FAQ
Falschaussage vor Gericht?:Was die Anzeige gegen Kardinal Woelki bedeutet
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Hat der Kölner Kardinal Woelki in Missbrauchsfällen falsch vor Gericht ausgesagt? Der Betroffenenbeirat der Deutschen Bischofskonferenz hat ihn deswegen angezeigt. Was ihm droht.
Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki
Quelle: ddp
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki ist erneut angezeigt worden. Der unabhängige Betroffenenbeirat bei der Deutschen Bischofskonferenz hat sich an den Vatikan gewandt, um ein kirchenrechtliches Verfahren gegen Woelki prüfen zu lassen. Hintergrund sind zurückliegende Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen möglicher Falschaussagen Woelkis zu zwei Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche.
Was wirft der Beirat dem Kölner Kardinal vor?
Unter Verweis auf Äußerungen der Staatsanwaltschaft wirft der Beirat dem Kardinal vor, er habe mit Falschaussagen vor Gericht "ihm obliegende Sorgfaltspflichten pflichtwidrig verletzt". Die Staatsanwaltschaft hatte zweieinhalb Jahre gegen Woelki ermittelt, ohne jedoch Anklage zu erheben. Dabei ging es um die Frage, zu welchem Zeitpunkt er über Missbrauchsvorwürfe gegen Priester Bescheid wusste und ob er dazu vorsätzlich oder fahrlässig falsche Angaben machte.
Ferner zeigt der Beirat einen "nachlässigen Umgang mit Akten über Missbrauchsfälle sowie die Täuschung von Missbrauchsbetroffenen über (...) Wege bei der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen und beim Verfahren zur Anerkennung des ihnen widerfahrenen Leids" an.
Sein offensichtlicher Mangel an Einsicht in eigenes Fehlverhalten und schwere Versäumnisse ist auch schmerzhaft und retraumatisierend.
Betroffenenbeirat der Deutschen Bischofskonferenz
Der Betroffenenbeirat glaube nicht mehr daran, dass unter Woelkis Leitung Missbrauchstaten ohne Rücksicht auf die Täter aufgeklärt werden könnten.
Auf welche Bestimmungen des Kirchenrechts beruft sich die Anzeige?
Der Beirat verweist auf das allgemeine Kirchenrecht sowie auf zwei jüngere Kirchengesetze von Papst Franziskus. Der hatte 2016 in dem Schreiben "Come una madre amorevole" (Wie eine liebende Mutter) verfügt: "Ein Diözesanbischof kann nur dann entlassen werden, wenn er objektiv und in sehr schwerwiegender Weise den Pflichten seines Amtes nicht nachgekommen ist. (...) Bei Missbrauchsfällen ist es ausreichend, wenn die Pflichtverletzung lediglich schwerwiegend war."
Später hatte er in dem Gesetz "Vos estis lux mundi" (Ihr seid das Licht der Welt) außerdem festgelegt, dass Bischöfen nach Missbrauchsvorwürfen gegen Kleriker kirchenrechtliche Strafen drohen, wenn sie Ermittlungen behindern. Konkret spricht das Gesetz von "Handlungen oder Unterlassungen, die darauf gerichtet sind, die zivilen Untersuchungen oder kirchenrechtlichen Untersuchungen verwaltungsmäßiger oder strafrechtlicher Natur (...) zu beeinflussen oder zu umgehen."
An wen geht die Anzeige?
Die Anzeige, die der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegt und bereits am Freitag versendet wurde, richtet sich im Anschreiben an den Heiligen Vater, also Papst Leo XIV. persönlich. Da Erzbischof Woelki Metropolit der Kirchenprovinz Köln ist, geht die Anzeige aber zunächst an den dienstältesten Bischof dieser Provinz, den Trierer Bischof Stephan Ackermann.
Wenn sie formal korrekt ist, leitet er sie weiter an das zuständige "Dikasterium für die Bischöfe" im Vatikan. Dort findet eine inhaltliche Prüfung statt, erst danach können kirchenrechtliche Ermittlungen eingeleitet werden.
Was sagt das Erzbistum Köln zu der Anzeige?
In einer ersten Stellungnahme teilte das Erzbistum mit:
Die vorgebrachten Anschuldigungen sind offenkundig haltlos und bauen - sicherlich unabsichtlich mangels besseren Wissens - auf einer Reihe falscher Annahmen und Behauptungen auf.
Erzbistum Köln
Das Verfahren gegen den Kardinal sei rechtskräftig eingestellt worden. Es treffe nicht zu, dass die Staatsanwaltschaft als juristisch gesichert festgestellt habe, dass der Kardinal unter Eid eine Unwahrheit gesagt habe.
Zudem sei das Verfahren gegen Woelki nicht geführt worden, um den Umgang mit Anzeigen möglicher Sexualstraftaten, die Meldung von Tätern und erst recht nicht um die Aufarbeitung von Missbrauchstaten aufzuklären.
Was droht Woelki schlimmstenfalls?
Nur falls sich herausstellen sollte, dass Woelki tatsächlich staatliche oder kirchliche Ermittlungen behindert oder seine bischöflichen Verpflichtungen in schwerer Weise verletzt hat, würden ihm im schlimmsten Fall die Amtsenthebung sowie weitere kirchenrechtliche Strafen drohen.
Kann der Kölner Kardinal ungeschoren davonkommen?
Wenn die Überprüfung ergibt, dass der mutmaßliche Meineid keine Auswirkungen auf die Ermittlungen hatte und dass sonstige Versäumnisse des Kardinals keine "schwerwiegenden Pflichtverletzungen" darstellen, sind Amtsenthebung und Bestrafung unwahrscheinlich. In diesem Fall wäre noch zu prüfen, ob gemäß Canon 1399 des Kirchenrechts die "besondere Schwere der Rechtsverletzung eine Bestrafung erfordert und die Notwendigkeit drängt, Ärgernissen zuvorzukommen oder sie zu beheben".
Quelle: KNA
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