Hilfe bei Inkontinenz

Das Wasser nicht mehr halten können

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Toilettenschild

Als Erwachsener Windeln tragen? Nasse Flecken an der Hose? Unangenehme Feuchtigkeit, gar strenger Geruch? Schätzungen gehen davon aus, dass jeder zehnte Mann und jede vierte Frau im Laufe des Lebens Erfahrungen mit Harninkontinenz macht.

Wer inkontinent ist, kann seinen Urin nicht mehr kontrolliert zurückhalten. Es gibt verschiedene Formen der Inkontinenz. Die beiden häufigsten Formen sind die Drang-/Reflexinkontinenz und die Belastungs-/Stressinkontinenz. Bei Letzterer liegt eine Erschlaffung des Beckenbodens oder ein Schaden am Harnröhrenverschluss, am Schließmuskel vor. Dies führt dazu, dass der Betroffene beim Lachen, Niesen oder Husten unfreiwillig Urin verliert.

Bei Männern tritt Inkontinenz hauptsächlich nach einem Eingriff an der Prostata oder der kompletten operativen Entfernung derselben auf. Frauen erkranken meistens nach einer Schwangerschaft, durch Übergewicht oder aufgrund ihres Alters daran.

Inkontinent trotz intaktem System?
Anders als bei der Belastungsinkontinenz kann es bei der Dranginkontinenz auch bei völlig intaktem Verschlusssystem zu unkontrollierten Harnverlust kommen. Der Grund: eine übersensible Blase. Wenn man dem natürlichen Verlangen nach Wasserlassen zu schnell nachkommt, die Blase also kaum gefüllt ist, wird sie kleiner. Sie kommt sozusagen „aus dem Training“. Dadurch verringert sich das Fassungsvermögen und das Gehirn erhält immer schneller und häufiger das Signal „Blase voll“.
Die Blase zieht sich krampfartig so stark zusammen, dass auch das Verschlusssystem nachgibt. Hauptursachen dafür können eine Entzündung der Blase, Blasensteine oder eine vergrößerte Prostata sein. Auch durch einen Schlaganfall, eine Hirn-OP, ein Gehirntumor aber auch Multiple Sklerose kann eine Dranginkontinenz ausgelöst werden.    

Eine frühzeitige Diagnose ist wichtig, denn dann kann in den meisten Fällen die Kontinenz wieder vollständig hergestellt werden. Doch viele Betroffene leben aus Scham zehn bis 20 Jahre mit der Erkrankung, bevor sie zum Arzt gehen. Da die Ursachen für eine Inkontinenz vielseitig sind, ist es ratsam, einen Experten aufzusuchen. An vielen Universitätskliniken gibt es sogenannte Kontinenz-zentren. Die Vernetzung mit anderen Abteilungen wie der Neurologie ermöglicht eine breitere Diagnostik als das in Privatpraxen von Urologen oder Gynäkologen der Fall ist.  

Kontinenz wiederherstellen
Ist die Ursache einer Dranginkontinenz nicht organisch, dann kann mit einem Blasen- und Toilettentraining die Kontrolle über die Blase verbessert und die Abstände zwischen den Toilettengängen schrittweise verlängert werden. So wird die Blase wieder an größere Füllmengen gewöhnt.
Parallel zum Blasentraining werden Medikamente verabreicht. Die sogenannten Anticholinergika sorgen für eine Entspannung der Blasenmuskulatur, die dadurch wieder mehr Urin speichern kann. Zu den möglichen Nebenwirkungen zählen Mundtrockenheit, Magen-Darm-Störungen und trockene Haut.
Botox oder Implantat als Alternative
Wer aufgrund einer neurologischen Erkrankung unter einer Dranginkontinenz leidet und große Mengen Urin verliert, bei dem kann diese Therapie versagen. Dann können das Nervengift Botox in die Blase gespritzt oder ein Blasenschrittmacher implantiert werden. Dabei wird oberhalb des Gesäßmuskels ein Generator und in den Rückenmarkskanal eine Elektrode implantiert. Diese sendet permanent einen elektrischen Impuls, der den Blasenmuskeln beeinflusst und so den Drang dämpft.
Männer, die aufgrund einer Prostataoperation inkontinent werden, müssen nach dem Eingriff ein Beckenbodentraining absolvieren. Dabei sollen der Schließmuskel und die Beckenmuskulatur gezielt gestärkt werden. Die Übungen sollten mehrmals täglich und mindestens ein Jahr lang durchgeführt werden, auch zu Hause. Viele Physiotherapeuten bieten dieses Training an. Bei etwa 70 Prozent der Fälle führt das zum Erfolg. Wenn nicht, bleibt nur noch das Implantieren eines künstlichen Schließmuskels oder eines Stützkissens für den Schließmuskel.

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