Gesprächskultur im Wandel: Warum sich die Gen Z häufig abgrenzt

Gesprächskultur im Wandel:Warum sich junge Erwachsene häufig abgrenzen

von Christopher Emmerling
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Krisen, soziale Medien und Unsicherheit verändern die Gesprächskultur der Gen Z. Wie sie mit Filterblasen und Meinungsfreiheit umgeht und wie man miteinander im Gespräch bleibt.

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Wie hat sich die Streitkultur verändert und sind konstruktive Diskussionen noch möglich? Der Verein "Debattierclub Köln" geht dieser Frage nach.

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Von außen betrachtet wirkt die junge Generation bestens vernetzt: Sie tauscht sich rund um die Uhr über Messenger, Social-Media-Posts, Storys und Reaktionen aus. Und doch beobachten viele Expert*innen: Der echte Austausch nimmt ab, eigene Meinungen werden vorsichtiger geäußert und das Miteinander in Diskussionen seltener.

Diplom-Psychologe Frank Quiring vom Kölner rheingold Institut nennt das die "Tarnkappen-Strategie": "Viele junge Erwachsene zeigen sich öffentlich nur noch mit dem, was erwartet wird - und halten Persönliches eher zurück."

Gen Z: Ursachen für den Rückzug

Für das Verhalten der Generation Z gibt es viele Gründe: Gesellschaftliche Umbrüche, Zukunftsängste und das Gefühl der Orientierungslosigkeit haben die Kommunikationskultur verändert.

Junge Menschen erleben, dass Diskussionen - vor allem in sozialen Medien - schnell emotional und wertend werden. "Man hat das Gefühl, gleich angegriffen zu werden, wenn man etwas Unbequemes sagt", so Quiring. Das führe dazu, dass man sich lieber in vertrauten Gruppen bewegt - bei Menschen, die ähnlich denken.

Debattenkultur: Rückzug statt Diskussion

Die Hinwendung zu kleinen, vertrauten Gruppen ist laut Quiring kein Zeichen von Desinteresse an Gesellschaft oder Politik, sondern ein Schutzmechanismus. "Wenn draußen alles unsicher erscheint, sucht man Sicherheit im Bekannten", erklärt der Psychologe. Familie, Freundeskreise und digitale Communities bieten Halt, wo das größere Umfeld als instabil wahrgenommen wird.

Gleichzeitig nimmt die Bereitschaft ab, sich auf andere Perspektiven einzulassen. "Früher gab es mehr Toleranz für unterschiedliche Sichtweisen. Heute erleben wir, dass Unterschiede schneller zu Spannungen führen", betont Quiring. Dies sei jedoch keine Schuld der jungen Generation allein, sondern ein gesamtgesellschaftliches Phänomen - verstärkt durch Krisen, Dauerstress und mediale Darstellung.

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Gesprächskultur wieder stärken

Sich sicher fühlen - das ist die Voraussetzung dafür, dass echte Kommunikation gelingen kann. Laut Quiring schaffen Fußballvereine, ehrenamtliche Projekte, offene Kulturorte oder Begegnungen auf Augenhöhe genau solche Räume. Wer Schutz und Vertrauen erlebt, öffnet sich eher für den Dialog.

Wir brauchen Räume, in denen man sich sicher fühlt - im Kleinen wie im Großen.

Frank Quiring, Diplom-Psychologe und Mitglied der Geschäftsführung rheingold Institut, Köln

Quiring weist darauf hin, dass nicht jede andere Meinung sofort abgelehnt werden sollte. "Es hilft, erst zuzuhören, Unterschiede stehen zu lassen - und das Gemeinsame zu suchen." Gerade junge Menschen hätten dabei großes Potenzial. Sie seien reflektiert, sensibel - und wünschten sich oft mehr Miteinander, als es nach außen scheint.

Hilfsangebote bei Gesprächsangst und Rückzugsgefühlen



Christopher Emmerling ist Redakteur der ZDF-Sendung "Volle Kanne - Service täglich".

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