Debatte bei "Lanz": Weimer wirft Banaszak Stigmatisierung vor

Kulturstaatsminister bei "Lanz":Weimer zu Banaszak: Das ist "Cancel Culture"

von Felix Rappsilber
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Grünen-Chef Felix Banaszak kritisiert bei "Lanz" die Berufung des neuen Kulturstaatsministers. Wolfram Weimer wirft ihm daraufhin "Cancel Culture" vor.

Markus Lanz, Felix Banaszak, Wolfram Weimer
Sehen Sie hier die Sendung "Markus Lanz" vom 19. Juni 2025 in voller Länge.19.06.2025 | 65:23 min
Als der ehemalige Publizist Wolfram Weimer zum neuen Kulturstaatsminister berufen wurde, ging ein Aufschrei durch die deutsche Kulturlandschaft. Weimer zeigte am Donnerstagabend bei "Markus Lanz" Verständnis für die Diskussion um seine Personalie.
Wenn ein "profilierter Liberal-Bürgerlicher" nach Claudia Roth, einer "profilierten Grünen", das Amt des Kulturstaatsministers antrete, stelle sich die Frage: "Ist das nicht ein großer Konter?" Aber:

Wir haben in Deutschland ganz andere Kontroversen zwischen Rechten und Linken. Und da fühle ich mich in der Mitte dann schon näher bei den Grünen.

Wolfram Weimer, Kulturstaatsminister

Zu erkennen ist Weimer wie er in die Kamera schaut
Die Berufung des Verlegers Wolfram Weimer zum Kulturstaatsminister stößt auf Widerstand. Kulturschaffende und LobbyControl äußern Bedenken zwecks seiner Eignung und Unabhängigkeit.30.04.2025 | 1:44 min

Weimer: Medienbetrieb braucht politische Hilfe

Weimer, der einmal betont hatte, nie in die Politik gehen zu wollen, sagte nun:

Es gibt die Gelegenheit, selber zu gestalten und selber mit anzupacken. [...] Unser Medienbetrieb hat Probleme und braucht politische Hilfe.

Wolfram Weimer, Kulturstaatsminister

Kanzler Friedrich Merz habe "mehrere Weltliche" aus der Wirtschaft und aus der Praxis in sein Kabinett berufen: "Dass dann natürlich genauer nachgefragt wird, dass man hinguckt, wie ist der eigentlich, wo kommt der her, was hat der gemacht, das ist völlig in Ordnung."

Banaszak: Weimer äußert sich über das Konservative hinaus

Grünen-Chef Felix Banaszak kritisierte den neuen Kulturstaatsminister:

Die Irritation, die diese Berufung ausgelöst hat, ist ja nicht persönlich.

Felix Banaszak, Parteichef Bündnis 90/Die Grünen

Weimer sei ein freundlicher, höflicher, konservativer Mensch - "mit all den Tugenden, die damit einhergehen": "Aber er hat sich in den letzten Jahren immer mal wieder nicht nur konservativ geäußert, sondern mit Blick auf die Zitierung Oswald Spenglers durchaus auch über das Konservative hinaus."
Schaltgespräch Pira & Gökdemir
Schauspieler Paul-Maximilian Pira hält Wolfram Weimer für ungeeignet als Kulturstaatsminister und hat eine Petition gestartet – über 18.000 Menschen haben bereits unterzeichnet.30.04.2025 | 4:45 min
In seinem 2018 erschienenen Buch "Das konservative Manifest: Zehn Gebote der neuen Bürgerlichkeit" hatte Weimer auf den Philosophen Oswald Spengler verwiesen. "Während Generationen um Generationen in einer Jahrtausende währenden Selbstverständlichkeit die Fortdauer der eigenen Familie, des eigenen Blutes, der Sippe, des Stammes, der Nation, der Kultur, der Zivilisation als einen heiligen Moment des Lebens begriffen haben, so bricht dieses Bewusstsein in Scherben."
Spengler sei für Banaszak eine "zentrale Figur der Neuen Rechten". Daher teilte der Grünen-Chef gegen Weimer aus: "Herr Weimer sagt: 'Wir drohen, uns biologisch selbst auszulöschen. Der Rückgriff auf das traditionelle Familienbild Mann, Frau, Kinder - alles andere ist eine Bedrohung für unsere Kultur.'"

Weimer: "Haltung der liberalen Mitte der Gesellschaft"

Weimer warf Banaszak eine "Falschdarstellung" vor und widersprach: "Das ist ehrlich gesagt eine Form von Stigmatisierung, die mich verletzt, weil Sie mich kennen. Sie wissen, wo ich politisch stehe - und das ist die liberale Mitte dieses Landes."
Spengler sei kein "Autor der Neuen Rechten". Das Zitat sei "die Ansicht des europäischen Niedergangs vor 100 Jahren". Weimers Text ende mit dem Satz: "'Wertkonservative und moderne Menschen müssen eine neugierige Weltoffenheit zu ihrem Programm machen' - genau das Gegenteil dessen."
Weimers Buch diene dem "Wertekosmos eines modernen, liberalen Wertkonservativen". Er unterstellte Banaszak "bewusstes Missverstehen":

Das ist ein Beispiel für Cancel Culture [...], dass Sie jemanden mundtot machen wollen, nur weil er eine andere politische Meinung hat als Sie und sagen: 'Der steht in der rechten Ecke.'

Wolfram Weimer, Kulturstaatsminister

Weimer betonte, aus einer "Haltung der liberalen Mitte der Gesellschaft" zu argumentieren:

Deren Räume müssen wir weiten. Wir in der Mitte müssen uns einander zugestehen, dass der andere auch Recht haben könnte mit seinem Argument. Das ist demokratische Integrität.

Wolfram Weimer, Kulturstaatsminister

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Journalist Wolfram Weimer und der Grünen-Vorsitzende Felix Banaszak diskutieren bei Lanz über die Bedrohung durch Trump für Deutschland und Europa. Es brauche mehr Einigkeit.09.01.2025 | 1:25 min

Freiheitseinschränkungen von links und rechts?

Banaszak hielt dagegen: "Wenn ich jede Woche sagen kann 'Ich darf das nicht mehr sagen!' und währenddessen guckt mir ein Millionenpublikum zu, [...] dann dürfen Sie das nicht nur sagen, sondern sogar aus der Position der Bundesregierung heraus wiederholen."
Weimer verwende "wortgewaltigere Begriffe" wie "Tugendterror" für linke Freiheitseinschränkungen, so der Grünen-Chef. Weimer entgegnete, Freiheit werde sowohl von rechts als auch von links bedroht.
Sein Plädoyer lautete:

Lasst uns als Gesellschaft aufpassen, dass wir uns nicht von rechts und links die Debattenräume so eng machen, dass die Menschen das Gefühl haben: Ich kann in diesem Land nicht mehr sagen, was ich denke.

Wolfram Weimer, Kulturstaatsminister

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