Weniger Touristen, mehr Angst: Reiserückgang trifft US-Wirtschaft

Weniger Touristen in den USA:Angst und Protest: Trump sorgt für Reise-Flaute

von Susanne Lingemann, New York
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Die USA galten jahrzehntelang als Sehnsuchtsziel. Doch aus Protest gegen Donald Trumps Politik meiden viele Ausländer die Vereinigten Staaten.

Mann sieht Polarlichter an
Seit Donald Trump US-Präsident ist, reisen weniger Menschen in die USA. Im Mai waren es nach Zahlen der US-Handelsbehörde fast 20 Prozent weniger - im Juni knapp vier Prozent.10.07.2025 | 1:40 min
Renée Rewiski ist lizenzierte Stadtführerin in New York City. Seit 16 Jahren führt sie Gäste durch Manhattan. Doch was früher 20 bis 24 Touren im Monat waren, sind jetzt nur noch zwei. "Dieses Jahr ist es furchtbar, wir haben im Schnitt 75 Prozent weniger Teilnehmer", sagt sie. Besonders Europäer und Kanadier bleiben aus Protest gegen Donald Trump weg, so Rewiski.

Ich höre von Freunden in Europa, dass die Leute die USA boykottieren.

Renée Rewiski, Stadtführerin

Von Kanadiern wisse sie, dass sie dasselbe tun, so Rewiski. Auch viele Souvenirverkäufer in Manhattan spüren den Rückgang. Jeffrey Norkunas, der seit Jahren einen Stand in Midtown betreibt, sagt: "Normalerweise füllen wir den Stand drei- bis viermal am Tag auf. Jetzt bleibt die Straße oft 20, 30 Minuten leer." Tourbusse haben ihre Fahrten um 20 Prozent gesenkt.
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Pickleball spielen, Haare schneiden, Wildkräuter sammeln – ZDF-Korrespondentin Nicole Albrecht erlebt den Central Park von seinen ungewöhnlichsten Seiten und zeigt, wie vielfältig New Yorks berühmtester Park wirklich ist.06.06.2025 | 4:28 min

New York verliert Millionen Besucher

"Trump Slump" (deutsch: Trump-Flaute) nennen US-Medien und etwa der World Travel & Tourism Council diesen Effekt, ausgelöst durch politische Spannungen, Visa-Sorgen und eine generelle Unsicherheit über den Zustand der USA.
"Wir mussten unsere Prognose für 2025 von 67 auf 64 Millionen Besucher herunterschrauben, vor allem wegen eines Rückgangs von zwei Millionen internationalen Gästen", erklärt die U.S. Travel Association in Washington. Und gerade Gäste aus dem Ausland geben demnach im Schnitt achtmal mehr Geld aus als inländische Touristen: "Im vergangenen Jahr ließen 64 Millionen Besucher insgesamt 71 Milliarden Dollar in der Stadt - die Hälfte kam von Gästen aus dem Ausland."

Kultureinrichtungen spüren Einbruch

Auch in der Kulturszene macht sich der Rückgang bemerkbar. Die Metropolitan Opera verkaufte in der vergangenen Saison nur 70 Prozent ihrer Karten. "In den letzten Monaten der Saison haben wir deutlich weniger Tickets verkauft als erwartet - wegen des Rückgangs an Touristen", sagt Peter Gelb, der Intendant des Opernhauses. Vor der Corona-Pandemie kamen rund 20 Prozent der Ticketkäufe aus dem Ausland, heute seien es nur die Hälfte. Dabei war die Oper auf dem Weg, das Vor-Corona-Niveau wieder zu erreichen.

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Angst, Druck und politische Manöver: Trumps Amtsantritt hat Auswirkungen auf die Hochschulen. An der Columbia-Universität in New York gab es Festnahmen und Visa-Entzug.
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USA: Touristen mit gemischten Gefühlen

Einige, die dennoch kommen, tun dies mit gemischten Gefühlen.

Wenn die Reise nicht so lange geplant gewesen wäre, hätte ich keine Lust gehabt - wegen der politischen Lage.

Edmund Gerstl, Tourist aus Österreich

Marta, eine Touristin aus Spanien ergänzt: "Ich unterstütze die Politik der Regierung hier überhaupt nicht. Aber gleichzeitig leben die Menschen ja vom Tourismus."
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Neue Gesetze, öffentliche Hetze und Zensur: Minderheiten erleben derzeit überall in den USA eine politische und gesellschaftliche Gegenbewegung – selbst in New York.21.05.2025 | 6:33 min

Milliardenschaden für die US-Wirtschaft

Die ganze Reisebranche scheint verunsichert. Statt eines erwarteten Zuwachses von neun Prozent bei internationalen Einreisen rechnet man nun mit einem Rückgang von zehn Prozent. Laut einer Prognose der Investmentbank Goldman Sachs könnte das Bruttosozialprodukt dadurch um 0,3 Prozent schrumpfen - das entspräche einem volkswirtschaftlichen Schaden von 71 Milliarden Dollar. Julie Coker vom Tourismusbüro in New York bleibt dennoch optimistisch: "Das dominante Gefühl bei vielen potenziellen Besuchern ist momentan Angst. Aber ich sage: New York ist so fantastisch wie immer - vielfältig, einladend und innovativ. Wir müssen Vertrauen zurückgewinnen."
Die Reiseführerin Renée Rewiski führt an diesem Tag nur zwei Amerikaner über die Brooklyn Bridge. So sehe dann wohl "America first" aus, meint sie. Das damit verbundene Versprechen des Präsidenten geht für sie so nicht auf.
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