AfD-Jugend vor Neugründung: Worüber gestritten wird

Name, Logo, Personal:Neue AfD-Jugend formt sich: Worum gerungen wird

Julia Klaus
von Julia Klaus
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Im März hat sie sich aufgelöst, nun steht die AfD-Jugend vor ihrer Neugründung. Die Mutterpartei hat künftig mehr Durchgriffsrechte. Besonders drei Punkte sind derzeit strittig.

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Die Junge Alternative hat sich zum 31. März aufgelöst.
Quelle: dpa

Obwohl politische Sommerferien sind und die AfD-Jugend Junge Alternative offiziell nicht mehr existiert, ist es keineswegs ruhig bei der Jugendorganisation. Hinter den Kulissen wird um den künftigen Namen, das Logo und die Ausrichtung gerungen.
Im März hatte sich die Junge Alternative (JA) aufgelöst, im November will sich die Parteijugend auf einem Kongress in Gießen neu gründen und enger an die Partei binden. Grund der Auflösung war die Sorge vor einem möglichen Verbot. Als Verein hätte die JA leichter verboten werden können. Im Parteienrecht sind die Hürden dagegen höher. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die JA als gesichert rechtsextremistisch eingestuft.
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Der Name: Bye Bye, Junge Alternative?

Uneins sind Funktionäre über den künftigen Namen. Der Thüringer Rechtsaußen und Landeschef Björn Höcke, der als eine Art Schutzpatron der Jugend auftritt, forderte auf der Plattform X, die Jugendorganisation solle ihren alten Namen behalten. In Gesprächen mit ZDF frontal zeigen sich mehrere ehemalige JA-Landesvorsitzende dafür offen.
Im Deutschen Patentregister hat die AfD-Geschäftsstelle dagegen über eine Kanzlei "Patriotische Jugend" und "DeutschlandJugend" als Marken eintragen lassen. Als Logo wurde ein Adler eingereicht, in dem Kritiker NS-Ästhetik erkennen.
Blauer Adler, auf dem "Patriotische Jugend" steht: Der Logo-Entwurf der künftigen AfD-Jugendorganisation
Blauer Adler: Logo-Entwurf der künftigen AfD-Jugendorganisation
Quelle: Deutsches Patent- und Markenamt

Ein Mitglied aus dem AfD-Bundesvorstand sagt gegenüber ZDF frontal:

Dieses Logo wird es sicher nicht. Und die ehemalige Junge Alternative wird künftig auch anders heißen.

AfD-Bundesvorstand

Hannes Gnauck, der ehemalige JA-Bundesvorsitzende, der im AfD-Bundesvorstand auch die Neugründung betreut, setzt sich ebenfalls für eine Umbenennung ein: "Es gibt verschiedene Namensvorschläge. Sicher ist nur, dass es einen neuen Namen geben soll. Entschieden wird darüber auf dem Gründungskongress."
Die AfD sitzt letztlich am längeren Hebel. Eine neue Satzung der Jugendorganisation - das sogenannte Jugendstatut - inklusive neuem Namen muss der AfD-Bundesvorstand im Nachgang billigen, sonst würde die Neugründung scheitern.
"Aufstieg rechts! Wie die AfD wurde, was sie ist": Vor einem dunklen Raum sind sechs Personen angeordnet: Oben im Hintergrund die Köpfe von Bernd Lucke, Frauke Petry und Björn Höcke. Unten im Vordergrund Olaf Henkel, Alexander Gauland und André Yorulmaz.
Bei ihrer Gründung 2013 war die AfD eine konservativ-bürgerliche Partei, gerichtet vor allem gegen die Euro-Rettungspolitik. 08.10.2024 | 43:48 min

Die Funktionäre: Die alte JA-Spitze geht

Die neue Parteijugend wird sich an der Spitze und auch in der Breite verändern. Ex-JA-Chef Gnauck kandidiert nicht erneut, wie er ZDF frontal mitteilt. Auch mindestens zwei seiner ehemaligen Stellvertreter treten nicht mehr an. Wer für sie nachrückt, ist offen.
Auch die Mitglieder werden durchmischt: Die alte JA hatte laut Gnauck rund 2.300 Mitglieder, wovon etwa die Hälfte in der AfD sind. Wer künftig bei der Jugend mitmachen will, muss Parteimitglied sein. Für die AfD ist das ein wichtiges, neues Kontrollinstrument - sie könnte aussieben.
Wachsen dürfte die Jugendorganisation indes durch die 7.000 bis 8.000 AfD-Mitglieder unter 36 Jahren. Sie waren bislang nur teilweise in der JA. Die Politologin Anna-Sophie Heinze, die zum Einfluss der Parteijugend forscht, prognostiziert deshalb:

Die neue AfD-Jugend wird langfristig deutlich größer werden als die alte Junge Alternative.

Anna-Sophie Heinze, Politikwissenschaftlerin Universität Trier

Wie hält es die AfD mit der Unvereinbarkeitsliste?

Was für alte JA-Mitglieder entscheidend werden dürfte, ist der Umgang der AfD mit der Unvereinbarkeitsliste. Wer in einer dort genannten Organisation Mitglied war, darf nicht in die Partei - wobei sie sich daran selbst nicht immer hält. Auf der Liste steht auch die "Identitäre Bewegung" (IB), eine rechtsextreme Aktivistengruppe.
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Im Dezember trieb die AfD-Spitze Pläne für eine Trennung von der AfD-Nachwuchsorganisation JA und die Gründung einer neuen Organisation voran. 03.12.2024 | 1:56 min
Viele JA-Kader gelten als IB-nah, man geht gemeinsam demonstrieren oder wandern. Allerdings sind Mitgliedslisten der Identitären und ihrer Untergruppen nicht öffentlich. Es kommt deshalb darauf an, wie die AfD-Kreisverbände über IB-Aktivitäten denken, wenn sie über Neuanträge entscheiden.
In der ehemaligen Jugendorganisation gehen viele mit der Nähe zur IB pragmatisch um. Ex-NRW-Landeschef Patrick Heinz etwa sagt ZDF frontal: "Wenn jemand mal vor sieben oder acht Jahren bei einer Demo der Identitären Bewegung mitgelaufen ist, warum soll er dann nicht AfD-Mitglied werden können?" Der bayerische Landtagsabgeordnete Daniel Halemba hatte dem BR gesagt: "Die Ziele der Identitären Bewegung sind ähnlich, sie haben ähnliche Inhalte wie die AfD."

"Sind eben bisschen radikaler" - Funktionäre fürchten Einhegung

Ehemalige Landesvorsitzende sorgen sich davor, dass die Jugend eingeschränkt werden könnte.

Ich war ohnehin gegen die Auflösung. Künftig muss man der Jugend unbedingt genug Spielraum geben.

Eric Engelhardt, ehemaliger JA-Landesvorsitzender Thüringen

"Die Jugend darf durch die Partei auf keinen Fall an die Kette gelegt werden", so auch der ehemalige JA-Landesvorsitzende und bayerische Landtagsabgeordnete Franz Schmid, den der Landesverfassungsschutz beobachtet. Ex-NRW-Landeschef Heinz sagt:

Die AfD braucht ein Verständnis dafür, dass junge Leute anders ticken. Wir sind eben ein bisschen radikaler. Sonst kastriert die AfD die eigene Jugend.

Patrick Heinz, ehemaliger JA-Landesvorsitzender NRW

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Der Verfassungsschutz hatte die AfD im Mai als gesichert rechtsextremistisch eingestuft, die Einstufung dann aber vorläufig ausgesetzt. Das über 1.100 Seiten lange Gutachten kursierte auch im Netz.19.05.2025 | 2:42 min

Politologin: "Keine inhaltliche Mäßigung"

Wie radikal wird die Parteijugend künftig auftreten? Politikwissenschaftlerin Heinze sagt gegenüber ZDF frontal:

Ich erwarte keine inhaltliche Mäßigung, denn auch die Mutterpartei mäßigt sich nicht. Doch durch die engere Anbindung an die AfD und den Beitritt junger Mandatsträger in die Jugendorganisation wird sie professioneller auftreten.

Anna-Sophie Heinze, Politikwissenschaftlerin Universität Trier

Ob es bei Namen, Logo und dem neuen Vorstand zum offenen Streit kommt, sortiert sich in den kommenden Wochen. Woran Jugend und Mutterpartei kein Interesse haben dürften, ist eine dauerhafte Auflösung, weil man sich nicht einigen kann.

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