Bundestagswahl: Woran der Termin für Neuwahlen hängt

FAQ

Logistische Herausforderungen:Woran der Termin für Neuwahlen hängt

|

Der Termin für Neuwahlen ist nicht nur politisch umstritten. So warnt Bundeswahlleiterin Brand vor logistischen Problemen. Gerade die Weihnachtszeit erschwert die Vorbereitungen.

Scholz bei Caren Miosga Neuwahl Bundestag

Nach steigendem Druck hat Bundeskanzler Scholz angedeutet, die Vertrauensfrage auch schon früher zu stellen – vorausgesetzt SPD und Union einigen sich auf ein gemeinsames Vorgehen.

11.11.2024 | 2:48 min

Die Wahlleitungen von Bund und Ländern beraten über die Vorbereitungen für eine vorgezogene Wahl des Bundestags. Bundeswahlleiterin Ruth Brand warnte schon im Vorfeld, eine Verkürzung des ohnehin sehr knappen Zeitraums könne zu "unabwägbaren Risiken" führen.

Welche Bedeutung hat die Vertrauensfrage?

Nach den Vorgaben des Grundgesetzes hat es der Kanzler allein in der Hand, den Stein ins Rollen zu bringen. Die Vertrauensfrage ist praktisch die einzige Möglichkeit, Neuwahlen einzuleiten.

Ohne Vertrauensfrage keine Neuwahlen. Aber was bedeutet das?

Ohne Vertrauensfrage keine Neuwahlen.


Inzwischen signalisierte der Kanzler die Bereitschaft, den Bundestag früher zu befragen. Olaf Scholz hatte zunächst angekündigt, im Bundestag die Vertrauensfrage am 15. Januar zu stellen.

Den formellen Antrag, ihm das Vertrauen auszusprechen, müsste Scholz laut Artikel 68 des Grundgesetzes 48 Stunden vorher stellen, in diesem Fall also am 13. Januar.

Symbolbild Bruch Ampel-Koalition 2024

Der Schutz des Bundesverfassungsgerichts, ein Sondervermögen für die Bundeswehr – die Vorhaben der Ampel-Regierung waren groß. Was geschieht nun mit den offenen Gesetzesvorhaben?

11.11.2024 | 2:31 min

Sollte der Bundestag Scholz wie erwartet das Vertrauen verweigern, kann der Bundespräsident das Parlament auflösen. Frank-Walter Steinmeier hat signalisiert, dass er dafür grünes Licht geben wird. Für diese Entscheidung hat er 21 Tage Zeit.

Eine wichtige Rolle spielt auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Sie kann nach Paragraph 52 des Bundeswahlgesetzes Fristen, die im Bundeswahlgesetz genannt sind, durch Rechtsverordnung verkürzen. Unumstößlich sind jedoch die Fristen des Grundgesetzes.

Was sind die Bedenken der Bundeswahlleiterin?

Nach der Parlamentsauflösung bleiben laut Artikel 39 des Grundgesetzes maximal 60 Tage Zeit, um den Bundestag neu zu wählen.

In ihrem Brief an Scholz erklärte Bundeswahlleiterin Brand, es sei "erforderlich, den Zeitraum der 60 Tage ab Auflösung des Deutschen Bundestages voll ausschöpfen zu können, um alle erforderlichen Maßnahmen rechtssicher und fristgemäß treffen zu können". Denn die Vorbereitung sei ein Kraftakt vor allem für kleinere Parteien und für kommunale Wahlbehörden.

Soweit Termine und Fristen in die Weihnachtszeit oder in den Zeitraum zwischen den Jahren fallen würden, wäre der nur sehr knappe Zeitraum von 60 Tagen maßgeblich verkürzt.

Bundeswahlleiterin Ruth Brand in einem Brief an den Bundeskanzler

Was sind die logistischen Herausforderungen?

Es müssen Wahlausschüsse auf Kreis- und Landesebene berufen, Wahlhelfer geworben und geschult werden. 2021 waren rund 650.000 ehrenamtliche Helfer in den Wahllokalen und bei der Briefwahl im Einsatz.

Es müssen zudem Wahlräume gefunden und ausgestattet werden, bei der Wahl 2021 gab es rund 60.000 Wahllokale.

SGS Schmiese Slomka 11.11.2024

Mit dem 23. Februar sei inzwischen ein möglicher Neuwahltermin im Gespräch, sagt ZDF-Korrespondent Schmiese. Ein Teil der geplanten Gesetze könne vorher noch verabschiedet werden.

11.11.2024 | 1:25 min

An über 60 Millionen Wählerinnen und Wähler müssen Wahlbenachrichtigungen verschickt werden. Hinzu kommen der Versand der Briefwahlunterlagen und die Einrichtung von Briefwahlbezirken - 25.000 waren es 2021.

Brand weist zudem auf die Bereitstellung und Prüfung der notwendigen IT-Infrastruktur und die Gefahr von Cyberangriffen hin.

Was müssen die Parteien tun?

Auch die Parteien haben vor der Wahl viel zu regeln. Die Kandidaten für die 299 Wahlkreise müssen bestimmt, Landeslisten aufgestellt und von Parteiversammlungen beschlossen werden. Kleinere Parteien müssen Unterstützerunterschriften sammeln und diese von den Gemeinden bescheinigen lassen.

Bijan Djir-Sarai  FDP | Generalsekretär

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai begrüßt Neuwahlen und befürwortet die Kandidatur von Christian Lindner, da jetzt "wichtige und richtige Entscheidungen getroffen werden" müssen.

11.11.2024 | 4:23 min

Lassen sich rechtzeitig genug Stimmzettel beschaffen?

Brand betont, dass die Beschaffung von Papier und die Beauftragung geeigneter Druckdienstleiter in den vergangenen Jahren zunehmend erschwert gewesen sei. Die Papierindustrie hält dagegen:

Einer der Haupt-Stimmzettellieferanten, die Bonner Druckerei Köllen Druck, sieht bei einem Wahltermin im Januar dennoch Risiken. Beim Druck würden immer Fehler passieren, Zeit für Korrekturen gebe es bei einem so engen Zeitkorsett aber nicht, erklärt Geschäftsführer Bastian Beeck im Magazin "Stern".

Wahllokal in Berlin

Seit dem Ampel-Aus wird um den Neuwahl-Termin gestritten. Die Bundeswahlleiterin warnt vor einer zu frühen Wahl: Papier für Stimmzettel sei knapp. Die Papierindustrie widerspricht.

09.11.2024 | 2:39 min

Die Auslieferung an die Kommunen könne zudem erst im Januar erfolgen. Vor Weihnachten sei sie nicht möglich. Von Weihnachten bis Neujahr seien aber keine Speditionen zu bekommen, weil die oftmals ausländischen Fahrer dann in der Heimat seien. Das Zeitfenster für die Briefwahl würde daher "bei einem derart frühen Wahltermin besonders kurz ausfallen", sagt Beeck. Er und spricht von etwa einer Woche.

Welche Probleme gibt es noch?

Wenn Scholz vor der Weihnachtspause über die Vertrauensfrage abstimmen lässt, könnte Steinmeier den Bundestag nach den Feiertagen Anfang Januar auflösen. In diesem Fall liefe die 60-Tage-Frist bis Anfang März.

Lars Klingbeil, SPD-Parteivorsitzender, im Berlin-direkt-Interview

SPD-Chef Lars Klingbeil kündigt "geordnete" Neuwahlen an. Wann das sein wird, lässt er offen. "Ich werde jetzt hier kein Datum nennen", sagt er im ZDF.

10.11.2024 | 4:53 min

Doch dann droht neues Ungemach: Zwischen Ende Januar und Ende März liegen in den meisten Bundesländern erneut verschiedene Schulferien, was Wahlkampf und Vorbereitungen beeinträchtigen könnte. Hinzu kommt, dass im Falle der von Brand geforderten Ausschöpfung der Frist frühestens am 2. März gewählt werden könnte.

An diesem Sonntag wird allerdings in mehreren Regionen Karneval, Fastnacht beziehungsweise Fasching gefeiert. Das größte Bundesland Nordrhein-Westfalen bereitet sich auf den Rosenmontag vor, Bayern geht in die Faschingsferien.

Unterdessen wählt Hamburg am 2. März sein Landesparlament, die Bürgerschaft. Das könnte auch deswegen zum Politikum werden, weil Scholz früher Bürgermeister der Hansestadt war. In Hamburg ist die SPD traditionell stark und könnte bundespolitisch von örtlichem Rückenwind profitieren.

Icon von whatsapp
Quelle: dpa

Sie wollen auf dem Laufenden bleiben? Dann sind Sie beim ZDFheute-WhatsApp-Channel richtig. Hier erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten auf Ihr Smartphone. Nehmen Sie teil an Umfragen oder lassen Sie sich durch unseren Podcast "Kurze Auszeit" inspirieren. Zur Anmeldung: ZDFheute-WhatsApp-Channel.


Quelle: dpa, Reuters

Mehr zur Debatte über den Termin für Neuwahlen

  1. Stephan Bröchler, Berliner Landeswahlleiter, spricht bei einer Pressekonferenz über die Teil-Wiederholungswahl zum Deutschen Bundestag im Februar 2024.

  2. Das Bundeskanzleramt ist am Morgen durch einen Bauzaun hindurch zu sehen.
    Analyse

    Klingbeil und Söder im ZDF:Das "Geschacher" um den Neuwahl-Termin

    von Wulf Schmiese und Lydia Wolter
    mit Video

  3. Briefwahlunterlagen für die Bundestagswahl mit Stimmzettel
    Exklusiv

    Industrie widerspricht Wahlleiterin:"Es gibt keinen Papiermangel"

    von Florian Neuhann
    mit Video

  4. Scholz und Lindner

    Nachrichten | heute - in Deutschland:Mehrheit für Neuwahlen

    von Claudia Oberst
    1:19 min

Nachrichten zur Bundestagswahl

  1. ZDF-Politbarometer

    Nachrichten | heute 19:00 Uhr:ZDF-Politbarometer

    2:11 min

  2. Kommunalwahl NRW

    Politik | Länderspiegel:Kommt die blaue Welle in NRW

    von P. Böhmer / A. Kehlenbach / B. Spiekermann
    4:06 min

  3. Das aktuelle ZDF-Politbarometer

    Nachrichten | heute:Aktuelles ZDF-Politbarometer

    von Stefan Schlösser
    1:05 min

  4. Berlin: Omid Nouripour, ehemaliger Bundesvorsitzender von Bündnis90/Die Grünen, kommt zur Fraktionssitzung im Bundestag.

    "Alle permanent im Wahlkampf":Nouripour will Wahltermine bündeln

    von Leon Müller

  5. AfD Wahlplakat, Bundestagswahl 2025

  6. Wolfgang Kubicki - 2025

    "Keine Scheu vor Zuspitzung":Kubickis Tipps für Comeback der FDP

    mit Video

  7. SPD Bundesparteitag 2025: Olaf Scholz, Bundeskanzler a.D., hält eine Rede

    Abschiedsrede auf SPD-Parteitag:Scholz: "Es war eine große Zeit"

    mit Video

  8. Bundestagsabgeordneter und Bodo Ramelow auf dem Parteitag der Linken am 09.05.2025.