Körber-Preis: Warum Quantenkommunikation so sicher ist

Forscherin erhält Körber-Preis:Quantennetz: So sicher war Kommunikation noch nie

Sven Rieken
von Sven Rieken
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Stephanie Wehner und ihr Team an der Uni Delft haben eine kleine Wunderkiste entwickelt, die die weltweite Kommunikation revolutionieren könnte. Dabei helfen kleinste Teilchen.

Stephanie Wehner bei Körber-Preis-Verleihung

Die deutsche Physikerin Stephanie Wehner erhält für ihre Arbeit zum Quanteninternet den Körber-Preis für Europäische Wissenschaft. Das ultraschnelle und sichere Computernetzwerk ermöglicht neue Rechenleistungen.

19.09.2025 | 1:50 min

Stephanie Wehner strahlt, wenn sie von ihren kleinen Freunden spricht, von QuBits, die sich wie in einer Liebesbeziehung zu Shakespeare-Zeiten so aneinander ketten, dass nichts sie trennen kann. "Verschränkung" nennt es die Physik, wenn eine solche Bindung entsteht.

"Diese Verschränkung ist unteilbar", erklärt die Quantenphysikerin Wehner im ZDFheute-Interview. Diese Verschränkung sei, fügt sie hinzu, eine Verbindung, an der nichts anderes im Universum teilhaben kann.

Mehr noch: Die beiden verschränkten Teilchen würden sofort reagieren, wenn jemand oder etwas versucht, in diese Kommunikation einzudringen oder auch nur zuhören möchte. Schon der kleinste Einfluss von außen reicht.

... wurde 1977 in Würzburg geboren. In Amsterdam war sie neben ihrem Informatik-Studium "ethische Hackerin" für eine IT-Sicherheitsfirma, bevor sie ihr Können in den Dienst der Wissenschaft stellte.

Seit 2016 ist sie Antoni-van-Leeuwenhoek-Professorin am QuTech-Institut der Technischen Universität Delft in den Niederlanden. Seit 2017 leitet sie die von ihr mitbegründete Europäische Quanteninternet-Allianz (QIA). Sie ist gewähltes Mitglied der Königlich Niederländischen Akademie der Wissenschaften.

(Quelle: Körber-Stiftung)


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Quantensignale: Abhörsicherheit mit Nachweis

Technisch gesehen schicken Wehner und ihr Team an der Uni Delft viele Quantensignale hintereinander an den Empfänger. Sollten Kopien dieser Informationen erstellt werden, ändert das den Quantenzustand der Signale.

Wenn man feststellt, dass die Quantendaten intakt angekommen sind, dann weiß man auch, dass niemand probiert hat, abzuhören.

Stephanie Wehner, Quantenphysikerin

Die verwendeten Schlüssel würden sogar merken, welcher Teil der Nachricht mitgelesen wurde und welcher nicht, erläutert die gebürtige Würzburgerin. Ein Meilenstein für die sichere Kommunikation in vielen Lebensbereichen.

Durch die untrennbare Verbindung der Informationen lässt sich ein weiteres Problem unserer Datenwelt lösen: Fehlende Löschbarkeit. Wehner erklärt das gerne mit dem Röntgenbild, das digital an den Arzt geht.

Wenn ich auf der einen Seite meinen Schlüssel lösche, ist durch die Verbindung der Quanteninformationen automatisch auch die andere Seite nicht mehr entschlüsselbar.

Stephanie Wehner, Quantenphysikerin

Das Röntgenbild ist also nicht mehr verfügbar. Ähnlich sei das bei der Quantenkommunikation möglich.

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Große Anwendungsfelder, große Wirkung?

Die Möglichkeiten dieser Verschlüsselungsmethode sind unbegrenzt. Auch deshalb forschen alle Industrienationen an Quantennetzen. Europa ist auch dank der Entwicklung von Stephanie Wehner derzeit führend in puncto Quanteninternet. Aber es braucht noch viel Kapital, damit die Technik das Labor verlassen kann.

Nicht zuletzt auch, weil die Quantenbits nicht über beliebig große Entfernungen transportiert werden können. Normale Repeater in Standard-Netzen kopieren die geschickte Information und leiten sie weiter. Quantenbit-verschlüsselte Daten kann man nicht kopieren, weil sie eben so sicher sind.

An diesem Problem arbeitet Wehner mit ihrem Team derzeit. Es gibt nämlich so eine Art "Räuberleiter" in der Quantenphysik: verschränkte Teilchen, die anderen Verbindungen weiterhelfen. Aber auch das ist - klar - kompliziert.

Quanteninternet - und nun?

Noch etwas war bislang kompliziert: Es gab kein einheitliches Quanteninternet, keine Standards für Befehle oder Programmiercodes. Jeder Quantencomputer war eine Art Insel. Das hat Wehner geändert. Sie hat mit ihrem Team eine kleine Kiste entwickelt, die wie ein Dolmetscher funktioniert. "Das ist eine Art Betriebssystem", sagt sie.

Das macht es zum ersten Mal möglich, Anwendungen zu programmieren, ohne dass man Physiker sein muss.

Stephanie Wehner, Quantenphysikerin

Sie sei schon ziemlich gespannt, erzählt sie im Interview, auf was die Community so kommt. Anwendungen fürs Quantennetz oder die Nutzung von Quantencomputern gibt es bislang kaum. Dafür ist die Technik zu neu. Wehner hat also einen einfachen Zugang zum modernsten und sichersten Netzwerk geschaffen. Das muss jetzt nach und nach wachsen. Der mit einer Million Euro dotierte Körberpreis wird bei der Weiterentwicklung sicher helfen.

Sven Rieken ist Korrespondent im ZDF-Studio in Hamburg.

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Quelle: dpa

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