Prozessauftakt gegen Jian G.:Spionierte Ex-Mitarbeiter von Krah für China?
von Charlotte Greipl und Daniel Heymann
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Beim Oberlandesgericht Dresden beginnt der Prozess gegen Jian G., einen ehemaligen Mitarbeiter des AfD-Politikers Maximilian Krah. Der Vorwurf: Spionage für China.
Das Oberlandesgericht Dresden (OLG) muss mal wieder ausweichen: Für Hochsicherheitsverfahren wird nicht der prachtvolle Hauptsitz in der Altstadt genutzt, sondern das triste Prozessgebäude im Vorort Klotzsche - gelegen direkt neben der Justizvollzugsanstalt. Dort startet heute der Prozess gegen Jian G. und Jaqi X. unter strengsten Sicherheitsmaßnahmen.
Dennoch sticht dieses Verfahren aufgrund eines brisanten Details hervor: Der Hauptangeklagte Jian G. war fünf Jahre lang als Assistent für den damaligen EU-Parlamentarier Maximilian Krah (AfD) tätig. Der sitzt inzwischen für die AfD im Bundestag. Und so könnte der Prozess auch für die Partei heikel werden.
Ex-Krah-Mitarbeiter: Spionage für China im Europa-Parlament?
Die Bundesanwaltschaft wirft dem gebürtigen Chinesen und deutschen Staatsangehörigen Jian G. vor, ab 2002 für den chinesischen Geheimdienst gearbeitet zu haben. Besonderes Augenmerk dürfte indes auf der Zeit von 2019 bis 2024 liegen: In diesen Jahren arbeitete G. als Assistent für Krah, seinerzeit Abgeordneter im Europäischen Parlament. Diese Rolle soll G. ausgenutzt haben, um Zugang zu erhalten: zu Beratungen, zu Sitzungen - und vor allem zu Interna:
Dazu verschaffte sich Jian G. mehr als 500 Dokumente, darunter auch einige, die das Europäische Parlament als besonders sensibel eingestuft hatte.
Mitteilung der Bundesanwaltschaft zur Anklageerhebung
Aber nicht nur die Arbeit des Europäischen Parlaments scheint den chinesischen Geheimdienst interessiert zu haben: Jian G. soll auch Dossiers zu AfD-Führungspersonal erstellt haben - teils mit intimen Informationen, etwa über den Samenspender von einem der Kinder von Parteichefin Alice Weidel.
Solche Details erfuhr Jian G. wohl direkt von seinem früheren Chef Krah. Der soll einem Spiegel-Bericht zufolge immer wieder Parteiinterna ausgeplaudert haben - von einem angeblichen Putschplan Tino Chrupallas gegen Alice Weidel, über Flügelkämpfe in der Partei bis hin zum Privatleben hoher AfD-Funktionäre.
Krah dementiert Vorwürfe
Unmittelbar nach der Festnahme entließ Krah Jian G. und distanzierte sich öffentlich von ihm. Der AfD-Politiker dementiert sämtliche Vorwürfe und sieht sich selbst als Opfer, weil er von den Behörden nicht gewarnt worden sei.
Doch Krahs pro-chinesische Haltung ist schon länger auffällig und vielen in der eigenen Partei ein Dorn im Auge. Im EU-Parlament warnte er etwa davor, in einen Konflikt mit China zu gehen und stimmte gegen eine Resolution über die chinesische Unterdrückung der Uiguren.
Auch Spionage zu Rüstungsfragen?
Mitangeklagt ist Jaqi X., die anders als Jian G. chinesische Staatsbürgerin ist. Sie hatte als Mitarbeiterin eines Logistikunternehmens Zugang zum Flughafen Leipzig/Halle. Von dort soll sie G. Informationen über Flüge, Fracht und Passagiere zugespielt haben. Dabei soll es vor allem um Rüstungstransporte und Personen aus der deutschen Rüstungsindustrie gegangen sein.
Die Vergangenheit von Jian G. ist auch brisant: Nach ARD-Recherchen soll er sich 2007 beim Bundesnachrichtendienst beworben haben, aber abgelehnt worden sein. Der Sächsische Verfassungsschutz hingegen soll Jian G. als Informanten genutzt haben.
Bis Ende September sind insgesamt 13 Verhandlungstage angesetzt. Auch Maximilian Krah muss in dem Verfahren gegen seinen früheren Mitarbeiter aussagen - als Zeuge. Doch möglicherweise wird der AfD-Politiker demnächst selbst auf der Anklagebank sitzen: Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden ermittelt gegen ihn wegen Bestechlichkeit und Geldwäsche.
Charlotte Greipl und Daniel Heymann sind Teil der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.
Bestechlichkeits-Verdacht:Ermittlungen gegen AfD-Abgeordneten Krah
von Julia Klaus- mit Video
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