Prien bei "Lanz" nach Landtagswahl: "CDU steckt im Dilemma"

Nach Landtagswahlen im Osten:Unions-Vize Prien: "CDU steckt im Dilemma"

von Michael C. Starke
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Keine Kooperation mit Linken? Die CDU-Vizechefin lässt in der Frage bei "Lanz" Hintertürchen offen. Für Linkspolitiker van Aken zentral: der Kampf gegen den Faschismus.

Markus Lanz vom 3. September 2024:

Sehen Sie hier die Sendung "Markus Lanz" vom 3. September 2024 in voller Länge.

03.09.2024 | 74:43 min

"Eine echte Zäsur" nennt Karin Prien, stellvertretende CDU-Vorsitzende, am Dienstagabend bei "Markus Lanz" den Wahlausgang in Thüringen. Gleichzeitig sieht die Bildungsministerin von Schleswig-Holstein ihre Partei in einem Dilemma:

Die CDU ist jetzt die einzige Partei aus dem Mitte-Spektrum, die überhaupt noch eine maßgebliche Rolle spielt.

Karin Prien, stellvertretende CDU-Vorsitzende

Die anderen Parteien der Mitte fänden faktisch nicht mehr statt, so Prien mit Blick auf die Ampel-Parteien.

Wer regiert künftig in Thüringen?

Die Frage, die sich nun alle stellen: Wie geht es in dem Bundesland nun weiter? Wie könnte eine Regierung aussehen? Rein rechnerisch in Thüringen möglich: eine Koalition aus CDU, BSW und Linke.

Allerdings: Dem entgegen steht der Unvereinbarkeitsentschluss der Union von 2018. Damals hatte sich die CDU auf ihrem Bundesparteitag festgelegt: keine Zusammenarbeit mit der AfD - und auch keine Zusammenarbeit mit der Linkspartei.

Daniela Sonntag

Da keine Partei mit der AfD koalieren möchte, könne "Mario Voigt von der CDU jetzt nur die anderen Parteien irgendwie einbinden", so Daniela Sonntag, ZDF-Reporterin in Erfurt.

02.09.2024 | 3:32 min

Prien: "Keine Äquidistanz zwischen AfD und Linken"

Darauf angesprochen sagte Prien, der Beschluss habe für beide Parteien weiterhin Bestand. Was die CDU-Politikerin aber im Folgenden ausführte, klang anders als ein klares Nein in Richtung der Linken.

Während Prien den CDU-Beschluss zur AfD als "bockfest" bezeichnete, an dem "überhaupt nicht zu rütteln" sei, schränkte sie ihn mit Blick auf die Linken dann doch etwas ein: "Aber es gibt keine Äquidistanz, das ist schon noch mal was anderes."

Verstehen könnte man das auch so: Ramelow ist nicht ganz so schlimm.

Und Prien schob nach:

Wir reden über die AfD von Björn Höcke. Wir reden über einen Mann, den man in Deutschland Nazi nennen darf.

Karin Prien, stellvertretende CDU-Vorsitzende

Zudem sprach Prien sich explizit dafür aus, "dass alle sich jetzt die Zeit nehmen müssen, darüber nachzudenken, ob irgendeine Konstellation funktioniert". "Die Wahrheit ist auch", ergänzte sie, "dass die CDU ja auch jetzt schon zweimal zumindest einen Haushalt mitgestaltet hat".

Linke als "Casus knacksus" für CDU

Ob die CDU gewillt sei, sich auf Noch-Ministerpräsident Ramelow einzulassen, nannte Kerstin Münstermann den "Casus knacksus". Die Journalistin der "Rheinischen Post" kritisierte die Union dafür, sich auf ihrem Parteitag im Mai nicht auf absehbare Eventualitäten in diesem Herbst eingestellt zu haben.

Die CDU habe nun, so die Journalistin, einen Beschluss, der sie daran hindere, mit Ramelow, "der in den Ministerpräsidenten-Konferenzen oft mit den CDU-Ministerpräsidenten stimmt", zu sprechen.

Dass die CDU aber gewillt sei mit dem BSW zu reden, deren Spitzenkandidatinnen früher der Linkspartei angehörten, nannte Münstermann "völligen Humbug", der nicht zu vermitteln sei. Münstermann mahnte an, wenn es keine Gespräche der demokratischen Mitte gebe, drohe Thüringen eine Unregierbarkeit.

Soll wohl heißen: Auch die CDU muss sich bewegen. Priens Replik darauf war: "Sie reden über ungelegte Eier."

Van Aken: "Alle zusammen gegen Faschismus"

Wenig Verständnis für die Diskussion über den CDU-Unvereinbarkeitsbeschluss zeigte auch der Linken-Politiker Jan van Aken, der von 2009 bis 2017 für seine Partei im Bundestag saß. Ihm zufolge sei "eine Katastrophe passiert in Deutschland" - gemeint waren natürlich die Wahlergebnisse. Für van Aken müsse es jetzt um eine Sache gehen: "alle zusammen gegen den Faschismus".

Mit Blick auf Bodo Ramelow sagte der Linken-Politiker er werde "alles dafür tun, dass die AfD nicht an die Schalthebel der Macht kommt. Und ob er das macht als Tolerierung, Duldung, wie auch immer, ist völlig egal".

Auch er selbst, so van Aken an anderer Stelle, sei bereit, eine CDU-Regierung zu tolerieren, wenn es gegen den Faschismus gehe - und dass, obwohl er "seit 40 Jahren einen inneren Unvereinbarkeitsbeschluss mit der CDU" habe.

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Quelle: dpa

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