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Florian Lipowitz bei Tour:Ein Ex-Biathlet schreibt ein Radsport-Märchen
von Stephan Klemm
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Der deutsche Debütant Florian Lipowitz fährt bei der Tour de France grandios. Er ist nun Dritter und trägt das Weiße Trikot. Es ist die Geschichte eines faszinierenden Aufstiegs.
Florian Lipowitz trägt das Weiße Trikot als bester Nachwuchsfahrer und ist Gesamt-Dritter der Tour.
Quelle: AP
Bei Christian Prudhomme löst Florian Lipowitz derzeit große Begeisterung aus. Der Direktor der Tour de France jedenfalls ist sehr angetan von den Leistungen des deutschen Radprofis. "Bravo Lipowitz. Er hat mich schon das ganze Jahr über fasziniert", sagte Prudhomme am Samstag. Der deutsche Tour-Debütant ist das Phänomen der ersten beiden Wochen dieser Frankreich-Rundfahrt, seine formidablen Leistungen sind gerade ein großes Gesprächsthema im Tross des größten Radrennens der Welt.
Verwunderung über einen Novizen
Am Samstag wurde die Verwunderung noch etwas größer, denn Lipowitz kletterte im wahrsten Wortsinn in dem Pyrenäenstädtchen Peyragudes, bei der bisher schwersten Etappe der 112. Ausgabe der Tour, auf Rang drei der Gesamtwertung. Und übernahm außerdem das Weiße Trikot des besten Jungprofis.
Das hatte zuvor Remco Evenepoel getragen. Doch der Belgier stieg, körperlich geschwächt, im Anstieg auf den Tourmalet aus dem Rennen. In der Form, in der sich Lipowitz während der drei Pyrenäen-Etappen präsentierte, ist es allerdings sehr wahrscheinlich, dass er Evenepoel auch ohne dessen Rückzug überholt hätte. Lipowitz absolvierte die Hochgebirgstrilogie in Frankreichs Südwesten auf Rang drei am Donnerstag, Platz vier am Freitag und Position fünf am Samstag.
Lipowitz ist die Nummer eins seines Teams
Am Abend der 14. Etappe war Lipowitz, der für das deutsche Team Red Bull-Bora-hansgrohe fährt, verblüfft über sich selbst:
Ich hätte niemals damit gerechnet, einmal auf Platz drei des Gesamtklassements der Tour de France zu stehen. Das fühlt sich an wie ein Märchen.
Radprofi Florian Lipowitz
Am Samstag überraschte der 24-Jährige vollends, weil er eine Attacke des dänischen Mitfavoriten Jonas Vingegaard mitging, dem er genauso folgte wie Tadej Pogacar, der Vorjahressieger im Gelben Trikot. Bald darauf musste Lipowitz zwar abreißen lassen, doch die Frage, wer die Nummer eins bei Red Bull ist - der Veteran Primoz Roglic oder er, Lipowitz - existiert nur noch auf dem Papier. Auf der Straße sind die Verhältnisse klar: Lipowitz ist derzeit stärker als Roglic.
Lipowitz war deutscher Juniorenmeister - im Biathlon
Lipowitz stellt sich bei der Tour mit erstaunlicher Chuzpe und großem Mut vor, er betont stets, dass er sich auf die langen und steilen Berge "so richtig freut". Das alles ist umso verblüffender, weil Lipowitz ein Newcomer ist, der bereits eine Sportler-Karriere hinter sich hat. Er war zunächst Biathlet und als solcher deutscher Juniorenmeister. Doch zwei schwere Knieverletzungen im Alter von 16 und 17 Jahren zwangen ihn zur Aufgabe.
Daraufhin stieg Lipowitz um aufs Rennrad, sein Sommertrainingsgerät, und war dort auf Anhieb erfolgreich - und wie. Mit 18 gewann er zwei Radmarathons in den Alpen und sorgte damit für Furore in der Szene. Ralph Denk, der Chef des damaligen Teams Bora-hansgrohe, besorgte Lipowitz spontan einen Platz in der Mannschaft KTM Tirol. Dort überzeugte der Novize und erhielt 2023 einen Vertrag in Denks deutscher World-Tour-Auswahl, deren Hauptsponsor nun Red Bull ist.
Großes Lob von Tadej Pogacar
Und Lipowitz verblüffte weiter, gewann erste, kleinere Rennen, belegte Platz sieben bei der dreiwöchigen Spanien-Rundfahrt im Spätsommer 2024 und Rang zwei bei Paris-Nizza im März 2025. Im Juni wurde er beim stark besetzten Critérium du Dauphiné Dritter und dort nur von Pogacar und Vingegaard bezwungen. Beide äußern sich voller Respekt über ihren unerwarteten Gegner von der Schwäbischen Alb.
Pogacar sagte zuletzt sogar: "Florian ist richtig stark und ein sehr guter Fahrer. Er hat noch Raum für Verbesserungen." Er ist sich sicher:
Wir werden noch mehr von ihm sehen in den nächsten Tagen und Jahren.
Tadej Pogacar über Florian Lipowitz
Sieht so aus, als sei nicht nur Prudhomme ein Lipowitz-Fan, sondern auch ein Slowene im Gelben Trikot.
Quelle: Reuters
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