Plastik: UN-Konferenz als letzte Chance für globales Abkommen?
UN-Konferenz in Genf:Letzte Chance für globales Plastikabkommen?
von Elisa Miebach
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Es könnte der Anfang vom Ende des Plastikmülls werden. Doch die Verhandlungen eines globalen Abkommens scheiterten schon einmal. Schafft es die Welt beim zweiten Anlauf in Genf?
Ab heute versuchen mehr als 160 Staaten, in Genf ein UN-Abkommen gegen Plastikmüll zu verhandeln. Öl-Staaten halten nicht viel von einem ehrgeizigen Abkommen.05.08.2025 | 1:44 min
Eine zweite Chance in der Schweiz. Am Dienstagmorgen beginnen am Sitz der Vereinten Nationen (UN) in Genf Verhandlungen, die es so nicht hätte geben sollen. Es ist der Versuch, doch noch ein weltweites Abkommen zur Begrenzung der globalen Plastikverschmutzung zu verabschieden. 170 Staaten kommen zusammen.
Rund 160 Länder verhandeln in Genf über ein UN-Abkommen zur Reduzierung von Plastikmüll und mehr Recycling. ZDF-Umweltexperte Mark Hugo gibt eine Einschätzung.05.08.2025 | 1:40 min
Sie scheiterten bei der eigentlich letzten Verhandlungsrunde im koreanischen Busan im Dezember. Seit 2022 wird der Vertrag vorbereitet - in Genf geht es nun in die Nachspielzeit.
Schwimmtiere, Verpackungen, Zahnbürsten – Plastik ist überall. Praktisch und günstig, aber aus Erdöl. Die Kehrseite: Müllberge, Mikroplastik und ein globales Umweltproblem.04.08.2025 | 1:50 min
Optimismus bei deutscher Bundesregierung
Der deutsche Verhandlungsführer und Staatssekretär im Umweltministerium, Jochen Flasbarth, bleibt aber optimistisch:
Auch in schwierigen Zeiten kann es gelingen, wenn wir es schaffen, tatsächlich gut aufeinander zu hören und die Interessen gut unter einen Hut zu bringen.
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Jochen Flasbarth, Bundesumweltministerium
Auch in den vergangenen geopolitisch schwierigen Jahren habe die Welt sich bereits auf neue Abkommen einigen können, etwa auf ein Abkommen zum Schutz der Hochsee 2023.
Eingeschweißtes Obst, Plastikflaschen, Snackverpackungen – der Müllberg wächst. Warum echtes Recycling selten gelingt und Mehrweg die bessere Lösung ist.04.08.2025 | 3:09 min
Plastikflut nimmt dramatisch zu
Die Plastikproduktion im großen Stil begann erst in den 1950er Jahren. Seitdem ist sie rasant gestiegen: Die Hälfte des global existierenden Plastiks wurde seit 2010 produziert. Mittlerweile sind es mehr als 500 Millionen Tonnen pro Jahr. Ein Großteil wird für Verpackungen verwendet, die wenig später im Müll landen - auch in Deutschland.
In Genf dreht sich alles darum, wie ambitioniert das Abkommen wird. Diskutiert wird etwa eine Verpflichtung zur schrittweisen Abschaffung der problematischsten Kunststoffprodukte und der darin enthaltenen gefährlichen Chemikalien.
Plastiknutzung in Deutschland
ZDFheute Infografik
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Verhandelt wird auch über Standards für eine Kreislaufwirtschaft und über die Finanzierung - auch was die Eindämmung des Plastikmülls anbelangt.
Der Hauptstreitpunkt bleibt aber die Begrenzung der Produktion von Plastik. Doris Knoblauch, Forscherin am Ecologic Institute in Berlin, erklärt, Recycling allein würde das Problem nicht lösen:
Wir müssen vorne an die Produktionsketten ran und weniger produzieren.
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Doris Knoblauch, Ecologic Institute
Widerstand aus der fossilen Industrie
Doch dagegen wehren sich vor allem die Staaten und Unternehmen, die fossile Rohstoffe fördern. Denn Plastik basiert auf Erdöl. Der Ehrgeiz der UN ist es, einen Vertrag im Konsens zu beschließen, keinen Mehrheitsbeschluss. Dafür müssten auch die Blockierer zustimmen. Seit diesem Jahr bekommen diese aber auch Aufwind aus dem Weißen Haus.
Mikroplastik in Infusionsbeuteln, Erdöl in Paracetamol – Plastik steckt in vielen Medizinprodukten. WISO zeigt Risiken für den Körper und eine überraschende Alternative aus PET-Flaschen.04.08.2025 | 4:23 min
Es sei mit entscheidend, wie sich die USA verhielten, sagt Laura Griestop, Referentin für Verpackungen und Kreislaufwirtschaft bei der Umweltschutzorganisation WWF. Die Frage sei, ob man einen Kompromiss finden könne, der noch ambitioniert genug sei, das Problem bei der Wurzel zu packen.
Auch Staatssekretär Jochen Flasbarth fordert, die USA müssten sich nun positionieren. "Wir haben Zeichen, dass es nicht so stark ablehnend ist, wie es im Klimaregime ist", so der Verhandler. "Insofern hoffen wir, dass wir auch dort Ansprechpartner finden, die zu einem Abschluss kommen wollen."
Rückenwind aus Nizza
Immerhin, bei den gescheiterten Verhandlungen in Korea im Dezember sprachen sich 85 Staaten unter lautem Applaus für ein ambitioniertes Abkommen mit Begrenzung der Plastikproduktion aus. Verstärkt wurde dieser Appell noch einmal auf der UN-Ozeankonferenz in Nizza im Juni. Dort unterzeichneten 95 Länder einen sogenannten "Weckruf von Nizza", in dem sie auch die Reduzierung der Produktion forderten.
Im Fokus der Ozeankonferenz der Vereinten Nationen in Nizza stand der Artenschutz in den Meeren, denn Unternehmen planen in großem Stil den Rohstoffabbau am Meeresboden.09.06.2025 | 1:42 min
Die Geburt einer neuen UN-Konvention
Ein neues Abkommen soll den Grundstein legen für das Ende der Verschmutzung. Wie bei den Klimagipfeln könnte es auf dieser Basis dann regelmäßige UN-Konferenzen geben. Gegründet wäre dann eine sogenannte UN-Konvention - mit dem Ziel, das Plastikproblem langfristig in den Griff zu bekommen.
Für die Wissenschaftlerin Doris Knoblauch geht es nun auch um die Glaubwürdigkeit der UN-Prozesse, zumindest kurzfristig. "Langfristig geht es um die Gesundheit unseres Planeten, um die Gesundheit der Ökosysteme und der Menschen."
Elisa Miebach ist Redakteurin der ZDF-Umweltredaktion.