Schwarz-rote Koalition :Was die Wirtschaft von den Booster-Plänen hält
von Mario Shabaviz und Kai Dietrich
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Deutschland steckt in der Rezession. Raushelfen sollen Investitionsbooster, sinkende Energiekosten und weniger Bürokratie. Aus der Wirtschaft kommt Zustimmung - aber auch Skepsis.
"Hidden Champions", also Marktführer, hat die deutsche Wirtschaft einige. Einer davon sitzt im hessischen Aarbergen. Mit ihrer Technik sorgt die Aqseptence Group dafür, dass aus Abwasser wieder Trinkwasser wird.
Der Investitionsbooster: Lob und Kritik
Soll die Wirtschaft laufen, muss investiert werden. Mit verbesserten Abschreibungen für Maschinen und Anlagen ab jetzt bis 2027 will die Koalition dazu ermuntern. Zudem soll die Körperschaftssteuer ab 2028 sinken. Als "Investitionsbooster" steht das so im Koalitionsvertrag.
Firmenchef Baldassare La Gaetana von der Aqseptence Group begrüßt die verbesserten Abschreibungen zwar, ist aber skeptisch, ob damit insgesamt Investitionen schneller stattfinden. Seine Hauptkritik ist die Abfolge beim "Investitionsbooster":
Gewünscht hätte ich mir eine Umkehr auf der Zeitachse, dass wir die Unternehmensbesteuerung vielleicht jetzt bereits perspektivisch gesenkt hätten, statt erst in 2028 damit zu beginnen.
Baldassare La Gaetana, Aqseptence Group
Für den BDI ist es laut Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner wichtig, dass die verbesserten Abschreibungen und die Senkung der Körperschaftssteuer im Paket kommen.
"Beides gehört für uns zusammen, beides ist auch so angelegt im Koalitionsvertrag", sagt Gönner im ZDF-Magazin WISO. Daneben sei Tempo geboten, "dass, wenn es noch dieses Jahr eine Wirkung entfalten sollte, dass es noch vor der Sommerpause (…) am besten verabschiedet würde".
Senkung der Energiekosten: Wirtschaft nicht ganz zufrieden
Deutschlands hohe Energiekosten sind ein Nachteil für Unternehmen im globalen Wettbewerb. Daher soll Strom mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde billiger werden, durch Senkung der Stromsteuer und der Netzentgelte. Und für energieintensive Unternehmen soll ein Industriestrompreis kommen.
La Gaetana von der Aqseptence Group begrüßt zwar: "Die Bundesregierung hat verstanden, dass die Energiepreispolitik ein Problem darstellt und geht das an." Zugleich wünscht er sich, dass die Politik mehr an den Kern der Sache rangehe, statt "an den Symptomen herumzudoktern. Zentral sei, "die Energieversorgung und die Energiewende an sich langfristig zu planen und auf vernünftige Füße zu stellen".
BDI-Chefin Tanja Gönner verweist auf Effizienzreserven beim Umbau auf Erneuerbare, die laut einer Studie ihres Verbandes bei 300 Milliarden Euro liegen würden. Ausdrücklich begrüßt sie eine möglichst breite Entlastung bei den Energiekosten: "Ich halte es für richtig, dass es eine Entlastung für alle gibt, weil wir teilweise Abgrenzungen hatten, die nicht passten." Als Beispiel nennt sie Handwerksbetriebe, die ebenfalls unter hohen Energiepreisen zu leiden hätten.
Bürokratieabbau: Weniger Nachweise gewünscht
Ob Großunternehmen oder kleiner Handwerker: In der Klage über ausufernde Bürokratie sind sich alle einig. Auch hier will die Koalition anpacken: Die Bürokratiekosten für die Wirtschaft sollen um ein Viertel gesenkt werden. Zudem soll das umstrittene Lieferkettengesetz durch ein schlankeres Gesetz ersetzt werden.
Und: Die Verwaltung soll digitaler werden. Auch wenn es um Bürokratieabbau geht, findet Firmenchef La Gaetana klare Worte:
Jede Stunde, die unsere Ingenieure (….) für das Ausfüllen von Dokumenten, von Berichten oder anderen Anforderungen nutzen, ist eine verlorene Stunde.
Baldassare La Gaetana, Aqseptence Group
BDI: Vertrauen statt Kontrolle
Vor allem die Signalwirkung sei es, die ein spürbarer Bürokratieabbau mit sich brächte, betont Tanja Gönner vom BDI. Als Beispiel führt sie einen typischen kleinen Mittelständler an, der die Berichtspflichten in seiner ohnehin knappen Freizeit am Wochenende abarbeite. Gesetze sollten nicht so gemacht werden, dass "die den Eindruck erwecken, als würde sich niemand daran halten und deswegen alles kleinteilig regulieren", betont Gönner.
Sie plädiert für eine vertrauensbasierte Regulierung, in dem der Staat seinen Bürgern sowie den Unternehmen erstmal vertraut.
Mario Shabaviz und Kai Dietrich sind Redakteure beim ZDF-Magazin WISO.
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