Shein im Öko-Test: Was kann die Fast Fashion aus China?

Mehr Shein als Sein:Öko-Test: Toxische Stoffe in Shein-Kleidung

Florence-Anne Kälble
von Florence-Anne Kälble
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Kleidung zu Billigstpreisen - dafür steht Shein. Öko-Test hat 21 Produkte auf Chemikalien untersucht - und wurde vor allem bei Kleidung für Kinder und Jugendliche fündig.

Eine Frau sitzt auf dem Sofa und packt eine Jacke aus einem Paket aus.

Der Online-Gigant Shein ist besonders beliebt für extrem günstige Kleidung. Öko-Test entdeckte gesundheitsschädliche Chemikalien in einigen der untersuchten Podukte.

Quelle: imago/Pong5 Images

Fast jeder, der sich auf Instagram und TikTok bewegt, ist mit Werbung der Marke Shein (ausgesprochen englisch: "She-in") schon mal in Kontakt gekommen. Der Direktversender aus China flutet den Weltmarkt mit billiger Ultrafast-Fashion.

Öko-Test hatte sich für seine August-Ausgabe mit den schnellen Schnäppchen auseinandergesetzt. Das Fazit: Zwei Drittel aller untersuchten Shein-Artikel fallen durch. Die beste Note im gesamten Test ist "ausreichend", das Gros wurde mit "mangelhaft" und "ungenügend" bewertet.

Zwei Frauen posieren vor der Kamera, eine hält ein Gerät in der Hand, aus dem Geldscheine fliegen. Im Hintergrund befinden sich fünf weitere Personen.

Stylish, trendy, spottbillig: Die chinesische Fashion-Marke Shein bringt Tausende neuer Kleidungsstücke heraus - jeden Tag. Dahinter steckt ein knallhartes Geschäftsmodell.

14.07.2023 | 42:53 min

Öko-Test: Shein-Baby-Kleidung enthält Chemikalien

21 Artikel hatte die Öko-Test-Redaktion bei dem Onlineshop bestellt. Querbeet vom Babyschuh über das Teenagerkleid bis zur Kunstlederjacke für Erwachsene reichte die Bandbreite. Das meiste fühlte sich "gruselig billig" an, so Öko-Test. Die Tester sind den Fragen nachgegangen, ob die bestellte Mode gesundheitsschädliche Schadstoffe enthalte, wie viel Beanspruchung sie vertrage und unter welchen Bedingungen sie produziert wurde.

Acht der 21 Artikel wurden von Öko-Test wegen Rückständen giftiger Chemikalien oberhalb der von der Redaktion ausgewiesenen Abwertungskriterien kritisiert. Dabei handelte es sich vornehmlich um Kleidung für Kinder und Teenager. Aus dem Baby-Mädchen-Kleid mit Einhorn-Muster sei im Labortest toxisches Antimon in die simulierte Schweißlösung übergegangen. Das Kleid wurde mit "mangelhaft" bewertet. Laut Öko-Test können Antimon-Rückstände mit dem Schweiß über die Haut aufgenommen werden und wirken hochgiftig, wenn sie ins Blut gelangen.

In einem bunten Teenie-Anzug wies das Labor Dimethylformamid nach, das laut Öko-Test in der EU als wahrscheinlich fruchtbarkeitsschädigend eingestuft ist. "Ungenügend" lautete hier das Urteil.

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Sandalen von Shein: Toxische Schadstoffe entdeckt

Die höchste Giftansammlung fanden die Tester in zwei Paar Sandalen. Laut Laborbericht waren sie voll von gesundheitsschädlichen Chemikalien, auch solchen, von denen Öko-Test dachte, sie seien längst aus der Textilproduktion verschwunden. Bei den Leo-Damen-Sandalen mit Fußbett überschritten die gemessenen Gehalte gleich mehrfach die im EU-Chemikaliengesetz REACH festgeschriebenen Grenzwerte. Dies war für das nach Angaben von Öko-Test nervengiftige Blei sowie für Cadmium der Fall. Cadmium könne über eine längere Einnahmezeit in hohen Dosen zu Nieren- und Knochenschäden führen.

Daneben wies das Labor verbotene Phthalate in Gehalten nach, die den nach Ansicht der Tester nicht allzu strengen REACH-Grenzwert um das 15-Fache überstiegen. Die im Test gefundenen Phthalate stehen im Verdacht Fortpflanzungsorgane zu schädigen und wie ein Hormon zu wirken. Weiterhin fand sich krebsverdächtiges Naphthalin sowie Dimethylzinnchlorid.

Bei den Herrensandalen fand das Labor unter anderem mehrere polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) in Gehalten, die bis zu 22-fach über dem REACH-Grenzwert lagen. Im Materialtest brach bei beiden Schuhen die Sohle - bei den Damen nach 14.000 simulierten Schritten, bei den Herren bereits nach 5.700.

Irreführende Pflegehinweise bei Shein-Produkten

Bei drei Artikeln stellte Öko-Test nach dem Auspacken fest, dass sie nur per Hand gewaschen werden sollten. Auf der Webseite sei dieser Hinweis nicht aufgezeigt worden. Auch sei bei zwei der drei Produkte explizit auf den Pflegehinweis "maschinenwaschbar" hingewiesen worden. Öko-Test-Redakteurin Heike Baier kritisierte:

Wer, bitte schön, wäscht ein Babyhandtuch von Hand? Mit solchen Pflegehinweisen schützt sich Shein vor Reklamationen, produziert im schlimmsten Fall jedoch Einwegtextilien.

Heike Baier, Öko-Test-Redakteurin

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Shein verweigert Auskunft zu Arbeitsbedingungen und Materialherkunft

Der Hauptsitz des Unternehmens ist in Singapur, die Mode werde aber in 5.000 chinesischen Betrieben produziert. Zu jedem einzelnen Produkt versendete Öko-Test einen umfangreichen Fragebogen. Die Nachfragen zu unter anderem fairer Bezahlung und Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen sowie zur Herkunft der verwendeten Baumwolle wurden seitens des Direktversenders nicht beantwortet. In Bezug auf Corporate Social Responsibility (CSR) vergab Öko-Test deshalb in diesem Teilbereich die Note "ungenügend".

De.shein.com heißt der Webshop des chinesischen Fast-Fashion-Anbieters Shein. Hier hatte Öko-Test 21 Kleidungsstücke für verschiedene Altersgruppen eingekauft: fünf für Damen und je vier für Männer, Teenager und Babys. Zusätzlich bestellten sie für jede Altersgruppe auch ein Paar Schuhe. Das günstigste Teil kostete 4,25 Euro, das teuerste 31,99 Euro.

Labore überprüften alle Produkte auf aromatische Amine aus Azofarbstoffen - ohne hier fündig zu werden - und auf halogenorganische Verbindungen. Des Weiteren wurde auf optische Aufheller, PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen sowie extrahierbare Schwermetalle wie Cadmium, Arsen, Antimon und Blei analysiert.

Je nach verwendetem Material kamen hinzu: Phthalate, Dimethylformamid und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) in Schuhen, Kunstlederanteilen sowie Aufdrucken auf Textilien, die Siloxane D4, D5 und D6 in der Sohle des Babyschuhs, zinnorganischen Verbindungen im Fall von extrahierbarem Zinn; keines der untersuchten blanken Metallteile gab Nickel ab.

Textilien wurden auf Formaldehyd - bei allen getesteten Produkten unauffällig - sowie auf Alkylphenolethoxylate untersucht. Letztere gelangen über die Textilherstellung und die Haushaltswäsche ins Abwasser und gelten als starke Umweltgifte. Babybekleidung wurde auf Speichel- und Schweißechtheit getestet, Teenager- und Erwachsenenbekleidung auf Schweißechtheit, Schuhe auf das Ausbluten bei Abrieb und Nässe.

Experten eines spezialisierten Textillabors beurteilten die Qualität der Shein-Bekleidung nach dreimaligem Waschen und Trocknen nach Etikett-Anleitung: Verändern sich die Teile optisch, beispielsweise durch Pilling der Stoffe oder Reißen der Nähte? Laufen sie ein, leiern aus oder verziehen sich? Bei den Kunstlederjacken und den Sohlen der Schuhe prüfte das Labor, wie biegefest sie sind.

Um herauszufinden, unter welchen sozialen und ökologischen Bedingungen die Mode hergestellt wurde, schickten die Tester Shein zu jedem Produkt einen umfangreichen Fragebogen. Shein ließ alle Fragen zur unternehmerischen Verantwortung unbeantwortet. Darüber hinaus wurden die am Produkt angebrachten Angaben mit denen auf der Webseite de.shein.com abgeglichen.


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Quelle: dpa

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