Major: Signalisieren, "dass die Nato zusammensteht"

Sicherheitsexpertin Major:Signalisieren, "dass die Nato zusammensteht"

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Der Nato-Gipfel hat laut Sicherheitsexpertin Claudia Major ein Ziel: Zusammenhalt zu signalisieren. Wichtig sei, dass die Europäer geschlossen auftreten - auch gegenüber Trump.

Nato-Gipfel: "Geschlossenheit extrem wichtig"
Die Botschaft des Gipfels bestehe darin, "zu zeigen, dass die Nato funktioniert", so Sicherheitsexpertin Claudia Major.25.06.2025 | 5:28 min
Im niederländischen Den Haag geht heute ein kurzer Gipfel der Nato zu Ende. Die 32 Mitgliedsstaaten wollen sich verpflichten, bis 2035 ihre Verteidigungsausgaben auf fünf Prozent ihrer Wirtschaftsleistung zu erhöhen. Die Ukraine hofft auf weitere Unterstützung, doch das Treffen der Staats- und Regierungschefs steht auch unter dem Eindruck des Kriegs zwischen Israel und Iran, dem US-Präsident Donald Trump derzeit mehr Aufmerksamkeit widmet.
Im ZDF-Morgenmagazin erklärte Claudia Major, Sicherheitsexpertin der Denkfabrik German Marshall Fund, was von dem Gipfel zu erwarten ist.
Bundeskanzler Friedrich Merz (M, CDU) wird von Mark Rutte (r), Generalsekretär der Nato, und Dick Schoof, Ministerpräsident der Niederlande, beim Nato-Gipfel empfangen.
Auf ihrem Treffen wollen die Mitgliedsstaaten die neue Zielgröße für Verteidigungsausgaben festlegen. Fünf Prozent der Wirtschaftsleistung sollen es künftig sein.25.06.2025 | 1:43 min
Sehen Sie das Interview im Video in voller Länge oder lesen Sie es hier in Auszügen. Das sagte Major über ...

... die Bedeutung des heutigen Nato-Gipfels:

Zwar stellten die USA die Nato teilweise infrage, außerdem gebe es Streitigkeiten innerhalb Europas, sagte Major mit Blick auf Länder wie Ungarn und Polen. Dennoch: "Die Hoffnung ist, dass es in diesem Gipfel ein Zeichen gibt, dass die Nato zusammensteht."
Idee des "sehr kurzen" Gipfels sei ein "Deal fünf gegen fünf": Alle Alliierten, also auch die USA, sollen sich zur Beistandsklausel bekennen, sich im Fall eines Angriffs also gegenseitig unterstützen. Im Gegenzug bekennen sich die Nato-Mitglieder dazu, ihre Militärausgaben auf fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu erhöhen.

Das ist die Idee: Zu zeigen, dass die Nato funktioniert, dass die Lebensversicherung immer noch da ist.

Claudia Major

NATO-Soldaten springen bei einer Übung mit Fallschirmen ab
Der Ukraine-Krieg zeigt die Spannungen im westlichen Militärbündnis. Die USA verschieben die Aufmerksamkeit in den Indo-Pazifik und fordern von Europa mehr Verantwortung für die eigene Sicherheit.19.06.2025 | 44:32 min
Wichtig sei dies als Signal "nach innen und nach außen", betonte Major. "Es ist nach innen wichtig, dass alle 32 Alliierten wirklich daran glauben, dass wenn irgendetwas passiert, sie unterstützt werden. Und es ist nach außen wirklich wichtig, Russland und all den anderen zu signalisieren, dass trotz der Streitigkeiten die Nato immer noch zusammensteht."
Ob ein auf Papier festgehaltenes Ergebnis letztlich Bestand haben werde, sei hingegen fraglich, so Major: "Wir wissen nicht, wie lange (...) es hält."
Isabelle Schäfers
Beim Nato-Gipfel in Den Haag wollen sich die Mitgliedstaaten geschlossen zeigen. Wie einig man sich dort wirklich ist, berichtet ZDF-Korrespondentin Isabelle Schaefers.25.06.2025 | 1:12 min

... über das diplomatische Gewicht Europas:

Auf die Frage, welche Rolle die Europäer politisch noch haben nach Trumps Alleingang bei der Waffenruhe zwischen Israel und Iran, antwortete Major: "Diplomatisch können sie schon noch ein Gewicht haben." Am Ende gehe es "ganz viel um militärische und wirtschaftliche Hilfen", so die Sicherheitsexpertin.
Geschlossenheit sei "extrem wichtig", weil die Europäer nur mit einer gemeinsamen Position gegenüber den USA auftreten könnten, mahnte Major:

Die größte Herausforderung für die Europäer ist, unter sich zu klären, was sie eigentlich wollen.

Claudia Major

... über die Sorgen der Ukrainer vor schwindender Unterstützung:

Während sich die Staats- und Regierungschefs in Den Haag treffen, nehmen die Luftangriffe auf die Ukraine zu. Bis zu 500 Drohnenangriffe seien es aktuell pro Nacht, sagte Major, viele von ihnen zielten auf Infrastruktur wie Schulen und Krankenhäuser oder wie am Dienstag in Dnipro auf einen Zug.
US-Präsident Donald Trump ist vor einer Karte der Ukraine mit aktuellem Frontverlauf abgebildet.
Anerkennung russischer Annexionen gegen sofortige Einstellung der Kämpfe. So sollte der US-Deal mit Moskau aussehen. Analyse bei ZDFheute live24.04.2025 | 31:09 min
Zwar habe Russland mit seiner lange befürchteten Sommeroffensive bisher keinen größeren Durchbruch erzielt. Doch der russische Präsident Wladimir Putin sei nach wie vor überzeugt, sich durch kleine, aber stetige Erfolge langfristig durchzusetzen. Durch "die internationale Lage sowohl in den USA als auch Iran und Israel" scheine sich Putin eher bestätigt zu fühlen, dass er mit seinem Ziel, "dass da, wo russische Soldaten sind, auch Russland ist", durchkommen werde.
Vor diesem Hintergrund könne sie die Sorgen der Ukrainer nachvollziehen, dass der Krieg bei ihren Unterstützern an Priorität verlieren könnte.

Es gibt nur eine begrenzte Aufmerksamkeit, und die ging in der letzten Woche auf Iran und Israel.

Claudia Major

Überraschend sei das allerdings nicht: Schließlich hätten die USA vorher "klar gemacht, dass sie die Ukraine als Thema der Europäer sehen und dass sie versuchen, die Beziehung zu Russland zu normalisieren".
Das Interview führte ZDF-Moderator Philip Wortmann. Zusammengefasst hat es Anja Engelke.

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Russische Soldaten bereiten eine selbstfahrende Haubitze 2S1 Gvozdika zum Feuern vor, während die russische Militäroperation in der Ukraine auf dem Gebiet der Region Cherson fortgesetzt wird
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Quelle: ZDF

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