Sondervermögen Bundeswehr: Wer am meisten profitiert
Exklusiv
Milliarden für Rüstungskonzerne:Wer am meisten von der Zeitenwende profitiert
von Christian Schweppe
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Exklusive ZDF-Recherchen zeigen, welche Firmen der Rüstungsindustrie vom "Sondervermögen Bundeswehr" besonders profitieren. Ein Player bekommt fast die Hälfte der 100 Milliarden.
100 Milliarden für ein sichereres Deutschland: Das ist das Versprechen hinter dem "Sondervermögen Bundeswehr". Doch wohin ist das Geld - und sind wir damit wirklich sicherer geworden? 25.06.2025 | 28:44 min
100 Milliarden, um die Bundeswehr verteidigungsfähig zu machen: Das ist das Versprechen des "Sondervermögens Bundeswehr". In welche Firmenkassen genau das Geld fließt, war bisher nicht bekannt. ZDF-Recherchen zeigen nun erstmals im Detail: Die Rheinmetall AG ist die größte Profiteurin der deutschen Aufrüstung. Das belegen Unterlagen aus dem Verteidigungsministerium.
Das Unternehmen bestätigt dem ZDF auf Nachfrage, dass es Aufträge im Wert von 42 Milliarden Euro erhalten hat - fast die Hälfte des gesamten Sondervermögens.
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Blackbox Zeitenwende-Sondervermögen
Im Detail nachzuvollziehen, welche Rüstungsfirma wie viel Geld erhalten hat, war bislang kaum möglich: So werden weder im Verteidigungsministerium noch im Bundestag detaillierte Listen nachgehalten, welche Firmen und Unterfirmen Aufträge erhalten.
Für das Dokuformat "Die Spur" hat ein ZDF-Team monatelang alle ersten rund 125 Projektvorlagen recherchiert, die ganz oder teilweise aus dem Sondervermögen finanziert werden. Aus den entsprechenden Vertragsunterlagen (VS - NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH) lassen sich die Vertragspartner herauslesen und auflisten; außerdem konnte das Team weitere Militärpapiere der Einstufung VS - VERTRAULICH sowie Dokumente des Bundesrechnungshofs einsehen.
Quelle: ZDF/finally
In der neuen Folge des ZDF-Dokuformats "Die Spur" decken Christian Schweppe, Ciara Cesaro-Tadic und Tim Gorbauch auf, was aus dem Sondervermögen Bundeswehr wurde. Die Doku "Die Zeitenwende-Deals: Wohin sind die 100 Milliarden?" können Sie am 25. Juni 2025 um 22:45 Uhr im ZDF sehen oder jetzt hier streamen.
Rheinmetall hat meiste Aufträge und Unteraufträge
Das Ergebnis der Analyse: Von den rund 125 ausgewerteten großen Zeitenwende-Projekten entfallen allein 22 auf Rheinmetall; viele davon wie der Schützenpanzer Puma oder mehrere Bundeswehr-IT-Projekte umfassen ein Auftragsvolumen oberhalb von einer Milliarde Euro.
Dahinter folgen Airbus mit elf Projekten, KNDS Deutschland mit acht, Rohde & Schwarz mit sieben und Diehl Defence mit sechs.
Rheinmetall profitiert darüber hinaus in dutzenden Fällen durch Unteraufträge, die Tochterfirmen im In- und Ausland erhalten haben. Der Konzern könnte seinen Umsatz dadurch in diesem Jahr im Vergleich zu 2022, dem Jahr in dem die Zeitenwende ausgerufen wurde, verdoppeln und hat seinen Börsenwert zwischenzeitlich bereits verzehnfacht.
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Milliardenschwere Zuschläge - doch Probleme bei der Auslieferung
Seit Ausrufung der "Zeitenwende" und dem Beschluss eines Sondervermögens ist die Bundeswehr aus der Sicht von Kritikern allerdings kaum verteidigungsfähiger geworden.
Ein Grund sind Verzögerungen, die im Rahmen der ZDF-Recherchen nun erstmals bekannt werden: Beim Flugabwehrsystem "Skyranger" plant das Verteidigungsministerium derzeit intern mit zwölf bis 16 Monaten Verspätung. Hersteller Rheinmetall spricht auf Nachfrage lediglich von einer Verzögerung "von etwa fünf Monaten".
Auch andere Systeme wie der Kampfpanzer Leopard 2 A8 und luftlandefähige Fahrzeuge werden laut der aktuellen Planung im Verteidigungsministerium nicht - wie zunächst angekündigt - bis 2025 geliefert.
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Interner Rüstungsbericht: Kostensteigerungen bei zentralen Projekten
Neben den Verzögerungen steigen zudem die Kosten. Ein interner Rüstungsbericht, der dem ZDF vorliegt, listet mindestens elf von 13 zentralen Projekten auf, die am Ende teurer werden als geplant - insgesamt um etwa 13 Milliarden Euro.
Das Verteidigungsministerium wollte etwaige Auslieferungsplanungen, mögliche Lieferverzögerungen und Kostensteigerungen nicht kommentieren, da diese dazu geeignet seien, "Rückschlüsse und Ableitungen auf die Leistungsfähigkeit der Bundeswehr zuzulassen", weshalb man "mit Blick auf die militärische Sicherheit" keine Details kommentieren wolle.
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Inspekteur des Heeres Mais: "Deutlicher Appell an die Industrie"
Kritik kommt aus dem Heer. Schon vor Bekanntwerden der Verspätungen hatte der Inspekteur, General Alfons Mais, dem ZDF gegenüber gefordert:
Keine Mehrkosten, keine Verspätungen, keine Nacharbeiten. Das ist mein deutlicher Appell an die Industrie, dann jetzt auch die Verträge so umzusetzen. Die Bedrohung ist da.
„
General Alfons Mais, Inspekteur des Heeres
Die Vorsitzende im Verteidigungsausschuss im EU-Parlament, FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, sagte vor dem Hintergrund des laufenden Nato-Gipfels dazu:
Diese Verzögerungen in Deutschland werden in Brüssel genau verfolgt. Die Industrie hat ohne Ende Aufträge bekommen und ist jetzt auch mal in der Pflicht, in die Gänge zu kommen.
Es sei, so Strack-Zimmermann weiter, alles eine Frage der Schnelligkeit.
Quelle: dpa
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