Neustart bei der Bahn: Warum ein Chefwechsel allein nicht reicht

Interview

Verkehrsminister Schnieder im ZDF:Bahnchef Lutz muss gehen - und jetzt?

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Führungswechsel bei der Bahn: Verkehrsminister Patrick Schnieder erklärt im ZDF-Interview, warum Bahn-Chef Richard Lutz gehen muss und was sich jetzt grundlegend ändern soll.

Marietta Slomka spricht im Schaltgespräch mit Verkehrsminister Patrick Schnieder
"Ich möchte eine Bahn, die zuverlässig ist. Die pünktlich, sicher, sauber fährt", so Verkehrsminister Patrick Schnieder. Deshalb brauche es auch "einen personellen Neuanfang".14.08.2025 | 5:34 min
Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn, Richard Lutz, muss seinen Posten räumen. Das wurde am Mittwoch offiziell bestätigt. Für Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) steht fest: Mit dem Abgang an der Spitze allein sei es nicht getan. Die Deutsche Bahn stecke tief in der Krise. Was muss sich jetzt ändern? Was plant der Bund als Eigentümer? Und wer soll den Konzern künftig führen? Im heute journal erklärt der Minister, wie der Neustart aussehen soll.
Sehen Sie das Interview oben im Video in voller Länge oder lesen Sie es unten in Auszügen.

Ist der Bahnchef das Hauptproblem?

Schon kurz nach seinem Amtsantritt gab es erste Forderungen, Bahnchef Lutz zu entlassen, so der Minister. Doch stattdessen habe er das ganze System unter die Lupe genommen - und das sei auch weiterhin der Ansatz.
Der Verkehrsminister räumt ein, dass die Probleme bei der Bahn vielfältig seien: jahrzehntelanger Investitionsstau, betriebliche Mängel und ein überlastetes Netz.

Das liegt nicht an einer Ursache. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass in den letzten Jahren und Jahrzehnten zu wenig investiert worden ist in die Bahn.

Patrick Schnieder, Verkehrsminister

Trotzdem brauche es dem Minister zufolge zusätzlich einen personellen Neuanfang. Spätestens am 22. September solle eine neue Strategie präsentiert werden, "zumindest aber im Umfeld auch einen neuen Bahnchef, eine neue Bahnchefin".
Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (r, CDU) und der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn, Richard Lutz, unterhalten sich be einem Pressetermin
Sobald ein Nachfolger gefunden ist, soll der Vertrag des Chefs der Deutschen Bahn vorzeitig beendet werden. Verkehrsminister Schnieder kündigt eine Neuaufstellung des Konzerns an.14.08.2025 | 2:12 min

Wer will diesen Job überhaupt machen?

Marietta Slomka stellt im ZDF-Interview die Attraktivität des Chefpostens infrage: "Ich meine 80 Millionen unzufriedene Kunden und dann funkt einem ständig die Politik rein und gibt nicht genug Geld." Schnieder entgegnet: "Das ist ein sehr anspruchsvoller Job, darüber müssen wir gar nicht diskutieren, aber gleichwohl gibt es genug Leute, die fähig dazu sind, die das auch machen wollen."
Jetzt gehe es darum, die richtige Persönlichkeit zu finden - jemand, "der das umsetzt, was wir dort erwarten und die Bahn wieder mit auf Vordermann bringt".
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Wird der Fokus nun auf Erhalt statt Ausbau gelegt?

Ein zentrales Problem bleibt die Infrastruktur. Viele Strecken, Weichen und Stellwerke sind technisch überholt, das Netz überlastet. Neubauten seien zwar wichtig, räumt Schnieder ein, doch vorrangig gehe es jetzt darum, das bestehende System funktionsfähig zu machen. Er betont:

Wir haben schon 2016 im Bundesverkehrswegeplan verankert: Erhalt geht vor Neubau.

Patrick Schnieder, Verkehrsminister

Auch im Koalitionsvertrag sei das deutlich. In dieser Legislaturperiode sollen über 100 Milliarden Euro in das Netz fließen: für Sanierung, Digitalisierung und Modernisierung.
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Fahren bald weniger Züge?

Dass das Schienennetz an seine Grenzen stößt, ist kein Geheimnis: Personenzüge, Güter- und Nahverkehr teilen sich die Gleise. Die Frage: Muss man den Verkehr reduzieren, damit alles wieder pünktlich läuft? Schnieder sagt klar: "Man muss über alle Maßnahmen reden, die dazu führen, dass das Netz und der Betrieb stabiler wird."
Weniger Verkehr allein reiche nicht. Alle - Nahverkehr, Güterverkehr und Co. - müssten gemeinsam an einer besseren Lösung arbeiten.
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Und was ist mit der Zerschlagung der Bahn?

In Teilen der CDU gibt es Forderungen, die Deutsche Bahn zu zerschlagen – also Netz und Betrieb organisatorisch komplett zu trennen. Schnieder verweist auf den Koalitionsvertrag:

Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir den Infrastrukturteil weiter entflechten und trotzdem im integrierten Konzern bleiben.

Patrick Schnieder, Verkehrsminister

Die Struktur der Bahn sieht er dennoch kritisch:

Da sehe ich auch im Moment ein Problem in der Aufstellung der Bahn. Das packen wir an.

Patrick Schnieder, Verkehrsminister

Vorschläge dazu sollen Teil der neuen Strategie sein.
Das Interview führte Marietta Slomka, zusammengefasst hat es Fränzi Meyer.

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