Gipfel von Trump und Putin: Vier Beobachtungen aus US-Sicht
Trump lädt Putin in die USA ein:Gipfel in Alaska: Vier Beobachtungen aus US-Sicht
von Katharina Schuster, Washington D.C.
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Rund zweieinhalb Stunden sprachen Donald Trump und Wladimir Putin miteinander. Am Ende bleiben nach dem Treffen in Alaska viele Fragen offen. Wie der Gipfel aus US-Sicht lief.
US-Präsident Donald Trump spricht von einem sehr produktiven Gespräch.
Quelle: AP
Wer US-Präsident Donald Trump über die Jahre beobachtet hat, kennt ihn als dominanten Kommunikator. Einer, der gern den Ton angibt, der gern improvisiert, der es liebt, vor Kameras zu sprechen. Auch, und vielleicht besonders dann, wenn es konfrontativ wird. Doch bei der Pressekonferenz in Anchorage in Alaska war vieles anders.
Drei Beobachtungen aus US-Sicht:
Die Verhandlungen dauerten nach Angaben des Kreml 2 Stunden und 45 Minuten.
Die anschließende Pressekonferenz von Trump und Putin dauerte zwölf Minuten.
Putin und Trump lobten die Gespräche als konstruktiv und produktiv.
Trump will in Kürze die Nato-Partner anrufen und über den Austausch mit Putin informieren - ebenso den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.
Putin sieht eine Chance für einen stärkeren wirtschaftlichen Austausch mit den USA.
Trump hält nach dem Gespräch mit Putin einige Punkte für ungeklärt, man habe sich aber in vielen Punkten geeinigt.
Es gab in der gemeinsamen Pressekonferenz von Putin und Trump keine Aussagen über eine mögliche Waffenruhe.
Putin sprach von Vereinbarungen, die Ausgangspunkt für eine Lösung des Ukraine-Konflikts sein könnten.
Auf der Pressekonferenz wurden keine Fragen von Journalisten beantwortet.
Was ist der Inhalt der von Putin erwähnten Vereinbarungen, die Ausgangspunkt für eine Lösung des Ukraine-Konflikts sein könnten?
Trump sprach davon, dass es noch sehr wenige offene Punkte gebe, darunter vielleicht der wichtigste - worum geht es da?
Wurde konkret über eine mögliche Waffenruhe gesprochen und wenn ja, mit welchen Voraussetzungen?
Wurde über Gebietsfragen gesprochen?
Trump und Putin sprachen unverbindlich über ein weiteres Treffen. Ob Putin Trump offiziell nach Moskau eingeladen hat, blieb unklar.
Trump hatte vor dem Gipfel erklärt, dass es ein mögliches zweites Treffen unter Einbeziehung des ukrainischen Präsidenten Selenskyj geben solle - bleibt es dabei?
1) Trump überlässt Putin die Bühne
Ungewöhnlich zurückhaltend ließ Trump Kremlchef Wladimir Putin den Vortritt und damit das Rampenlicht. Putin sprach zuerst, ausführlich und ungestört. Trump dagegen blieb vage, sprach deutlich kürzer und verließ den Saal als Zweiter. Normalerweise eröffnet bei Staatsbesuchen der Gastgeber die Pressekonferenz. Hier lief es umgekehrt. Am Ende sprach Putin acht Minuten, Trump nur drei. Er wirkte eher wie der Gast als der Gastgeber.
Für jemanden, der sonst keine Gelegenheit auslässt, Widerspruch laut zu machen, sei das ungewöhnlich, schätzt ZDF-Korrespondentin Claudia Bates ein. Und fragt: "Was ist das für ein Donald Trump, den wir da erlebt haben?" Trump habe Putin sogar geschmeichelt, macht darüber hinaus ZDF-Korrespondent David Sauer klar.
Auch die Tatsache, dass man sich am Rollfeld getroffen habe, sei "ein Entgegenkommen der amerikanischen Seite", bilanziert US-Politikwissenschaftler Müller-Kaler. Für ihn passt das Verhalten ins Muster: "Trump interessiert sich nicht für Protokoll, sondern für Wirkung." Das Bild eines kooperativen Treffens mit Putin sende an seine Wähler das gewünschte Signal von Stärke. Müller-Kaler sieht darin sogar mehr: Trump habe mit diesem Auftritt "eine Rehabilitierung Putins auf der internationalen Bühne ermöglicht".
Trump und Putin zeigen sich beim Treffen einig – doch Konkretes bleibt aus. Die Ukraine spielt kaum eine Rolle. "Im Ergebnis muss man sagen, es ist ein Rätsel", so ZDF-Korrespondentin Bates. 16.08.2025 | 6:31 min
2) Trump widerspricht Putin nicht
Putin nutzte die Bühne in Anchorage, um erneut seine bekannte historische Erzählung über den russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu präsentieren, samt der Behauptung, Russland sei durch den Westen bedroht worden. Trump hätte diese Darstellung zurückweisen können. Doch er tat es nicht.
ZDF-Korrespondent David Sauer betont, das sei "genau der Donald Trump, der im Grunde vom Weißen Haus so angekündigt wurde". Das Treffen sei "in erster Linie eine Zuhörübung" gewesen, um die russische Position besser zu verstehen. Offenbar sei dieser Zweck erfüllt worden. Sauer beobachtet, dass Trump oft "die Argumentation der Person übernimmt, mit der er als letztes gesprochen hat", vor allem bei "starken Anführern, bei Autoritären, die er bewundert". Und das habe er getan.
Sehen Sie hier das Schaltgespräch mit David Sauer. 16.08.2025 | 11:10 min
Ein Rückblick auf das Helsinki-Treffen 2018 zeige eine ähnliche Situation: Damals hatte Trump nach dem Gespräch mit Putin öffentlich bestritten, dass Russland sich in den US-Wahlkampf eingemischt habe - trotz gegenteiliger Einschätzung der Geheimdienste. "Es sieht so aus, dass es jetzt einen relativ ähnlichen Mechanismus gab", so Sauer.
"Im Grunde war das eine Show der Einheit. Und eine Show gegenseitiger Zuneigungen. Und eine Show gegenseitigen Respekts", bilanziert auch ZDF-Korrespondentin Claudia Bates. Das steht stark im Gegensatz zum Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Februar im Weißen Haus. Auf Selenskyj redete Trump aggressiv ein, äußerte harsche Kritik. Putin hingegen erhielt warme, unkritische Worte.
Sehen Sie hier die Pressekonferenz in voller Länge.16.08.2025 | 12:00 min
3) Ukraine: Trump kommt mit leeren Händen zurück
"Nichts Neues ist aus dem Gipfel hervorgegangen", bilanziert US-Politikwissenschaftler Jack A. Goldstone. Stattdessen habe Putin die Bühne genutzt, um sich in den USA als legitimer Gesprächspartner zu inszenieren und gleichzeitig den Krieg unvermindert fortzusetzen. "Trump kommt mit leeren Händen zurück, und während sein Flugzeug Richtung Washington abhebt, schlägt eine neue Welle russischer Drohnen und Raketen in ukrainischen Städten ein."
Für Goldstone ist das ein außenpolitisches Desaster: "Ich muss sagen: Das sieht nach einem erbärmlichen Scheitern aus." Trump habe etwas vorzuweisen gebraucht, "irgendeine Form von Abkommen, ein Ende des Tötens", doch erreicht habe er "gar nichts".
Während Trump dem russischen Präsidenten die Türen öffne, sende Putin faktisch das Signal: "Danke, stör mich nicht weiter, ich habe einen Krieg zu führen." Das Fazit des Politikwissenschaftlers:
Ein sehr trauriger Tag für die US-Diplomatie, ein sehr trauriger Tag für die Ukraine und ihre europäischen Verbündeten - und ein triumphaler Sieg für Russland.
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Jack A. Goldstone, US-Politikwissenschaftler
Bei dem Treffen zwischen Trump und Putin sei es auch um die Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen beider Länder gegangen, sagt USA-Korrespondentin Claudia Bates. 16.08.2025 | 7:11 min
4) Bei MAGA-Bewegung dürfte Auftritt gut ankommen
Inhaltlich blieben zentrale Punkte ungeklärt: Was genau beinhalten die von Putin erwähnten Vereinbarungen zum Ukraine-Konflikt? Was meinte Trump mit den "wenigen offenen Punkten"? Gab es Gespräche über eine Waffenruhe oder territoriale Zugeständnisse? Und wie konkret sind die Pläne für ein weiteres Treffen - möglicherweise mit Präsident Selenskyj?
Während außenpolitisch viele Fragen offenbleiben, dürfte das Treffen innenpolitisch für Trump dennoch ein Erfolg sein. Er konnte sich staatsmännisch inszenieren, als jemand, der mit internationalen Schwergewichten wie Putin auf Augenhöhe spricht - genau das Bild, das viele seiner Anhänger schätzen.
Politikwissenschaftler Julian Müller-Kaler sagt im ZDF, Trump habe eine Rehabilitierung Putins auf internationaler Bühne ermöglicht. Der US-Präsident sei ihm entgegengekommen. 16.08.2025 | 23:57 min
Politikwissenschaftler Müller-Kaler schätzt ein:
Die Bilder, mit denen er sich inszeniert als Friedenslöser, als Weltdiplomat inszeniert, der versucht, die Krisen und Konflikte der Welt zu lösen, werden mit Sicherheit in Amerika und bei seinem Publikum gut ankommen.
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Julian Müller-Kaler, US-Politikwissenschaftler
Müller-Kaler sieht keinen besonderen innenpolitischen Druck: "Er ist nicht sonderlich unbeliebt, gerade unter seinen Anhängern." Die demokratische Partei befinde sich "in einer Identitätskrise" und habe bisher "keine Antworten auf die Politik von Donald Trump". Trump könne durchregieren.
Für ihn sei das Treffen daher zumindest ein PR-Erfolg. Doch: "Am Ende wird er sich an Ergebnissen messen lassen müssen." Im Wahlkampf 2024 hatte sich der selbsternannte "Dealmaker" Trump noch damit gerühmt, den Ukraine-Krieg rasch beenden zu können. Doch ein Durchbruch blieb bislang aus. Auch heute.
Der Gipfel von Anchorage bot viel Bühne, warme Worte, aber wenig Substanz. Wer sich nach Lösungen sehnt, muss wohl weiter warten.
Katharina Schuster ist Reporterin im ZDF-Studio in Washington D.C.
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