Die Lebensversicherung widerrufen

Die Lebensversicherung widerrufen

|
Blatt auf dem steht "Versicherungsschein Lebensversicherung"

Lebensversicherungen mit fehlerhaften Passagen, die zwischen Mitte 1994 und Ende 2007 abgeschlossen wurden, können auf unbegrenzte Zeit widerrufen werden. Philipp Opfermann von der Verbraucherzentrale NRW erklärt, wie man dabei vorgeht.

Eine Lebens- oder Rentenversicherung zu widerrufen anstatt sie zu kündigen, kann Versicherten viel Geld sparen, denn ein Widerspruch bringt das eingezahlte Geld zurück plus Zinsen. Laut der Verbraucherzentrale NRW sind etwa 60 Prozent der entsprechenden Verträge fehlerhaft.

Welchen Versicherungen kann widersprochen werden?

Betroffen sind nur Lebens- und Rentenversicherungen, die zwischen dem 29. Juli 1994 und dem 31. Dezember 2007 abgeschlossen wurden. „Hier haben viele Versicherer entweder nicht richtig über das Widerspruchs- und Rücktrittsrecht belehrt oder auch die notwendigen Verbraucherinformationen nicht bzw. nicht vollständig erteilt. In beiden Fällen können Verbraucher noch heute den Vertrag rückabwickeln“, erklärt Philipp Opfermann von der Verbraucherzentrale NRW.

Häufige Fehler in den Widerspruchsbelehrungen:

  • sie sind nicht drucktechnisch hervorgehoben
  • es fehlt darin der Hinweis, dass seit 2002 in Textform (d.h. ohne Unterschrift) und vor 2002 in Schriftform (d.h. mit Unterschrift) widersprochen werden kann.
Des Weiteren können sowohl laufende Versicherungsverträge als auch bereits gekündigte oder regulär abgelaufene Verträge geprüft werden.

Welche Beiträge muss die Versicherung zurückzahlen?

„Sie erhalten die eingezahlten Beiträge zurück, inklusive der gezahlten Abschluss- und Verwaltungskosten. Davon darf der Versicherer lediglich die Kosten für den Risikoschutz abziehen“, so Philipp Opfermann. „Zudem hat man einen Anspruch auf Nutzungsersatz, da der Versicherer mit dem eigenen Geld gearbeitet hat.“

„Der Versicherer arbeitet mit Beträgen, die er von den Versicherungsnehmern erhält. Die hierbei erwirtschafteten Zinsen nennt man juristisch ‚Nutzungen‘ – diese hat der Versicherer bei einem Widerspruch ebenfalls herauszugeben. Allerdings muss erst nachgewiesen werden, in welcher Höhe der Versicherer Zinsen erwirtschaftet hat. Hierfür ist ein Blick in die Geschäftsberichte des Versicherers notwendig“, erklärt der Versicherungsexperte.
„Bei fondsgebundenen Versicherungen hingegen wird anders gerechnet, da die Zinsen an die Fondsentwicklungen gekoppelt sind.“

Nicht jeder sollte widersprechen

Ein Widerspruch sollte nicht vorschnell erklärt werden. Es gilt zu prüfen, ob der Widerspruch auch finanziell gegenüber der Weiterführung des Vertrages bis zum Ablaufdatum vorteilhafter ist. Neben der juristischen ist deshalb auch eine wirtschaftliche Prüfung zu empfehlen, bei der professionelle Hilfe erforderlich ist.
„Einige Rechtsdienstleister werben im Internet mit ‚kostenlosen‘ Prüfungen – bekommen allerdings meistens 20 bis 25 Prozent Provision. Zum Teil gelten diese Angebote auch nur für Rechtschutzversicherte, die ohnehin einen kostenfreien Anwalt an der Hand hätten“, warnt Philipp Opfermann.

In neuen Rechtschutzversicherungen ist die Übernahme eines Widerspruchs meist ausgeschlossen – in Verträgen die drei bis vier Jahre alt sind, ist er hingegen oft mitversichert.
Achtung: Ein Widerspruch der einmal erklärt wurde, kann nicht mehr, ohne die Zustimmung des Versicherers, zurückgenommen werden.

Hinzu kommt, dass häufig auch eine Berufsunfähigkeitsversicherung an die Lebens- oder Rentenversicherung gekoppelt ist, die bei Rückabwicklung ebenfalls beendet wird. In diesem Fall kann es sein, dass es vernünftiger ist, trotz lohnenswerter Rückabwicklungsmöglichkeit den Vertrag fortzuführen. Eine neue Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen ist mit steigendem Alter teurer und häufig finanziell gar nicht mehr zu stemmen. Ausschlusskriterien können auch Vorerkrankungen sein.

  • Nach Möglichkeit den Versicherungsantrag (u.a. um die Abweichungen von Versicherungsschein und Antrag zu prüfen)
  • Versicherungsschein
  • Versicherungsbedingungen
  • Verbraucherinformationen
  • Standmitteilungen
  • Bei Beendigung der Versicherung das Abrechnungsschreiben

Um eine umfassende Prüfung vorzunehmen, ist nicht nur wichtig, die Widerspruchs- bzw. Rücktrittsbelehrung zu prüfen, sondern auch alle weiteren Unterlagen. Häufig wurden auch die gesetzlich vorgeschriebenen Verbraucherinformationen nicht oder nicht vollständig überlassen, was ebenfalls ein Rückabwicklungsrecht auslöst. 
Hier finden Sie weitere Informationen zum BGH-Urteil und der Prüfung und Berechnung zum Widerruf von Lebens- und Rentenversicherungen der Verbaucherzentrale NRW.

Auch interessant