Abschiebungen in den USA: Wie Tausende festgenommen werden

Deportationen in den USA:Die Million-Dollar-Abschiebemaschinerie

Elmar Theveßen
von Elmar Theveßen
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Täglich werden tausende Menschen festgenommen und in Abschiebegefängnisse gebracht. Mit staatlichen Geldern entsteht eine Abschiebemaschinerie, wie es sie in den USA noch nie gab.

Drei Männer in Uniform vom ICE halten auf Straße in Los Angeles liegenden Mann fest
Trumps Versprechen von Massendeportationen wird in den USA zur Realität. Doch die brutalen Methoden der Einwanderungsbehörde stoßen auf immer mehr Widerstand im Land.18.07.2025 | 21:06 min
Wer bereit ist, gegen Geld sein Gewissen auszuschalten, hat derzeit beste Jobaussichten. Zum Beispiel als Wärter in "Alligator Alcatraz", wie Donald Trump und seine Anhänger das Abschiebelager mitten in den Sümpfen von Florida nennen - 26 Dollar Stundenlohn, deutlich höher als in herkömmlichen US-Gefängnissen. Jede Überstunde bringt sogar 39 Dollar ein. Dafür muss man Menschen in Käfigen beaufsichtigen, 32 in jeder Zelle mit dichtgedrängten Etagenbetten.
Bis zu 3.000 Gefangene sollen so untergebracht werden. Alle paar Tage führt man sie zu den Duschen, in denen die Luft schwirrt voller Moskitos. Die Toiletten laufen schnell über. Die Klimaanlage in den Zelten fällt immer wieder aus. So berichten Augenzeugen der US-Zeitung "Washington Post".
Donald Trump als Schatten mit erhobenen Händen, dahinter Weltkugel mit zerfetzter US-Flagge, unten Schriftzug: Der Trump Effekt - Eure Fragen, unsere Antworten, auslandsjournal - der Podcast
Fanatische Trump-Fans, mediale Doppelmoral, europäische Schwäche und autoritäre Verlockung: Unsere Korrespondent*innen beantworten die Fragen der Hörerinnen und Hörer.15.07.2025 | 68:18 min

US-Zeitung macht Inhalte interner Dokumente öffentlich

Die Trump-Administration bestreitet alle Vorwürfe und behauptet, dass im Camp nur Schwerverbrecher und Intensivtäter auf ihre Abschiebung warteten. Aber nach Recherchen des "Miami Herald" belegen interne Dokumente, dass viele der Häftlinge Zuwanderer sind, die seit einem illegalen Grenzübertritt keine Straftat begangen haben.
Einige sollen sogar dauerhafte Aufenthaltsgenehmigungen oder die amerikanische Staatsbürgerschaft haben.

Regierung in den USA nutzt Geld aus Hilfsfonds

Sie alle schmachten jetzt in den Zelten im Internierungslager in den Everglades, in denen es von Alligatoren und Schlangen wimmelt. Die Trump-Administration und die Staatsregierung von Florida lassen sich das einiges kosten: 1.000 Mitarbeiter, Personal- und Betriebskosten von 450 Millionen Dollar im Jahr. Für den Bau wurden Gelder aus Hilfsfonds für Katastrophenfälle wie Hurrikans und Hochwasser zweckentfremdet.
schwer bewaffnete Soldaten, die an der Grenze zwischen Mexiko und den USA patroullieren
Trump macht Ernst. Die Grenze zu Mexiko ist dicht, Migranten stranden in Notunterkünften. In den USA müssen illegale Einwanderer Abschiebungen fürchten.29.01.2025 | 10:11 min

Lager erinnern an Zweiten Weltkrieg

Das Modell "Alligator Alcatraz" soll auf andere Bundesstaaten übertragen werden. All das erinnert an die Internierungslager, in denen die USA während des Zweiten Weltkriegs Menschen japanischer Abstammung einsperrten, 120.000 zwischen 1941 und 1945. Die jetzige Regierung will Camps bauen, in denen jederzeit insgesamt 120.000 Abschiebehäftlinge "gehalten" werden sollen.

Donald Trump: Eine Million Abschiebungen pro Jahr

Für Deportationsgefängnisse stehen seit Verabschiedung der "Big Beautiful Bill", wie Trump das Gesetz nennt, insgesamt 45 Milliarden Dollar zur Verfügung. Der Präsident hat versprochen, pro Jahr mindestens eine Million Menschen abzuschieben. Um sie zu finden, kann Trump Personal und Ausrüstung von ICE, der Bundesbehörde zur Durchsetzung des Zuwanderungsrechts, massiv aufstocken.
Die bereitgestellten 30 Milliarden Dollar reichen, um aus ICE eine paramilitärische Macht zu machen. Schon jetzt verbreiten Trumps schwerbewaffnete und vermummte Kommandos Schrecken im Land, weil sie bei ihren Razzien oft geltendes Recht verletzen und auch zu Gewalt greifen.
Mehrere Soldaten der Nationalgarde stehen für einem Bundesgebäude in Los Angeles
Das US-Verteidigungsministerium zieht rund 2.000 Nationalgardisten aus Los Angeles ab. Die Soldaten sollten Anfang Juni Proteste gegen Trumps Migrationspolitik unterbinden.16.07.2025 | 0:27 min

Einmaliges Vorgehen in US-Geschichte

In der US-Geschichte gab es mehrfach große Deportationswellen. In den 1930er und 1940er Jahren wurden zwei Millionen Mexikaner abgeschoben, 1955 warf Präsident Dwight D. Eisenhower 250.000 Mexikaner aus dem Land.
Aber noch nie hat eine Regierung in Washington wie jetzt lokalen Politikern, Bürgermeistern, Sheriffs, Richtern und anderen Bürgern Gefängnis angedroht, falls sie die Zusammenarbeit verweigern.
sgs - sievers theveßen
„Die Trump Administration verstärkt zurzeit die Razzien gegen Zuwanderer besonders in demokratisch regierten Städten und auch Bundesstaaten“, so ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen.09.06.2025 | 1:53 min

Bürger fürchten um ihre Sicherheit

Vor ein paar Tagen konnte unser ZDF-Team bei einer Stadtratssitzung in Culver City, einem Vorort von Los Angeles, verfolgen, wie sehr die Menschen sich um ihre eigene Sicherheit und die ihrer zugewanderten Mitbürger sorgen:

Trumps maskierte Gestapo-Schergen kidnappen Menschen, die hier leben und arbeiten.

Pete in Culver City

Pete, dessen vollständigen Namen wir nicht nennen, sagt weiter: "Man sagt uns, sie bringen sie nach Südsudan oder in die Everglades, Alligator-Alcatraz. Trump findet das lustig."
ein brennendes Auto steht auf einer Straße in Downtown Los Angeles.
Bei Protesten in den USA gegen Razzien und Abschiebungen ist es zu gewaltvollen Zusammenstößen gekommen. Auch die Nationalgarde war im Einsatz, es gab Dutzende Festnahmen.09.06.2025 | 1:37 min

Sorge vor einem Polizeistaat

Angelo befürchtet angesichts der Ereignisse, dass die US-Regierung einen Polizeistaat errichten will: "Es geht darum, Menschen zu foltern, zu jagen, einzusacken, um es im Fernsehen zu feiern und T-Shirts zu verkaufen."

Wir müssen die Lügen durchschauen, uns organisieren, gegenseitig schützen und die Massendeportation gesellschaftlich ächten.

Angelo in Culver City

Und weiter: "Sonst sind wir mit schuld."
Am Schild "Alligator-Alcatraz" an der Zufahrt zum Abschiebelager in Florida machen Trump-Anhänger täglich Selfies, weil sie stolz sind, dass ihr Präsident sein Wahlversprechen einlöst. Und im Camp verdienen die Wärter weiter gutes Geld bei der Käfighaltung von Menschen.
Elmar Theveßen ist Korrespondent und Studioleiter im ZDF-Studio Washington D.C.

Trumps Vorgehen in Kalifornien
:Expertin: Es steht schlecht um die US-Demokratie

Trump hat als Reaktion auf die Proteste in Los Angeles Nationalgarde und Armee mobilisiert. Für Expertin Clüver Ashbrook ist das Vorgehen "verfassungsrechtlich hochproblematisch".
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