Streit um Journalisten: Moskau bestellt deutschen Botschafter ein
Streit um Journalisten:Moskau bestellt deutschen Botschafter ein
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Der diplomatische Streit zwischen Berlin und Moskau spitzt sich zu: Russland beklagt Hetze gegen Journalisten und will Kandidaten für Vergeltungsmaßnahmen auswählen.
Alexander Graf Lambsdorff ist seit August 2023 deutscher Botschafter in Russland.
Quelle: Imago
Im Streit um den Umgang mit Korrespondenten russischer Staatsmedien in Deutschland ist der deutsche Botschafter in Moskau einbestellt worden. Das russische Außenministerium berief Alexander Graf Lambsdorff ins Ministerium, "um ihn über Vergeltungsmaßnahmen als Reaktion auf die Verfolgung russischer Journalisten zu informieren", wie ein Ministeriumssprecher der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass sagte.
Lambsdorff verließ das Außenministerium nach rund zwei Stunden. Die deutsche Botschaft teilte nach dem Treffen mit, Außenamtssprecherin Maria Sacharowa habe "die Gelegenheit genutzt, um dem Botschafter ihre Sicht auf aufenthaltsrechtliche Vorgänge darzulegen, die russische Journalisten in Deutschland betreffen". Der Botschafter habe die Ausführungen zur Kenntnis genommen.
Bereits im Oktober 2024 hatte Moskau den deutschen Botschafter einbestellt: Damals ging es um russische Vorwürfe wegen eines neuen Nato-Ostseekommandos in Rostock - Deutschland widersprach. Ein "bisher beispielloser diplomatischer Schlagabtausch", so ZDF-Korrespondent Kynast. 23.10.2024 | 2:46 min
Zugleich habe Lambsdorff auf Schwierigkeiten hingewiesen, denen deutsche Journalisten in Russland ausgesetzt seien. Dabei habe er auch eine Liste mit Beispielen "für Verhalten der russischen Behörden gegenüber deutschen und anderen ausländischen Korrespondenten, das dem allgemeinen Verständnis der Pressefreiheit zuwiderläuft", übergeben.
Russischer Medienvertreter soll Deutschland verlassen
Hintergrund ist der Streit um die Behandlung von Korrespondenten russischer Staatsmedien in Deutschland. Konkret geht es in dem Fall um den Vertreter einer kremlnahen Medienholding, die in der EU auf der Sanktionsliste steht. Die Aufenthaltspapiere des Mannes waren ausgelaufen. Das Landesamt für Einwanderung in Berlin weigert sich, diese zu verlängern. Er soll Medienberichten zufolge in der zweiten Augusthälfte Deutschland verlassen.
Die Pässe der Ehefrau und der Tochter seien ebenfalls in Verwahrung genommen worden, teile ein Sprecher der Behörde auf Anfrage mit. Der Mann selbst beklagte in russischen Medien eine Hausdurchsuchung.
Mit Zensur, Desinformation und Druck auf Andersdenkende kontrolliert der Kreml die Stimmung im Land. Seit dem Angriff auf die Ukraine hat sich die Gleichschaltung verschärft.05.12.2022 | 43:45 min
Es werde in Deutschland alles getan, damit russische Journalisten das Land verlassen, hatte die russische Außenamtssprecherin Maria Sacharowa am Donnerstag gesagt. Deutschland weigere sich, seinen Verpflichtungen zum Schutz von Pressefreiheit und Meinungsvielfalt nachzukommen, hatte sie erklärt und kündigte "Gegenmaßnahmen" an.
Auswärtiges Amt weist Vorwürfe zurück
Das Auswärtige Amt in Berlin wies Vorwürfe Russlands zum Umgang deutscher Behörden mit Korrespondenten russischer Staatsmedien zurück.
Im Gegensatz zur immer schärferen russischen Repression gegen Journalistinnen und Journalisten gelten in Deutschland rechtsstaatliche Prinzipien und Pressefreiheit.
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Mitteilung des Auswärtigen Amts
Das habe auch der deutsche Botschafter im russischen Außenministerium in aller Klarheit unterstrichen.
Offiziell ist der Sender RT Deutschland verboten. Trotzdem erreicht die russische Propaganda viel Menschen. Welche Wirkung haben russische Fake-News und tut die EU genug dagegen?17.11.2022 | 34:35 min
Diplomatischer Streit um Journalisten nicht neu
Auf dem Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg hatte Sacharowa vergangene Woche bereits mit Strafmaßnahmen gegen deutsche Journalisten gedroht. In einem Interview erklärte sie, dass jetzt unter den deutschen Journalisten Kandidaten ausgewählt werden, die in Moskau arbeiten.
Im November 2024 hatte Russland wegen eines ähnlichen Streits bereits zwei ARD-Mitarbeiter ausgewiesen. Damals war die Aufenthaltsgenehmigung von zwei für das russische Staatsfernsehen arbeitenden Männern in Berlin nicht verlängert worden.
Als Reaktion auf das Aufenthalts- und Arbeitsverbot für einen Korrespondenten von Channel One hatte Russland im November die Ausweisung von zwei ARD-Mitarbeitern aus Moskau bekanntgegeben.28.11.2024 | 1:49 min
Einbestellung drückt Unmut aus
Mit der förmlichen Einbestellung eines Botschafters signalisiert die Regierung des Gastlandes eine deutliche Verstimmung. Sacharowa äußerte scharf formulierte Vorwürfe:
Das, was jetzt in Deutschland von den Behörden gegen russische Journalisten und Medien veranstaltet wird, ist schon grenzenloser Zynismus und ein Verstoß gegen alle auf sich genommenen Verpflichtungen.
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Maria Sacharowa, russische Außenamtssprecherin
Es werde Druck ausgeübt, Hetze und Propaganda betrieben, um russische Journalisten verächtlich zu machen, klagte sie. Dies betreffe nicht nur Journalisten selbst, sondern inzwischen auch deren Familien.