Werbung für Beauty-Eingriffe: Vorher-Nachher-Fotos verboten
BGH-Urteil zu Beauty-Eingriffen :Werbung mit Vorher-Nachher-Fotos ist verboten
von Katharina Reiter
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Volle Lippen, ein spitzes Kinn oder eine markante Kieferpartie: alles möglich durch Hyaluronsäure-Spritzen. Die Werbung mit Vorher-Nachher-Fotos ist hierfür laut BGH aber verboten.
Der Bundesgerichtshof verbietet Vorher-Nachher-Werbungen für Beauty-Behandlungen mit Botox oder Hyaluron. Sie gelten als irreführend und besonders verführerisch für junge Menschen.31.07.2025 | 1:32 min
Ästhetische Gesichtsbehandlungen sind seit Jahren in aller Munde, der Trend nimmt zu. Vor allem Hyaluron-Filler machen es möglich, markante Veränderungen zu erzielen, ohne sich unters Messer zu legen.
Einige Anbieter bewerben solche Behandlungen mit Bildern, welche die Patienten vor und nach den Eingriffen zeigen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt entschieden, dass die Werbung mit solchen Vorher-Nachher-Bildern auch im Falle von Hyaluron-Fillern, sogenannten minimal-invasiven Schönheitsbehandlungen, unlauter ist.
... bezeichnet als Oberbegriff operative Eingriffe mit kleinsten Verletzungen von Haut und Weichteilen. Ästhetische Gesichtsbehandlungen mit Hyaluronsäure sind in der Regel minimal-invasiv, da keine großen Schnitte oder eine Operation erforderlich sind, sondern Nadeln verwendet werden, um das Hyaluron zu injizieren. Es gibt minimal-invasive Eingriffe wie z.B. Unterspritzungen mit Hyaluron, die nicht nur von Ärzten, sondern auch von Heilpraktikern durchgeführt werden dürfen.
Gegenstand der Entscheidung war eine Klage der Verbraucherzentrale NRW gegen das Unternehmen Aesthetify der Ärzte "Dr. Rick & Dr. Nick". Die Ärzte warben in der Vergangenheit unter anderem auf Instagram mit Vorher-Nachher-Bildern für ihre Eingriffe. Zu diesen zählen vor allem "minimal-invasive" Gesichtsbehandlungen in Form von Unterspritzungen mit Hyaluronsäure oder Botox.
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Diese Werbung beanstandete die Verbraucherzentrale. Sie stützte sich dabei auf § 11 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG), wonach Werbung für "operative plastisch-chirurgische" Eingriffe durch Vorher-Nachher-Fotos verboten ist.
In § 11 Abs. 1 S.3 HWG ist von "operativ plastisch-chirurgischen Eingriffen" die Rede. Gemäß der ständigen Rechtsprechung erfasst diese Bezeichnung aber nicht nur klassische operative Eingriffe mittels Skalpell oder Messer, sondern sämtliche Eingriffe "am oder im Körper, mit denen Form- und Gestaltveränderungen an den Organen oder der Körperoberfläche vorgenommen werden". Hierzu zählen z.B. auch Behandlungen wie Lippenformungen, Nasenkorrekturen sowie Unterspritzungen des Gesichts mit Hyaluron. Maßgeblich ist gemäß der Rechtsprechung die potenzielle Gefährlichkeit der medizinisch nicht notwendigen Eingriffe, die das Werbeverbot mit Vorher-Nachher-Fotos rechtfertigen.
BGH bestätigt Entscheidung des OLG Hamm
Mit seiner Entscheidung bestätigt der BGH das Urteil des OLG Hamm. Dieses hatte das Unternehmen in der Vorinstanz verurteilt, die Werbung mit Vorher-Nachher-Fotos künftig zu unterlassen. Aesthetify hatte gegen dieses Urteil Revision eingelegt, welche der BGH nun zurückwies.
Der BGH sieht es wie das OLG, wonach auch Hyaluron-Behandlungen als operativ plastisch-chirurgische Eingriffe im Sinne des Heilmittelwerbegesetzes zu werten sind. Das Werbeverbot sei weit auszulegen und erfasse auch Hyaluron-Behandlungen mittels Kanüle zur Korrektur und Formung des Gesichts.
Das Verbot diene dem Zweck, irreführende und suggestive Werbung für medizinisch nicht notwendige Eingriffe zurückzudrängen, um die Entscheidungsfreiheit betroffener Personen sowie vor unnötigen Gesundheitsgefahren zu schützen.
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"Dr. Rick und Dr. Nick" nicht zum ersten Mal verklagt
Dass es "Dr. Rick und Dr. Nick" mit dem Verbraucherschutz nicht so genau nehmen, zeigte sich bereits in der Vergangenheit. So hatte im Jahr 2023 die Wettbewerbszentrale Klage gegen das Unternehmen eingereicht, woraufhin das LG Bochum diesem in Bezug auf "Dr. Rick und Dr. Nick" die Führung der Bezeichnung "Arzt für ästhetische Eingriffe" untersagt hatte.
Grund hierfür war, dass die Bezeichnung geeignet sei, bei Verbrauchern den irrtümlichen Eindruck zu erwecken, dass die Ärzte einen Facharzttitel hätten, obwohl dem nicht so ist.
Wie beeinflusst Werbung unsere Gesellschaft?
Statistiken belegen, dass Werbung für Beauty-Eingriffe, insbesondere über Social Media, die Gesellschaft beeinflusst. So gab nach einer Umfrage der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie aus dem Jahr 2022/23 jeder fünfte der Befragten an, Social-Media-Posts würden sie dazu animieren, sich weiter zu bestimmten Eingriffen zu informieren.
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Neun Prozent der Befragten gaben außerdem an, entsprechende Posts anderer Personen würden ihren Wunsch nach persönlicher Veränderung durch einen ästhetisch-plastischen Eingriff verstärken.
Welchen Zweck verfolgt das Werbeverbot?
An diesem Punkt setzt das Heilmittelwerbegesetz an, indem es bestimmte Formen der Werbung mit medizinisch nicht notwendigen schönheitschirurgischen Eingriffen verbietet. Es dient damit dem Schutz der Verbraucher und der Bevölkerung. Dass diese Gefahren auch im Falle von Hyaluron-Behandlungen bestehen, hat der BGH nun bestätigt.
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Die Ärzte sahen das ursprünglich anders und verglichen Hyaluron-Filler mit dem Stechen von Ohrlöchern. Sie verstanden sich vielmehr als Fürsprecher der Verbraucher und betonten immer wieder die aus ihrer Sicht aufklärende Funktion der Vorher-Nachher-Bilder. Zu dem Urteil des BGH wollen sie sich im Laufe des Tages äußern.
In Deutschland besteht (anders als z.B. in Frankreich) keine Kennzeichnungspflicht für nachträglich digital bearbeitete Bilder. Verbraucher können daher nicht erkennen, ob ein Vorher-Nachher-Foto nachträglich mithilfe von Bildbearbeitungsprogrammen digital bearbeitet wurde.
Katharina Reiter berichtet für die ZDF-Redaktion "Recht und Justiz".