Wahleinmischung durch Russland für ungültig, Georgescu wurde von der Wiederholungswahl ausgeschlossen. An seiner Stelle trat Simion als Kandidat des rechten Lagers an.
Das Außenministerium deckte eigenen Angaben zufolge auch bei der Stichwahl wieder eine Desinformationskampagne auf, die "Hinweise auf Einmischung durch Russland" aufweise. "Während der laufenden Wahl in Rumänien sehen wir erneut typische Merkmale russischer Einmischung", erklärte der Sprecher des rumänischen Außenministeriums in Onlinedienst X vor Schließung der Wahllokale.
Eine virale Kampagne mit Falschinformationen auf Telegram und anderen sozialen Medien zielt darauf ab, den Wahlprozess zu beeinflussen.
Rumänisches Außenministerium
Angespannte Stimmung am Wahltag
Zuvor hatte der Gründer des Messengerdienstes Telegram, Pavel Durov, erklärt, dass Frankreich sich in die Wahl eingemischt und Telegram gebeten hatte, "konservative Stimmen in Rumänien vor den heutigen Präsidentschaftswahlen zum Schweigen zu bringen". Das französische Außenministerium wies die Anschuldigungen zurück und erklärte bei X, die Vorwürfe seien "Ablenkungstaktik angesichts der realen Einmischungsversuche gegen Rumänien".
Quelle: dpa, Reuters
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