Neue Gesundheitsministerin:Nina Warken: Die Unbekannte mit Mammutaufgabe
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Das Gesundheitswesen war ihr eher fremd, sie selbst in der Bundespolitik so gut wie unbekannt: Nina Warken, im Ton emotionslos, verspricht: Das System soll besser werden. Aber wie?
Als sich Karl Lauterbach (SPD) bei der Ämterübergabe sichtlich gerührt von seinem "Traumjob" verabschiedet, hört ihm sein Gegenentwurf aufmerksam zu. Nina Warken (CDU), 46 Jahre, Juristin, verheiratet, drei Söhne und eigentlich zuhause in der Innenpolitik, übernimmt ein Haus, das als Gesetzgebungsmaschine gilt und trotzdem nicht aus den Negativschlagzeilen kommt.
Ihre Antrittsrede im Bundesgesundheitsministerium am 7. Mai ist so sachlich, dass sich ein Journalist leise besorgt fragt, wie er daraus auch nur eine Meldung machen soll. Offenbar geht es ihm wie vielen. Es bleibt wenig hängen, weil ihre Rede von allem etwas hat. Ist es ein Vorteil, dass ihr die Leidenschaft eines Karl Lauterbachs abgeht? Warken will in Zukunft mit allen reden. Sie könne zuhören, am Ende entscheiden aber werde sie. Das klingt offen und bestimmt.
Warken übernimmt Gesundheitsministerium: Welche Akte brennt?
Als die Personalie Nina Warken kurz vor der Verkündung durch Friedrich Merz (CDU) durchsickert, ist ihr Name so unbekannt, dass viele im Gesundheitssystem ihn erst einmal googeln müssen. Und manch ein Lobbyist wird gejubelt haben angesichts des zu erwartenden, unbeschriebenen Blatts. "Die kennt sich überhaupt nicht aus, wie will sie das bei dieser Lage schaffen?", hört man immer wieder bei denen, die lange im System sind.
Warken betont an diesem Tag der Amtsübergabe, sie gehe mit "viel Freude und Respekt" an ihre neue Aufgabe. Als Ministerin wolle sie es ähnlich halten wie die SPD-Politikerin Brigitte Zypries. Wichtig sei die Fähigkeit, aus "dem Wust an Akten, die einem jeden Tag hingelegt werden, die eine rausfischen zu können, die eventuell anbrennen könnte".
Warken: "Ohne kurzfristige Maßnahmen geht es nicht"
Aber was ist, wenn der ganze Akten-Wust schon brennt? Die spendable Ausgabenpolitik ihrer Vorgänger zeigt jetzt ihre Wirkung. Gerade erst hat der Bund eine 800-Millionen-Spritze vorgezogen, um die Liquidität der gesetzlichen Krankenkassen abzusichern. Die Lage der gesetzlichen Krankenkassen sei dramatischer als ohnehin angenommen, so Warken im Handelsblatt. Sie übernehme ein System in "tiefroten Zahlen".
Auf die Kommission, die für die Finanzlage laut Koalitionsvertrag Lösungen finden soll, will Warken nicht warten, "ohne kurzfristige Maßnahmen" werde es nicht gehen. Ob das bedeutet, dass dauerhaft mehr Steuergeld fließen wird, um die Stabilität der Krankenkassen zu sichern, ist unklar. Ob die Beitragssätze weiter steigen werden? Wahrscheinlich. Wird es gar Leistungskürzungen geben? Nichts ist ausgeschlossen.
Nina Warken - stolze Tauberbischofsheimerin
"Das müssen wir in den Blick nehmen", ist eine von ihr auffällig oft genutzte Formulierung. Auch bei ihrer ersten Rede als Bundesgesundheitsministerin im Bundestag - ausgerechnet an ihrem 46. Geburtstag. In den Blick nehmen bezieht sie auch auf die Krankenhausreform, die von Lauterbach häufig gegen den andauernden Widerstand der Länder durchgesetzt wurde. Wohl nicht zufällig betont Warken, dass sie vom Land komme, die Probleme vor Ort kenne.
Sie sei "stolze Tauberbischofsheimerin" steht ganz oben auf ihrer Bundestagsseite. Das ist ein "anderer Blick" als der von Lauterbach, dem viele vorwarfen, Politik aus dem bundespolitischen Elfenbeinturm zu machen. Wenn Wege zum nächsten Krankenhaus mit Geburtsstation und zur Apotheke länger würden, so Warken, oder sich kein ambulanter Pflegedienst finden lasse, seien das Missstände, die man verhindern könne. Die Reform müsse man gangbarer machen:
Wir werden sie verbessern, nicht verwässern.
Nina Warken, CDU
Willkommen im Haifischbecken
Nina Warken spricht von "gewaltigen Herausforderungen" und "ineffizienten Strukturen" und vom einzelnen Menschen, der im Mittelpunkt stehe. Das haben schon andere vor ihr gesagt, jetzt aber ist die Lage tatsächlich schwer bis besorgniserregend. Auch im Bundestag spricht sie gedämpft, so als wäre der Inhalt schon erschreckend genug.
Als Nina Warken vor knapp zehn Tagen das Amt von Karl Lauterbach übernimmt, kommt es zu einer vielsagenden Szene: In ihrer kurzen Rede wünscht die Vorsitzende des Personalrats im Bundesgesundheitsministerium der neuen Ministerin für ihre Zeit "gute Schwimmtechniken im Haifischbecken Gesundheitswesen". Nina Warken lächelt. Sie wird wissen, das ist ein ernst gemeinter Rat.
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