Rechtsextremisten werden jünger

Jahresgespräch des Bundesanwalts:Rechtsextremisten werden immer jünger

Christoph Schneider
von Christoph Schneider
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Jüngst lud der Generalbundesanwalt zum Jahrespressegespräch in seine Behörde nach Karlsruhe - in bewegten Zeiten mit großen Herausforderungen.

Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof am 17.06.2019 in Karlsruhe.
IS und seine Ableger sind nach Einschätzung der Bundesanwaltschaft weiter eine Gefahr.
Quelle: dpa

Es sind wahrlich herausfordernde Zeiten, in denen die Bundesanwaltschaft - die obersten Ankläger Deutschlands - zum Jahrespressegespräch bittet.
Gut 20 Journalistinnen und Journalisten sind dabei, als Generalbundesanwalt Jens Rommel die Runde mit den Worten begrüßt: "Vor einem Jahr hatte ich mit meiner Einschätzung geschlossen, dass wir tatsächlich in unruhigen Zeiten leben. Seit unserer Zusammenkunft im Juni 2024 hat sich daran - leider - nichts geändert, so dass auch die Bundesanwaltschaft in allen Bereichen ihrer Zuständigkeit stark eingespannt gewesen ist."

Deutlich gestiegene Fallzahlen

Allein schon die bloßen Fallzahlen im Bereich der Revisionsverfahren haben sich spürbar erhöht - insgesamt waren es 3.900 Verfahren im vergangenen Jahr - 500 mehr als 2023 - und schon in diesem Jahr verzeichnet die Behörde bis Ende Mai über 1.700 neue Verfahren.
  • 33 Anklagen hat die Bundesanwaltschaft an den Oberlandesgerichten 2024 neu erhoben.
  • 21 im Bereich Terrorismus und zwölf im Bereich Spionage und Völkerstrafrecht.
Rechtsextreme Jugend
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Drei Schwerpunkte griff sich Generalbundesanwalt Rommel heraus, die sich um Anschläge durch islamistisch radikalisierte Personen über den klassischen Rechtsextremismus bis hin zur Spionage und dem Völkerstrafrecht drehten. Ein kleiner Ausschnitt - nicht vollständig.

Islamistisch radikalisierte Personen

Neben zwei Vorfällen aus 2024, dem brutalen Messerangriff in Mannheim am 31. Mai, bei dem der Polizeibeamte Rouven Laur durch einen religiös motivierten Einzeltäter mit einem gezielten Messerstich getötet wurde und dem Solinger Stadtfest, bei dem am 23. August ein Syrer wahllos auf Besucher des Stadtfestes einstach, erwähnte Generalbundesanwalt Rommel besonders die Anschläge aus diesem Jahr:
Die Amokfahrt eines religiös motivierten Einzeltäters in eine ver.di-Kundgebung am 13. Februar sowie den Anschlag eines Heranwachsenden auf einen spanischen Touristen am 21. Februar, der im Stelenfeld des Denkmals für die ermordeten Juden in Berlin mit einem Jagdmesser angegriffen wurde - aus dschihadistischen und antisemitischen Motiven.
Nancy Faeser gibt am 13.02.2024 eine Pressekonferenz zu Maßnahmen gegen Rechtsextremismus in Berlin.
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Und der 18. Mai, als ein Syrer in Bielefeld vor einem Lokal gezielt mit Messern auf Gäste einstach, die den Aufstieg von Arminia Bielefeld in die 2. Bundesliga feierten.

Mittlerweile gibt es Anhaltspunkte dafür, dass sich der Beschuldigte bereits in Syrien für den IS betätigt hat.

Jens Rommel, Generalbundesanwalt

Klassischer Rechtsextremismus

Hier beschrieb der Generalbundesanwalt "durchaus eine qualitative Veränderung in unseren Verfahren". Von der jüngst erhobenen Anklage gegen eine weitere Unterstützerin der terroristischen Vereinigung NSU über die rechtsextremistische Kampfsportgruppe "Knockout 51", in der die Karlsruher Behörde eine terroristische Vereinigung sieht.
Aber auch die Festnahme von acht Jugendlichen, beziehungsweise Heranwachsenden der Gruppierung "Letzte Verteidigungswelle", denen die Bundesanwaltschaft Brand- und Sprengstoffanschläge vorwirft, lässt aufhorchen, denn das überaus junge Alter der Beschuldigten von 14- bis 21-Jährigen sei "besonders besorgniserregend", so Generalbundesanwalt Rommel.
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Spionage und Völkerstrafrecht

Hier fallen besonders Spionagefälle durch China und Russland auf. Während es in Bezug zu China eher um die Ausspähung im Bereich Wissenschaft und Technik gehe, gehe es bei Russland "auch um Spionage zu Sabotage", so der Generalbundesanwalt.
Seit Mai läuft vor dem OLG München der Prozess gegen drei Personen, die in Absprache mit einem russischen Geheimdienst Sabotageakte hierzulande geplant haben sollen.
Im Bereich des Völkerstrafrechts verwies Rommel auf das jüngst ergangene Urteil des OLG Frankfurt/Main gegen einen syrischen Gefängnisarzt, der aus Sicht des Gerichts Gefangene folterte und tötete. Er bekam die Höchststrafe.
So oder so - eine Entspannung auch in diesem Jahr ist für die obersten Ankläger nicht in Sicht, die weiter wachsam bleiben werden.
Christoph Schneider ist Redakteur in der Fachredaktion Recht & Justiz des ZDF.

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