Kriegsschiffe gegen Drogenhandel:Warum die USA ein Boot aus Venezuela versenken
Die USA attackieren ein vermeintliches Drogen-Boot vor Venezuelas Küste. Mit den Kriegsschiffen will Trump gegen Drogen, aber vor allem um Einfluss in Lateinamerika kämpfen.
An einem militärischen Konflikt könne weder Trump noch Maduro interessiert sein, sagt Latein-Amerika-Expertin Sabine Kurtenbach. Allerdings seien beide Staatschefs unberechenbar.
22.08.2025 | 14:42 minEin Schnellboot rast über das Meer, an Bord sind mehrere Menschen zu sehen. Dann geht es in einem Feuerball auf. Das Video, das Donald Trump am Dienstagabend auf Truth Social verbreitet, soll zeigen, wie die US-Streitkräfte vor Venezuelas Küste gegen Drogenschmuggler vorgehen. "Elf Terroristen wurden in flagranti getötet", schreibt der US-Präsident, und Verteidigungsminister Pete Hegseth kündigt an: "Es wird nicht bei diesem einen Schlag bleiben".
Schon seit Tagen sind US-Kriegsschiffe vor Venezuelas Küste unterwegs, um, so die US-Regierung, "den Drogen-Terrorismus" zu bekämpfen. Es ist eine Eskalation im Konflikt der USA mit Venezuela, einem Land, das sozialistisch und autoritär regiert wird und sich als Gegenspieler der USA in Südamerika versteht. Die venezolanische Regierung sieht in der Militäroperation eine Provokation und rüstet ihrerseits auf.
Wie wahrscheinlich ist ein Krieg zwischen den USA und Venezuela?
Unwahrscheinlich, sagen Beobachter. "Venezuelas Streitkräfte sind relativ gut aufgestellt, trotz der schweren Wirtschaftskrise", sagt Sicherheitsexperte Thiago Rodrigues von der brasilianischen Universität Federal Fluminense (UFF). Das Land hat Militärkooperationen mit Russland und Iran. Dass die USA nun mit ein paar Tausend Soldaten, wie sie auf den Schiffen stationiert sind, einmarschierten, sei sehr unwahrscheinlich. Eher sei der Einsatz als Drohgebärde zu verstehen, meint auch die Lateinamerika-Forscherin Sabine Kurtenbach vom Giga-Institut. Trump wolle zeigen, dass er hart gegen organisierte Kriminalität vorgehe.
Die USA erhöhen die Belohnung für Hinweise, die zur Festnahme von Venezuelas Präsident Maduro führen. Millionen Venezolaner suchen Zuflucht in Kolumbien.
08.08.2025 | 1:41 minWas ist an den Anschuldigungen der USA dran?
Die USA werfen Venezuela vor, ein Narco-Staat (Drogen-Staat, Anm. d. Red.) und Präsident Maduro ein Kartellchef zu sein. Es stimmt, dass in Venezuela staatliche Strukturen teilweise vom organisierten Verbrechen unterwandert sind. Venezuela ist aber weder ein großes Anbau- noch das wichtigste Transitland für Koka beziehungsweise Kokain: Nur etwa zehn Prozent der Drogen passieren das Land, schätzte die US-Regierung 2020.
Dass viele Beamte, etwa vom Militär, in den Drogenhandel verwickelt sind, ist gut belegt.
Maduro lässt den Militärs bewusst viel Freiheit, um sich im Gegenzug an der Macht zu halten.
Thiago Rodrigues, Sicherheitsexperte
"Aber dass es ein Kartell der Militärs gibt, dafür gibt es keine Belege", sagt Thiago Rodrigues. Auch die Behauptung, Maduro persönlich sei der Anführer eines Kartells, ist unbewiesen.
Welche Interessen verfolgen die USA in Venezuela?
Möglicherweise geht es den USA noch um etwas anderes, nämlich darum, ihren geopolitischen Einfluss in Lateinamerika zu unterstreichen. Schon lange sägt eine neue Weltmacht an der Dominanz der USA in Südamerika: China ist inzwischen größter Handelspartner der meisten Länder, wie Brasilien, Argentinien und Chile. Im BRICS-Bündnis, in dem Brasilien ein engagiertes Mitglied ist, entstehen Pläne zur Ablösung des US-Dollars als internationale Handelswährung.
Noch nie, nicht mal während des Kalten Krieges, war der Einfluss der USA in Lateinamerika derart bedroht.
Thiago Rodrigues, Sicherheitsexperte
Thiago Rodrigues meint, dass die US-Militäroffensive eine Botschaft der USA an China sei: "Lateinamerika bleibt unser Hinterhof."
Wirtschaftlich und politisch haben die USA in den letzten Monaten Mexiko und Brasilien bereits unter Druck gesetzt - durch Strafzölle und Versuche, sich innenpolitisch einzumischen. Für militärischen Druck dagegen ist Venezuela ein leichtes Ziel, weil das autoritäre Regime dort ein alter Feind und offen antiamerikanisch sei, so sehen es Beobachter.
Seit Jahren baut China seinen Einfluss in der Welt aus, etwa mit dem Projekt "Neue Seidenstraße". Nun versucht Peking, in die Lücken vorzustoßen, die die USA unter Trump reißen.
02.03.2025 | 3:59 minWie reagiert Venezuela?
Präsident Maduro schickt Marineschiffe auf Patrouille und ruft Menschen im ganzen Land auf, sich freiwillig als bewaffnete Milizionäre zu listen. Venezuela sei bereit, sich zu verteidigen, so die Botschaft. Venezuela sei das Opfer einer Kampagne der USA. Der Angriff auf das vermeintliche Drogenboot habe gar nicht stattgefunden, behauptet Venezuelas Kommunikationsminister. Die USA hätten das Video mit KI erzeugt, um einen Krieg gegen Venezuela zu rechtfertigen. Die Nachrichtenagentur Reuters hat das Video überprüft und keine Hinweise auf KI gefunden.
Die Bedrohung von außen bietet Maduro eine willkommene Chance, sich als Verteidiger des Landes zu inszenieren. Selbst das - eine gestärkte Regierung Maduros in Venezuela - könnte den USA strategisch nutzen, meint Thiago Rodrigues. Denn nichts sei besser für Trump als ein einfacher Feind, um vom Bedeutungsverlust der USA in anderen Ländern Lateinamerikas abzulenken.
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Dominik Kotzur, Rio de Janeiro