Handelsstreit:Zolldeal: Schmerzhafter Kompromiss für Autobranche
EU und USA haben sich auf ein Zollabkommen geeinigt. Washington senkt die Zölle für Autos, Brüssel öffnet den Markt stärker für US-Produkte. Was bringt das für die Autoproduktion?
Die US-Zölle auf Autos aus der EU sollen rückwirkend zum 1. August von 27,5 auf 15 Prozent gesenkt werden. Darauf haben sich die USA und die EU geeinigt.
21.08.2025 | 0:26 minNach wochenlangem zähen Ringen um Details und Formulierungen steht nun eine schriftliche Erklärung zum Zolldeal, die Aufschluss über die genauen Inhalte des Abkommens zwischen den Amerikanern und den Europäern liefern soll. Was zunächst nach dem großen Wurf klingt, ist in Wahrheit ein mühsam errungener Kompromiss, der hierzulande sowohl für Zustimmung als auch für Vorbehalte sorgt.
Die USA wollen ihre Zölle auf Autoimporte aus der Europäischen Union rückwirkend zum 1. August von zuletzt 27,5 auf 15 Prozent senken. Dies geschieht allerdings erst dann, wenn die EU die dafür erforderlichen Voraussetzungen, also die Senkung der europäischen Zölle auf US-Industriegüter, erfüllt.
Einigung im Zollstreit: Optimistische Töne aus Brüssel
In Brüssel versucht man sich dennoch in Zweckoptimismus. Für die Automobilindustrie seien das "willkommene Nachrichten", wie EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič erklärt. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellt aber auch klar:
Dies ist nicht das Ende des Prozesses.
Ursula von der Leyen, EU-Kommissionspräsidentin
"Wir setzen unsere Zusammenarbeit mit den USA fort, um weitere Zollsenkungen zu vereinbaren, weitere Bereiche der Zusammenarbeit zu identifizieren und mehr Potenzial für Wirtschaftswachstum zu schaffen", so von der Leyen.
Die US-Zölle auf Autos aus der EU sollen rückwirkend gesenkt werden. Im Gegenzug stellt die EU Trump unter anderem milliardenschwere Investitionen in Aussicht, so Frank Bethmann.
21.08.2025 | 1:39 minNoch vor wenigen Wochen stand die EU vor der realen Gefahr, dass US-Importzölle für Autos auf 30 Prozent angehoben werden. Hinter den Kulissen war zudem die Sorge groß, dass Donald Trump im Falle eines eskalierenden Handelskrieges die Unterstützung für die Ukraine oder den militärischen Schutz Europas infrage stellt.
Vorsichtiges Aufatmen in der Autoindustrie
Was vor diesem Hintergrund als pragmatische Realpolitik einzuordnen ist, ist handelspolitisch eher als kleineres Übel zu bezeichnen. Vor Trumps Amtsantritt lagen die US-Importzölle noch bei 2,5 Prozent, zuletzt bei hohen 27,5 Prozent. Die künftige Senkung auf 15 Prozent ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, bleibt für die europäische und vor allem die deutsche Autoindustrie aber dennoch eine Belastung.
Die US-Zölle trafen deutsche Exporteure hart. Firmen wie Vetter und Grenzebach ringen mit Mehrkosten, Unsicherheit und strategischen Entscheidungen: Exportieren oder gleich vor Ort produzieren?
07.08.2025 | 2:56 minZudem öffnen die Europäer im Gegenzug ihre Märkte stärker für US-Produkte, was den Konkurrenzdruck durch US-Hersteller erhöht, während die heimische Autoindustrie noch immer mit hohen Barrieren in den USA kämpft. Der verhaltene Optimismus von VDA-Präsidentin Hildegard Müller mit dem dringenden Hinweis auf künftige Verbesserungen überrascht daher nicht. Sie begrüßt das Zollabkommen, mahnt aber:
Langfristig muss das Ziel sein, hier wieder zu einem geringeren Zollsatz zu kommen.
Hildegard Müller, VDA-Präsidentin
Erklärung auf wackeligen Beinen
Kritiker verweisen darauf, dass die Vereinbarung nicht rechtsverbindlich sei. Sollte Trump mit den Ergebnissen unzufrieden sein oder das Gefühl bekommen, die Europäer hielten ihre Versprechen nicht ein, könnte er die Zölle jederzeit wieder einseitig anheben.
Die US-Importzölle von Präsident Trump sind vor wenigen Wochen in Kraft getreten.
07.08.2025 | 1:30 minGanz unwahrscheinlich ist ein solches Szenario angesichts der gigantischen Summen nicht, welche die EU mit ihren massiven Energie- und Investitionszusagen in den Raum gestellt hat: Bis zum Ende von Trumps Amtszeit könnten Flüssigerdgas, Öl und Kernbrennstoffe im Wert von 750 Milliarden Dollar aus den USA bezogen werden.
Zusätzlich will die EU in den kommenden Jahren rund 600 Milliarden Dollar in den USA investieren. Ob diese Versprechen angesichts der Umsetzung mittels privater Unternehmen Wirklichkeit werden können, wird derzeit noch stark bezweifelt.
Zwischen Skepsis und Erleichterung
Für Deutschland, dessen Wirtschaft stark auf den Export und insbesondere auf die Automobilbranche angewiesen ist, bringt der Deal mittelfristig mehr Planbarkeit. Die Begeisterung darüber hält sich ob der höheren Handelshemmnisse und Trumps Fähigkeit zur schnellen Kehrtwende dennoch in Grenzen.
Felix Bernhard arbeitet in der ZDF-Redaktion Wirtschaft und Finanzen.
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